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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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siebrachten es einfach nicht fertig. Es war ein so ungeheuerliches Verbrechen, einen Mann zu töten, den man gefangen genommen hatte, dass allein die Vorstellung ihre Glieder zu lähmen schien.
    Harry schaute in ein paar Gesichter und nickte. »Ich weiß. Ich weiß, es ist furchtbar, Gentlemen. Aber wir haben keine Wahl.« Er wandte den Kopf. »Sergeant!«
    Der Anführer seiner eigenen Bogenschützen eilte herbei und verneigte sich tief. »Mein König?«
    »Nehmt zweihundert Männer und tut es. Auf der Stelle.«
    Der Sergeant zögerte einen Moment. Wie jeder seiner Kameraden hatte er auf einen Anteil am Lösegeld gehofft, und wie jeder aufrechte Mann scheute er sich davor, einen gebundenen Gefangenen zu töten.
    »Ihr solltet Euch lieber beeilen«, drängte Harry. Er sprach leise, doch es war eine unmissverständliche Drohung.
    Der Sergeant schluckte sichtlich. »Ja, Mylord. Was immer Ihr wünscht.« Mit einem Wink rief er seine Männer herbei, und sie machten sich an die Arbeit.
    Sie war im Handumdrehen erledigt. Die Gefangenen stimmten ein großes Geschrei an, Protest wurde laut, manche flehten um Gnade und ließen sich auf die Knie fallen, doch es dauerte nur ein paar Herzschläge lang, bis die zweihundert Mann sie zum Schweigen gebracht hatten.
    Als die französischen Reiter erkannten, wie ihre Feinde mit den Gefangenen verfuhren, packte sie Grauen. Sie machten kehrt und flohen zurück in den Wald.
    König Harry sah ihnen nach, das mächtige Schwert in seiner rechten Faust war bis zum Heft blutverschmiert. Er rammte es in den schlammigen Boden, nahm den Helm ab und wandte das Gesicht einen Moment mit geschlossenen Augen dem kühlen Wind entgegen. Dann wies er auf das nächstliegende der drei Dörfer. »Wie heißt dieser Ort?«
    Einer der jungen Ritter seines Gefolges räusperte sich und antwortete: »Agincourt, Mylord.«
    Harry nickte. »Und so schlugen König Harry und seinekleine Schar englischer Löwen mit Gottes Hilfe das stolze französische Heer am Tage der Heiligen Crispin und Crispianus bei der Schlacht von Agincourt.« Er sprach bedächtig, ohne besondere Feierlichkeit. Dann schwankte er plötzlich, als sei alle Kraft aus seinen Beinen gewichen, doch er fing sich sogleich wieder und ignorierte die Hände, die seine Brüder ihm hilfreich entgegenstreckten. »Würde sich wohl irgendwer um mein Schwert kümmern?«
    John trat zu ihm und wollte die blutverschmierte Waffe aus der zertrampelten Erde ziehen, doch der König legte ihm die Hand auf den stahlummantelten Arm und hielt ihn zurück. »Nein, Ihr nicht. Die Zeiten sind vorbei. Und Ihr habt für heute genug getan.«
    John verneigte sich.
    »Werdet Ihr mit mir nach Agincourt ziehen, John?«, fragte der König.
    »Ja, Sire.« Dorthin oder an den Schlund der Hölle, dachte John und unterdrückte ein Schaudern. Und er sah in den Gesichtern der umstehenden Männer, dass sie alle das Gleiche empfanden. Alle, die diesen Tag überlebt hatten, würden diesem König folgen, wohin er sie auch führte. Denn mochte er auch glauben, dass allein Gott ihr Sieg zu verdanken sei, wussten sie es doch besser. Es war Harrys Sieg. Er hatte dieses Wunder bewirkt, mit seinem unerschütterlichen Glauben, seiner Gabe, Ergebenheit zu wecken, mit seiner Tapferkeit und seinem wahrhaft ritterlichen Mut, nicht zuletzt mit der Fähigkeit, etwas Schreckliches zu tun, weil es notwendig war. Also zogen sie mit ihm in das nahe Dorf und sangen das Tedeum – priesen Gott für Harrys Sieg.
     
    »Und wir haben wahrhaftig Grund, Gott zu preisen«, bemerkte der junge Sir Walter Hungerford mit leuchtenden Augen. Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Wir haben so gut wie keine Verluste. Es ist nicht zu fassen.«
    Sie saßen in einem geräumigen Zelt, das gestern noch dem Grafen von Nevers gehört hatte, um ein prasselndes Feuerherum: Walter Hungerford, Arthur Scrope, der junge de Vere, welcher der Cousin des Earl of Oxford war, und eine Hand voll weiterer junger Ritter. John kannte sie kaum und fühlte sich ausgesprochen unwohl in ihrer Gesellschaft. Als er dem König am gestrigen Abend sein Schwert angeboten hatte, hatte er nicht darüber nachgedacht, dass das sein Leben vollständig verändern würde, denn er war ja davon ausgegangen, es am heutigen Tage zu verlieren. Nun war alles ganz anders gekommen. Sehr lebendig saß er hier am Feuer, zum ersten Mal seit drei Wochen warm und trocken.
    »Und die französischen Verluste?«, fragte einer.
    Hungerford schüttelte immer noch den Kopf.

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