Die Hüter der Nacht
werden – nur den Israelis.«
»Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Wenn es stimmt und öffentlich bekannt würde, wären Sie ruiniert. Deshalb haben Sie gezahlt, nicht wahr?«, fuhr Ben fort, anstatt zu antworten. »Sie hatten keine Wahl.«
Price umklammerte das Geländer des Aufzugs und schüttelte ihn leicht. »Das ist nur eine Vermutung, die Sie niemals beweisen können.«
»Noch nicht.«
»Und ich weiß nichts davon, dass diese Erpresser tot sind. Wir haben nie erfahren, wer sie sind und wollten es auch gar nicht wissen. Und erwarten Sie nicht von mir, dass es mir um die Verbrecher Leid tut.«
»Sie waren Schüler.«
Price wurde blass. »Wir haben hunderttausend Dollar an Schüler gezahlt?«
»An vier Schüler, ja. Sie sind alle tot, ermordet von einem ihrer Opfer.«
»Nicht von mir! Nicht von uns!« Price neigte sich vor, und seine Fußspitzen waren gefährlich nahe an der Kante des Laufstegs. »Ich glaube nicht, dass ich mit Ihnen sprechen sollte.«
»Die Alternative sind die israelischen Behörden.«
»Sie arbeiten nicht mit ihnen zusammen?«
»Noch nicht. Zeigen Sie sich kooperativ, und es kann so bleiben.«
Price schob sich noch näher heran und sprang auf die Aufzugplattform. Sie ruckte und schwankte, und Ben klammerte sich an das Geländer.
»Sie können auf der Fahrt nach unten mit mir reden«, sagte Price und drückte auf den Knopf DOWN. Die Plattform senkte sich mit einem Ruck, und Ben klammerte sich wieder am Geländer fest. »Die Erpresser – diese Schüler, wie Sie sagen – wussten Dinge, die niemandem bekannt sein konnten. Ich hielt es für Insiderwissen.«
Insiderwissen … natürlich, dachte Ben. Die Schüler hatten dank Shahir Falayas Manipulationen von digitalen Kopier- und Druckgeräten Zugang zu den brisantesten Informationen der Partner des Friedens.
Ben verlagerte sein Gewicht, um besser die Balance halten zu können. »Wie haben Sie die Erpresser bezahlt?«, fragte er.
»Elektronischer Transfer an eine Bank in Zürich.«
»Haben Sie die Spur des Kontos zurückverfolgt?«
»Sie war tot, als wir es versuchten.«
»Die Erpresser haben Sie per E-Mail kontaktiert, nicht wahr?«
»Fünf Botschaften. Die ersten beiden haben wir gar nicht beachtet. Nummer drei und vier ließen erkennen, dass die Erpresser im Besitz von äußerst sensiblen Informationen waren. Und Nummer fünf gab uns Anweisungen, wie wir zahlen sollten.«
»Keine Adresse oder Ähnliches?«
Price schüttelte den Kopf. »Nichts, was uns zu ihnen führen konnte. Die wussten genau, was sie tun. Schüler? Ich kann es nicht glauben.«
Die Plattform gewann an Geschwindigkeit und ratterte an jeder Etage vorbei in die Tiefe.
»Hören Sie, ich habe Ihnen alles erzählt. Wir haben sogar sämtliche E-Mails gelöscht, um sicherzustellen, dass es keine Hinweise darauf gibt, was stattgefunden hat.«
Ben nickte. Er war zu dem Schluss gelangt, dass Price und das Konsortium ›Partner für den Frieden‹ nichts mit den Morden zu tun hatten. Der Mann war zu entgegenkommend, zu schockiert über die Enthüllungen gewesen.
Blieben drei andere Tatverdächtige. Ben kannte jetzt wenigstens die Methode, die von den Schülern angewandt worden war. Das konnte ihm helfen, falls er Zugang zu den drei Firmen in Israel bekam.
»Können Sie mir sagen, wie diese Kinder das alles über uns herausgefunden haben?«, fragte Price, als der Aufzug mit einem Ruck zum Stehen kam.
»Bedaure«, sagte Ben und entriegelte das Sicherheitsgeländer. »Wir sind soeben auf dem Boden angekommen. Wir sind fertig.«
66.
»Ich weiß, wer Sie sind«, sagte Danielle, während Mundts Blick zwischen dem Innenspiegel, in dem er den Audi der Verfolger beobachtete, und der Straße vor ihm hin und her glitt.
Er schaute kurz zu ihr herüber. »Was hat Anna über mich erzählt?«
»Dass Sie Nazi-Kriegsverbrecher suchen, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Identität von Holocaust-Überlebenden angenommen haben.«
Mundt schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht ganz. Ich suche nur einen.«
Er fuhr mit kreischenden Reifen durch eine Haarnadelkurve, und Danielle klammerte sich am Haltegriff über der Tür fest.
»Trotzdem haben Sie Zeit gefunden, mich zu retten«, bemerkte sie.
»Ich kam nach Deutschland, um Anna zu töten.«
»Warum?«
»Um zu verhindern, dass sie herausfindet, was sie in Israel erfahren wollte.«
»Anna ist in Israel gewesen?«
»Sie hat dort einen Freund.« Abermals blickte Mundt kurz zu seiner Beifahrerin. »Ein ehemaliger Leiter des
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