Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
Vom Netzwerk:
schloss sie abfällig.
    John hatte die wundervollen Rittergeschichten von Chrétien de Troyes quasi mit der Muttermilch aufgesogen, aber er gedachte nicht, Katherines Köder zu schlucken. Er fand ihre Hochnäsigkeit kindisch. Sie ging ihm auf die Nerven.
    Wie er beabsichtigt hatte, bereitete sein Schweigen ihr Unbehagen. Sie unternahm einen neuen Versuch, ihren guten Willen zu beweisen. »Und … wo residiert der König von England?«
    »Das ist unterschiedlich«, antwortete John. »Er reist viel und hat im ganzen Land Burgen. Aber meistens ist er in Westminster, unweit von London. Westminster ist ein großer, sehr komfortabler Palast mit einer riesigen, wundervollen Halle. Und es hat eine Kathedrale, die es mit den Euren durchaus aufnehmen kann.«
    Katherine rümpfte wieder so hinreißend die Nase. »Ihr habt sie von unseren abgekupfert, nehme ich an.«
    John runzelte unwillig die Stirn, ging aber wieder nicht darauf ein. Denn die Prinzessin hatte dieses Mal leider Recht.
    »Woher könnt Ihr so gut französisch?«, fragte sie.
    »Meine Mutter hat es mir beigebracht.«
    »Eure Mutter ist Französin?«
    John beherrschte sich im letzten Moment, ehe er ›Gott bewahre‹ ausrufen konnte. »Nein, sie war Engländerin. Aber ihre Mutter stammte aus der Gascogne. Ob Ihr es glaubt oder nicht, Madame: Einer meiner Vorfahren war ein Troubadour.«
    »Ah.« Sie kräuselte die Lippen. »Rebellisches, lasterhaftes, ketzerisches Gesindel, diese Troubadoure.«
    »Und grandiose Dichter.« Er verriet ihr nicht, dass seine Mutter, sein Bruder Mortimer und offenbar auch seine fromme Schwester Isabella dieses Talent geerbt hatten, denn er fürchtete, die Prinzessin könne ihn auffordern, Verse vorzutragen.
    Katherine lachte. Es war ein verblüffend unbeschwertes Lachen, das gewiss nur der Frühlingssonne und der lieblichen Landschaft zu verdanken war, die sie umgab. »Welch ein seelenvoller Blick in die Ferne«, neckte sie. »Ich muss gestehen, Ihrüberrascht mich, Jean de Waring’am. Ich hätte gedacht, dass Ihr raubeinigen, unkultivierten Engländer aus einem Dichter in der Familie ein wohl gehütetes Geheimnis machen würdet. Ist es nicht allein die Kriegskunst und die Zahl der getöteten Feinde, die bei Euch etwas gilt?«
    »Wie kommt Ihr denn darauf?«, fragte er, ebenso verdutzt wie eingeschnappt. »Wir haben Dichter, die die Euren weit überstrahlen, Madame, und die besten stehen im Dienste des Königs, manche gehören gar zu seinem Haushalt, denn er ist ein Förderer der Künste wie sein Vater und sein Großvater vor ihm. Er spielt auch die Harfe. Harry von England mag der meistgefürchtete Feldherr dieses Zeitalters sein, aber er ist kein geistloser Schlächter. Rittertum, wie wir es in England verstehen, kann es ohne Bildung des Geistes und auch des Herzens nicht geben.« Er wusste selbst, dass er ein wenig übertrieb. Sein Bruder Raymond fiel ihm ein, der als einer der größten Ritter Englands galt und doch nicht mehr Kultur besaß als die Gäule, die er mit so glücklicher Hand züchtete.
    Katherine hatte mit einem Ausdruck höflicher Skepsis gelauscht. »Nun, ich will gar nicht bezweifeln, dass Euer König ein wahrer Chevalier ist. Aber warum in aller Welt glaubt er nur, er könne König von Frankreich werden? Mit welchem Recht? Er ist Engländer!«
    »Das ist völlig ohne Belang«, gab John entschieden zurück. »Sein Anspruch auf die Krone Frankreichs ist besser und älter als der Eures Vaters. Und was war mit William von der Normandie, den wir den Eroberer nennen? Er war Franzose und wurde dennoch König von England. Und was geschah, als seine Söhne ohne männliche Nachkommen starben? Kehrte etwa das angelsächsische Herrscherhaus auf den Thron zurück? Nein, Madame. Williams Urenkel Henry von Anjou wurde König. Schon wieder ein Franzose. Weil er den besten Anspruch hatte und der beste Mann für das hohe Amt war. Das Gleiche gilt heute für Harry und Frankreich. Ich weiß, dass Ihr Euren Vater verehrt, aber Ihr werdet zugeben müssen, dass ein starker König wie Harry besser für Frankreich wäre als er. Ganzgewiss besser als Euer Bruder.« Er sah sie eindringlich von der Seite an. »Nicht wahr?«
    Katherine hob das Kinn. »Ich muss und werde nichts dergleichen zugeben, Monseigneur«, entgegnete sie steif, offenbar ärgerlich, dass er auf jede Frage eine überzeugende Antwort fand. Da er sich in der Geschichte ihrer beider Nationen gar zu gut auskannte, kam sie lieber auf ihr ursprüngliches Thema zurück. »Ihr wollt

Weitere Kostenlose Bücher