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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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erfährt, reißt er mir das Herz heraus.«
    Unwillig löste sie sich von ihm und nickte.
    Er betrachtete sie noch einen Moment. Die Erkenntnis, wie unglücklich sie war, hatte ihn völlig unvorbereitet getroffen, und er ahnte, dass er jetzt wirklich rettungslos verloren war. Nach ihrer ersten Begegnung hatte ihn die Herausforderung gereizt, dieses wilde Geschöpf zu zähmen, aber seine besonnene Natur war ein wirksamer Schild gegen solche Anwandlungen. Jetzt hingegen verlangte es ihn, sie zu beschützen, und dagegen war er weitaus schlechter gewappnet. Wenngleich er wusste, dass er ihr im Augenblick weder Geborgenheit noch Trost zu bieten hatte; ihr vielleicht niemals irgendetwas zu bieten haben würde.
    Er stand auf und zog sie mit sich hoch. Wortlos standen sie sich gegenüber und schauten sich an. In den braunen Augen schimmerten immer noch Tränen, aber Juliana hatte sich gefasst, rang sich gar ein kleines Lächeln ab. »Lebt wohl, Sir John. Gott schütze Euch.«
    »Wäre es …« Er senkte für einen Moment den Blick und räusperte sich. »Wäre es zu kühn, wenn ich Euch um ein Zeichen Eurer Gunst bitten würde?«
    »Was?«, fragte sie verblüfft.
    Verlegen zeigte er auf das blaue Samtband in ihrem Haar.
    Die Bitte bezauberte Juliana. Ein wenig ungläubig schaute sie John an, und was sie sah, war nicht der schüchterne, unsichere Junge, der abgesehen von den billigen Huren im englischen Tross über keinerlei Erfahrung mit Frauen verfügte und folglich das Gefühl hatte, als bewege er sich hier auf so dünnemEis, dass er bei jedem Schritt einzubrechen fürchtete. Was sie sah, war vielmehr ein ungewöhnlich gut aussehender Ritter, der die Welt und den Krieg kannte und zu den viel gerühmten, jungen Draufgängern im Gefolge des Königs zählte. Es war ihr unverständlich, dass ein solcher Mann jemanden wie sie auch nur zur Kenntnis nehmen sollte. Dass er gar eine so romantische Bitte an sie äußerte, kam ihr vor wie ein Wunder. Es stürzte sie in einen kleinen, glückseligen Taumel, und ein herrlicher Schauer rieselte ihren Rücken hinab.
    Mit einem leisen Lachen löste sie das Band und schüttelte den Kopf, sodass die blonde Lockenpracht frei über ihre Schultern fiel. Es war eine beinah kecke Geste, und als sie John das Samtband entgegenstreckte, war der Kummer aus ihrem Blick verschwunden, der Schalk zurückgekehrt. »Hier. Hütet es gut.«
    John drückte das Band kurz an die Lippen. Es duftete nach ihr. Dann steckte er es in die Schecke und verneigte sich. »Lebt wohl, Lady Juliana. So Gott will, komme ich im Frühling wieder.«
    Er band Achilles los und führte ihn den langen Gang zwischen den Boxen hindurch zum Tor. Ehe er ins Freie trat, wandte er noch einmal kurz den Kopf. Es war zu dunkel im Stall, um Juliana richtig zu erkennen. Aber er sah ihre Zähne aufleuchten, als sie lächelte.

Dover, Februar 1419
    D ie Hafenspelunke war verräuchert, weil der Kamin nicht vernünftig zog, aber Owen Tudor entdeckte den Neuankömmling an der Tür sofort und winkte ihn mit weit ausholenden Bewegungen näher. »Ah! Seine Gnaden beehren uns in neuer Gewandung. Ob das der Grund ist, warum er uns hier einen halben Tag warten lässt? Hat sein Schneider ihn aufgehalten?«
    Grinsend schlug John seinem Freund auf die Schulter. »Gaul hat ein Eisen verloren«, erklärte er sparsam. Dann wandte er sich an Somerset, der sich von der Bank erhoben hatte. »Gott zum Gruße, John.«
    »Gott zum Gruße, John«, antwortete Somerset.
    Das sagten sie immer.
    John sah dem Jüngeren einen Moment in die Augen. »Wie geht es deinem Bruder?«
    Somerset lächelte traurig und schüttelte den Kopf. »Schlecht. Unser Onkel, der Bischof, hat die besten Ärzte geschickt. Aber Henry hustet Blut.«
    »Oh«, murmelte John beklommen. Das klang in der Tat nach einem Todesurteil.
    »Nun macht keine solchen Trauermienen«, schalt Tudor. »Wenn König Harry wirklich auf Paris marschieren will, mag es passieren, dass Somersets Bruder uns alle überlebt.«
    Niemand hielt ihm vor, er sei makaber. Sie waren oft makaber. Es erleichterte ihnen das Leben.
    »Wie war’s bei dir?«, fragte Somerset John.
    Der setzte sich zu den Freunden an einen Tisch voller Fett- und Bierlachen. »Raymond und der Stallmeister haben sich fürchterlich zerstritten. Beide haben sich bitterlich über den anderen beklagt, und Conrad hat mir gesagt, er erwäge, das Land zu verkaufen, seine Pferde nach Burton zu bringen und zusammen mit meinem Bruder Edward zu züchten, der im

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