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Die Hüter der Nacht

Titel: Die Hüter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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später«, sagte Danielle.
    Azziz wirkte gekränkt, weil sein Angebot abgelehnt wurde. »Dann sagen Sie mir bitte, womit ich Ihnen dienen kann. Ich möchte helfen.«
    »Sie hatten hier einen jungen Angestellten …«, begann Danielle.
    »Shahir Falaya«, fügte Ben hinzu.
    »Der vor vier Tagen außerhalb von Jericho tot aufgefunden wurde«, ergänzte Danielle.
    Tabar Azziz nickte und erwiderte, bevor einer der beiden fortfahren konnte: »Ich weiß. Schreckliche Nachrichten, schrecklich. Ein guter Junge, ein guter Mitarbeiter.«
    »Sie hatten keine Probleme mit ihm?«, fragte Ben.
    »Er kam einige Male zu spät, wegen der Kontrollpunkte. Ein paar Mal wollte man ihn überhaupt nicht durchlassen.« Azziz setzte alles daran, es nicht zu kritisch klingen zu lassen.
    »Sie können uns ruhig unverblümt die Wahrheit sagen, Mr. Azziz«,ermunterte ihn Danielle.
    »Die Wahrheit?«
    »Hat der junge Mann Sie jemals um Geld gebeten?«
    »Sie meinen, außer um seinen wöchentlichen Lohn?«
    »Ja.«
    »Wie ein Kredit?«
    »Wir denken mehr an eine … Forderung«, warf Ben ein.
    »Ich versichere Ihnen, dass alles, was wir hier besprechen, unter uns bleibt«, beteuerte Danielle.
    Tabar Azziz nickte, doch es war klar, dass er nicht verstand, wovon sie sprach.
    »Wenn dieser Junge also irgendetwas über Ihr Geschäft herausgefunden hat, können Sie es uns ruhig sagen.«
    Das Vertrauen verschwand aus seinen Augen. »Shahir Falaya war ein guter Junge, das können Sie mir glauben. Ich nahm ihn unter meine Fittiche, wies ihn bei Wartungsaufträgen ein. Er hatte hier eine Zukunft. Und er hatte ein Händchen für die Geräte, mit denen wir es hier zu tun haben. Sein Vater war Automechaniker, glaube ich, bevor er ins Exil gehen musste. Ich weiß nicht, wovon Sie reden, wenn Sie von Problemen zwischen uns sprechen.«
    »Was wissen Sie über den Tod des Jungen?«, fragte Ben.
    »Das war schrecklich. Tragisch.«
    »Es war Mord.«
    »Ja, schrecklich.«
    »Kein zufälliger Mord, sidi. Dieser Junge wurde ermordet, weil er etwas wusste, in etwas verwickelt war.«
    Tabar Azziz' runde Augen spiegelten plötzlich Furcht wider. »Sie meinen, er war hier in irgendetwas verwickelt? Wenn die anderen arabischen Händler streiken, streike ich nicht, und wenn sie zum Boykott aufrufen, mache ich nicht mit. Nie hat man mir etwas vorwerfen können!«
    »Wir werfen Ihnen nichts vor«, sagte Ben, der erkannt hatte, dass eine weitere Befragung des Mannes keinen Sinn mehr machte. »Aber eine Klassenkameradin dieses Jungen hat mir erzählt, dass sein Job der Schlüssel zu irgendeiner Sache war, in die er und einige andere Schüler verwickelt waren. Etwas Kriminelles.«
    »Nicht sein Job hier.« Azziz schüttelte den Kopf. »Nein, ich kann mir nicht vorstellen, wie das sein könnte.«
    »Vielleicht verstehen Sie es, wenn Sie uns erklären, was der junge Mann für Sie getan hat«, sagte Danielle.
    »Ich könnte es Ihnen zeigen«, schlug Tabar Azziz vor.
    Der hintere Bereich des Ladens war gefüllt mit Schachteln und einigen großen Kisten, die mit Material gefüllt waren. Bestellungen warteten auf ihre Erledigung, Geräte auf die Vorführung und Ausstellung; außerdem gab es einen Lagerbestand kleinerer Maschinen, die häufiger verkauft wurden.
    »Heutzutage gibt es einen großen Konkurrenzkampf unter den Firmen«, erklärte Azziz und führte sie zu einem Arbeitsbereich hinter einer Trennwand. »Manchmal bieten wir Geräte im Leasing an, manchmal schließen wir nur Wartungsverträge ab. Bisweilen werden wir von einer Firma bezahlt, manchmal – je nach Vertrag – auch vom Hersteller. Es gibt einen großen Konkurrenzdruck. Hier habe ich Shahir viel vom Geschäft beigebracht.«
    Dem Dreck unter den Fingernägeln des Mannes nach zu urteilen hatte Ben erwartet, dass im Werkstattbereich Geräte standen, die auseinander genommen waren und repariert wurden. Doch alles war sauber, beinahe antiseptisch. Defekte Geräte waren nirgends zu sehen.
    »Wir können hier keine Reparaturen durchführen«, sagte Azziz, als hätte er Bens Gedanken gelesen. »Das bedeutet zumeist, dass wir ein Bauteil zur Fabrik schicken oder ein neues bestellen müssen. Der größte Teil unserer Arbeit ist die Beseitigung von Papierstaus, defekten Tintenpatronen oder schadhaften Mikrochips. Ein ganzer Schaltkreis kann dadurch ausfallen.«
    Danielle schob sich ein wenig näher heran. Selbst diese leichte Bewegung fiel ihr schwer und war teils auf die Müdigkeit zurückzuführen, die immer noch in ihr

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