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Die Hüter der Nacht

Titel: Die Hüter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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musste sie mit dem konfrontieren, was er wusste, und mit dem bluffen, was er nicht wusste.
    Mit der Firma in der West-Bank würde er anfangen, mit dem palästinensischen Konsortium, das vielleicht Grund hatte, ihn zu fürchten.

63.
    Danielle brauchte einen Augenblick, um Annas Worte zu verarbeiten.
    Kriegsverbrecher. Die ermordeten alten Männer, einschließlich des stellvertretenden Stabschefs der Armee, waren Nazi-Kriegsverbrecher gewesen!
    Und mein Vater?, dachte Danielle. Wie kann sein Name auf einer solchen Liste stehen?
    »Wir haben vor einigen Monaten erfahren, dass Mundt einen sterbenden Deutschen verhörte«, fuhr Anna fort, »und wir nehmen an, dass dieser Deutsche Mundt die Namen von Ex-Nazis nannte, die noch leben – als Juden in Israel.«
    »Sie glauben, es können mehr als drei sein?«
    »Das befürchte ich.«
    »Und dass mein Vater einer davon gewesen sein könnte?«
    »Wir waren uns nicht sicher. Ich kann Ihnen nur sagen, dass er zu dem Profil passte.«
    »Profil?«
    Anna hob die Augenbrauen. »Kann es eine bessere Tarnung für einen Nazi geben als die eines Juden, besonders eines Flüchtlings und Überlebenden eines Konzentrationslagers?«
    »Sie sagen, das war weit verbreitet!«
    »Das wissen wir nicht. Das Problem ist, dass wir hier nicht über ein organisiertes Netzwerk oder einen systematischen Plan sprechen. Die Identität jüdischer Gefangener wurde individuell durch Soldaten oder Wächter vorgenommen, die meist einen relativ niedrigen Rang hatten. Es war nicht schwierig – viele ihrer Opfer waren einsam und ihre Angehörigen tot. Die Tarnung als jüdische Flüchtlinge passte perfekt für Nazi-Soldaten, die einer Strafverfolgung entgehen wollten.«
    Danielle schluckte schwer. »Erzählen Sie mir, was Sie über meinen Vater herausgefunden haben.«
    »Das habe ich bereits.«
    »Sie haben nichts gesagt!«
    »Da haben Sie Ihre Antwort.«
    Danielle glaubte einen Kloß in der Kehle zu haben. »Ein paar Jahre vor seinem Tod, bevor er einen Schlaganfall erlitt, schoss ihm ein Heckenschütze in den Kopf. Er war nie wieder derselbe.«
    »Der Schütze war keiner von uns, Chief Inspector. Aber das heißt nicht, dass keine solche Aktion von uns erwogen wurde. In seinem Fall gab es zu viele … Unklarheiten.«
    »Zum Beispiel?«, brachte Danielle mühsam hervor.
    »Zum Beispiel das Geld.«
    Danielle spürte, wie Hitze in ihre Wangen stieg. »Welches Geld?«
    »Über eine Million Dollar, deponiert auf einem Konto seines Namens in den Vereinigten Staaten.«
    »Um Himmels willen, er lebte nicht einmal lange genug, um seine Rente zu bekommen!«
    »Das stimmt. Aber eine so große versteckte Summe ist eines der Anzeichen, die auf mögliche Zielpersonen hinweist.«
    »Hören Sie auf, meinen Vater ›Zielperson‹ zu nennen.«
    »Wie schon gesagt, es mangelte uns an Beweisen.«
    »Aber Sie haben seinen Namen nicht reingewaschen.«
    »Ebenso wenig haben wir ihn getötet, Chief Inspector.«
    »Warum nicht? Weil er in einem Krankenhaus lag? Oder war er bereits tot, als Sie Ihre Entscheidung trafen?«
    Anna zeigte sich unbeeindruckt von Danielles Anschuldigung. »Wir sind jetzt daran interessiert, Hans Mundt zu finden.«
    »Warum?«
    »Weil er eine Information hat, die wir suchen. Eine Information, die er möglicherweise mit Ihnen geteilt hat.«
    »Ich hatte bis jetzt nie von ihm gehört.«
    »Zu schade. Für Sie und die Zukunft. Wir werden die Taten unserer Väter und Großväter sühnen. Was geschehen ist, wird nie wieder geschehen. Weder hier noch sonst wo. Nicht, solange wir die Wächter des Tores sind.«
    Danielle schüttelte geringschätzig den Kopf. »Die Welt hat Sie längst eingeholt. Ihre so genannten Zielpersonen, die Neonaziführer, sind Ausgestoßene. Es ist jetzt alles Rechtfertigung. Sie haben ihre alten Feinde vernichtet, deshalb müssen Sie mit neuen aufwarten, um Ihre Existenz zu rechtfertigen.«
    »Sie meinen, das ist alles, was uns antreibt?«
    »Genau das meine ich.«
    »Sie irren sich.« Anna trat ins Licht und nahm die Perücke ab, die ihren Kopf bedeckte.
    Danielle stockte der Atem. Annas gesamte rechte Gesichtsseite war mit Narbengewebe bedeckt. Das wulstige, rötliche Fleisch ringelte sich um ihren kahlen Schädel. Anna drehte sich leicht, und Danielle konnte sehen, dass die andere Seite des Schädels glatt rasiert war, damit ihre Perücke passte, und etwas dunkler als die dicke, bleiche Schminkschicht, die ihr Gesicht bedeckte.
    »Meine Eltern haben sich mit ihrer Arbeit viele Feinde

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