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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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und gespannt. Doch als er sie wieder anschaute, lag ein spitzbübischer Ausdruck in den blauen Augen, sodass er mit einem Mal wie der neunzehnjährige Flegel aussah, der er eigentlich sein sollte. Ungeduldig strich er die kinnlangen, schwarzen Locken zurück, die sich immer wie ein gekringelter Vorhang vor seine Augen schieben wollten.
    »Jo, beantworte mir eine Frage, ja?«
    »Sicher.«
    »Aber du musst mir dein Wort geben, dass du die Sache für dich behältst.«
    Sie legte die rechte Hand aufs Herz und hob sie dann hoch, leistete den Schwur, der in ihrer Kindheit jedes Geheimnis geheiligt hatte.
    »Ich habe ein Mädchen kennen gelernt.«
    Sie richtete sich auf und strahlte. »Ah ja? Wen?«
    »Das spielt im Moment keine Rolle. Wir haben nur wenige Augenblicke miteinander gesprochen. Aber in der kurzen Zeit habe ich ein paar Dinge über sie gelernt: Sie hat fürchterliche Manieren. Vermutlich könnte man sagen, sie ist eine Kratzbürste. Mir erschien sie schön.« Und das war kein Wunder, denn sie vereinte in sich die Anlagen zweier Familien, die neben vielen anderen Dingen auch dafür gerühmt wurden, welch schöne Menschen sie hervorbrachten. »Sie hat herrliche Augen.« Die Augen ihres Vaters, hatte er inzwischen erkannt, nur eine Schattierung heller. »Sie hat ein mitfühlendes Herz, aber es mangelt ihr an Demut. Vielleicht gar an Frömmigkeit. Sie ist gescheit, aber zu hitzköpfig, um klug zu sein. Ich bin überzeugt, sie würde jedem Mann die Hölle auf Erden bereiten. Aber als ihr Vater mir angedroht hat, ich werde sie nie wiedersehen, wurde mir … sterbenselend. Andauernd muss ich an sie denken. Ich meine, ich komme nach Hause, und hier läuft alles aus dem Ruder, aber die ganze Zeit denke ich nur an dieses unmögliche Mädchen. Was … was hat das zu bedeuten, Jo?«
    Joanna hatte mit konzentrierter Miene gelauscht. Nachdem er verstummt war, antwortete sie: »Ich glaube, das weißt du selber sehr gut.«
    »Nein. Ich habe keine Ahnung von solchen Dingen. Deswegen frage ich dich ja.«
    »Gib mir deine Hand, John.«
    »Wozu?«
    »Komm schon. Her mit der Pranke.«
    Er streckte die Linke über dem Tisch aus, und sie legte die schmalen Finger auf seinen Puls. »Jetzt sag ihren Namen.«
    »Nein.«
    »Dann denk an sie.«
    John dachte.
    Joanna fühlte seinen Puls mit gerunzelter Stirn. Schließlich ließ sie ihn los und nickte. »Ich würde sagen, der Fall ist eindeutig.«
    Sie lachten. Aber Johns Lachen war verlegen, und er wurde gleich wieder ernst. »Und was tu ich nun?«
    »Wie jung ist denn deine geheimnisvolle Angebetete?«
    »Alt genug.«
    »Dann sprich mit ihrem Vater.«
    »Aber ich will sie doch gar nicht.«
    Joanna sah ihn an, und der nachsichtige Spott in ihren Augen sagte mehr als alle Worte.
    John spürte sein Gesicht heiß werden. »Außerdem hat ihr Vater seine Meinung deutlich genug gesagt. Und er hat Recht.«
    »Oh, komm schon, John. Der Mann, der den Franzosen unerschrocken die Stirn bietet, fürchtet sich vor einem eifersüchtigen Vater?«
    Der Gedanke, dass Eifersucht Beauforts Motiv sein könnte, war ihm noch nicht gekommen. Er sann einen Moment darüber nach und schüttelte dann den Kopf. »Das ist nicht der Grund. Die ganze Sache ist einfach unmöglich. Hoffnungslos.« Er seufzte.
    Joanna lehnte den Rücken an die Wand und studierte das Gesicht ihres Bruders. Nach einer Weile sagte sie: »Weißt du, John, es ist ein Glück, dass du die Gabe hast, dich mit dem zufrieden zu geben, was Fortuna dir zumisst, denn unter Vaters Söhnen hast du nun einmal das schlechteste Los gezogen.«
    »Wer behauptet, ich sei zufrieden? Das bin ich nicht, und das war ich nie. Aber ich kann Raymond schlecht erschlagen, nur weil er zwischen mir und dem Titel steht, oder? So sehr er auch manchmal dazu einlädt …«
    Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Trotzdem. Du bist in vielerlei Hinsicht bescheiden. Das warst du als ganz kleiner Junge schon, und das war einer der Gründe, warum dich alle hier zu Hause mit Liebe förmlich überschüttet, dich gleichzeitig aber auch immer unterschätzt haben. Dann bist du ausgerissen und mit dem König in den Krieg gezogen, um es allenzu zeigen. Das ist dir auch gelungen. Und die Jahre haben dich hart gegen dich selbst gemacht. Nun neigst du dazu, erst gar nicht zu wollen, was du ohnehin nicht haben kannst. Aber wenn du meinen Rat willst: Überleg dir, ob es dir nicht gut täte, zur Abwechslung mal für dich selbst zu kämpfen statt immer nur für Harry. Um etwas, das du willst.

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