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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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wollt, Mylord?«, erkundigte er sich ausgesucht höflich.
    Gloucester warf ihm nur einen kurzen, äußerst kühlen Blick zu. »Ah, Waringham.« Es klang nicht besonders überschwänglich. »Nun, mir wäre ganz neu, dass ich mich vor Euch rechtfertigen müsste, denn ich führe heute das Kommando über dieses Lager.« Er wechselte sich in dieser Aufgabe mit seinem Bruder Clarence, dem Earl of Salisbury und den übrigen Kommandanten ab, wusste John. »Aber da er Euer Junge ist, will ich es Euch natürlich gern sagen: Er hat in der St.-Martinus-Kirche ein goldenes Fingerreliquiar gestohlen.«
    John wandte sich sprachlos an seinen Knappen. Der Junge war so bleich, dass seine Haut wächsern wirkte, und er schwitzte. Es kostete ihn offenbar große Mühe, Haltung zu bewahren, aber noch gelang es. Weit aufgerissene, bestürzend blaue Augen sahen John an, starr vor Furcht. Raymonds Augen.
    »Warst du in der Stadt, Daniel?«, fragte John. Er hatte es verboten, denn die Stadt war unruhig, und nicht gerade selten kam es zu Übergriffen der siegreichen englischen Soldaten gegen die Bevölkerung. Er hatte nicht gewollt, dass sein Knappe da hineingeriet.
    Daniel nickte.
    Nur mit Mühe unterdrückte John einen Fluch. »Und hast du etwas gestohlen?«, fragte er. »Sag die Wahrheit.«
    Inbrünstig schüttelte der Junge den Kopf. »Nein, Sir. Ichschwöre bei der Seele meiner Mutter.« Die Stimme bebte, aber John wusste, dass Daniel nicht log. Selbst unter harmloseren Umständen war er ein schlechter Lügner.
    »Zuverlässige Ritter kontrollieren jeden Mann, der aus der Stadt ins Lager zurückkommt, Waringham.« Gloucester wies auf Arthur Scrope. »Das Reliquiar wurde im Beutel des Jungen gefunden.«
    »Ich hab es nicht genommen«, beteuerte Daniel leise, aber eindringlich. »Gott steh mir bei, ich hab’s nicht genommen …« Er wusste, dass Arthur Scrope ihn wegen seiner unehelichen Geburt verachtete, doch er ahnte nicht, dass er zum Bauernopfer in einer Intrige gegen seinen Herrn geworden war, und deswegen konnte er sich einfach nicht erklären, wie das kostbare, mit Edelsteinen besetzte Röhrchen in seinen Beutel geraten war.
    Gloucester steckte die linke Faust unter den rechten Ellbogen, den rechten Daumennagel in den Mund. Fast sofort ließ er ihn wieder sinken und erklärte John knapp: »Ich verstehe, dass das schmerzlich für Euch ist, aber Ihr kennt des Königs Befehle. Jetzt geht und holt den Priester, Scrope.«
    John machte auf dem Absatz kehrt, lief Somerset um ein Haar über den Haufen und stürmte aus dem Zelt. Einer Panik nahe, rannte er so schnell zur Mitte des Lagers, dass er verwunderte Blicke auf sich zog, und vor dem Zelt des Königs fragte er die Wachen: »Ist mein Bruder dort drin?«
    Einer der Ritter schüttelte den Kopf. »Er ist mit dem Earl of Warwick oben in der Stadt und kassiert das Lösegeld der reichen Pfeffersäcke, Sir.«
    Oh Gott, hilf mir, betete John verzweifelt. »Lasst mich durch, Sir Gerald. Es ist furchtbar dringend, ehrlich.«
    »Ich fürchte, das ist nicht möglich, Sir. Der König ist gerade …«
    John packte ihn plötzlich am Mantel und schleuderte ihn zur Seite. Damit hatte der junge Sir Gerald nicht gerechnet. Er verlor das Gleichgewicht und fiel auf die nass geregnete Erde. Ehe sein Gefährte John packen konnte, war der durch den Eingang geschlüpft.
    Vor dem König fiel er auf die Knie. »Ich bitte um Vergebung, Sire. Ich weiß, Ihr zürnt mir, und mein Benehmen ist unentschuldbar. Aber Euer Bruder will meinen Knappen aufhängen. Jetzt. Ich flehe Euch an, helft mir.«
    Harry erhob sich abrupt von seinem Sessel. »Ich fürchte, Ihr werdet mich einen Moment entschuldigen müssen, Cousin«, sagte er zu seinem Gast.
    Der junge Philipp von Burgund saß in einem zweiten Sessel mit dem Rücken zum Eingang, sodass John ihn erst jetzt entdeckte. Er verneigte sich höflich in seine Richtung, während der englische Mönch, der in den Beratungen zwischen Harry und Burgund als Übersetzer fungierte, die Entschuldigung des Königs leise auf Französisch wiederholte.
    John nahm Philipps verwirrtes Nicken nicht wahr, weil er den König unverwandt anschaute. Der griff nach seinem Mantel, welcher nahe dem Kohlebecken zum Trocknen über einem Schemel hing, warf ihn sich über die Schultern und trat zum Zelteingang. »Kommt«, war alles, was er sagte.
    Hastig folgte John ihm hinaus. Sir Gerald stand wieder auf seinem Posten und sah so aus, wie man nach einem Schlammbad erwarten konnte. Er warf John einen

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