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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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jeder Pfeil fand ein Ziel. Die französische Reiterei an den Flanken des riesigen Heeres setzte sich in Bewegung, um dieser Gefahr ein Ende zu bereiten. Als sie zu schnell und zu nah war, um noch anhalten zu können, trieben die englischen Schützen ihre Holzpfähle schräg ausgerichtet in die feuchte Erde, die tödlichen Spitzen den Feinden zugewandt, und durch den eigenen Schwung spießte die vordere Reihe der Reiter sich regelrecht daran auf. Die Rösser, die behände genug waren, retteten sich, indem sie schlitternd anhielten und stiegen, sodass ihre Reiter herunterfielen und so mancher unter die Hufe geriet. Derweil schossen die Bogenschützen unaufhörlich weiter, beständig und schnell, aber ohne erkennbare Hast, zwölf Pfeile in jeder Minute, holten die Franzosen aus den Sätteln und dünnten die heranmarschierenden Fußsoldaten aus. Doch für jeden, der fiel, schienen zwei nachzurücken. Die behelmten Köpfe gegen den Pfeilhagel gesenkt, brandeten die Franzosen heran und stießen auf die vordere dünne Linieder Engländer, die unter dem Druck der schieren Masse unweigerlich zurückwich.
    »Jetzt!«, brüllte König Harry und wies mit dem Schwert voraus. »Das ist der Moment. Wir dürfen sie nicht durchbrechen lassen!«
    Gleichzeitig mit seinem Cousin Edward of York auf der rechten und Lord Camoys auf der linken Seite führte er seine Ritter und seine magere Reserve an Soldaten nach vorn, um das Zurückweichen seiner Front aufzuhalten. Die Bogenschützen hatten ihre Pfeile verschossen, zückten Schwerter und Äxte und lösten ihre Keilformation auf, um sich ihm anzuschließen. Einen Lanzenwurf weit waren sie zurückgedrängt worden, aber dann kam der Rückzug zum Stillstand.
    John stand fast Schulter an Schulter mit seinem Bruder und einem unbekannten Soldaten und sah den herandrängenden Franzosen mit weit aufgerissenen Augen entgegen. Als der erste ihm nahe genug kam, hob er das Schwert und streckte ihn mit einem geraden, mühelosen Stoß nieder, noch ehe die Klingen sich gekreuzt hatten. Er stellte den linken Fuß auf die Schulter des Sterbenden, befreite sein Schwert mit einem Ruck und visierte den nächsten Franzosen an, als sein Bruder ihm zuvorkam. Aber das machte nichts. Es waren noch genügend Feinde übrig. Mit einem Empfinden zunehmender Unwirklichkeit stieß er seine Klinge in Kehlen und Leiber, hieb auf Arme und Hände ein, die alle nur denkbaren Waffen gegen ihn erhoben, und immer war er schneller als sie, ohne dass er je begriff, wieso.
    Ihre große Zahl war es, die die Franzosen in Bedrängnis brachte. Die Leiber ihrer Gefallenen lagen auf der schlammigen Erde verstreut, türmten sich hier und da schon, und die Ritter in ihren schweren Rüstungen hatten Mühe, über sie hinwegzusteigen, glitten aus und stürzten. Die Nachfolgenden kletterten in ihrem Eifer über sie, statt ihnen aufzuhelfen, und die zweite Schlachtreihe war der ersten so dicht auf den Fersen, dass den Männern kein Platz blieb, um mit der Lanze auszuholen, manchmal nicht einmal genug Raum, um das Schwert zu heben. Und es schien niemanden zu geben, der den Oberfehlhatte, für Disziplin sorgen und diesem kopflosen Ansturm ein Ende machen konnte. Die französischen Heerscharen glichen einer entfesselten Flut.
    Derweil standen die Engländer, als sei jeder Mann in der schlammigen Erde verwurzelt, und ehe der Wall gefallener Franzosen vor ihnen Augenhöhe erreichte, gab der König den Befehl, in geschlossener Reihe vorzurücken. Und so begann das Gemetzel.
    Die einfachen, ungerüsteten Engländer sprangen leichtfüßig über die Gefallenen hinweg, mancher bezog gar Stellung auf einem dieser grausigen Hügel, um aus erhöhter Position alles niederzumachen, was in Reichweite kam. Die Verzweiflung der letzten Tage, vor allem die Furcht der vergangenen Nacht machte die Engländer gnadenlos. Das galt auch für John. Die Franzosen kamen ihm vor wie johlende Wilde. Er hörte nicht, dass viele von ihnen inzwischen vor Angst schrien. Stattdessen hatte er ihr siegessicheres Gegröle vom gestrigen Abend im Ohr, und bei jedem, den er niedermachte, verspürte er Genugtuung. Er nahm Rache für die ausgestandene Furcht. Bis sein Bruder ihn schließlich von hinten packte, ihn zurückriss und brüllte: »John, John, um der Liebe Christi willen, komm zu dir! Der Mann hat seine Waffe weggeworfen und sich dir ergeben! Du darfst ihn nicht töten!«
    Blinzelnd erwachte John aus seinem Blutrausch. Erst jetzt bemerkte er, dass er heulte wie ein Bengel,

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