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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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vor dem, was passiert, wenn ich die Tür öffne und hineingehe, ist so groß, dass ich es bislang nie getan habe.« Er stieß die Luft durch die Nase aus, es war beinah ein Lachen. »Stundenlang sitze ich da gegenüber der Tür auf dem kalten Boden und stelle mir vor, wie es wäre. Was ich alles tun könnte. Ich habe im Krieg genug gehört und gesehen, ich brauche keine Daumenschrauben, um einem Mann Höllenqualen zu bereiten. Und er hätte es verdient. Bei Gott, er hätte es verdient …« Er brach wieder ab.
    Der Bischof schwieg eine Weile und betrachtete das Glitzern der Sonnenstrahlen auf den kleinen Kaskaden des Brunnens. Als er feststellte, dass John offenbar nicht weiter wusste, bemerkte er: »Ich bin sehr verwundert, dass Ihr ihn habt leben lassen. Und erfreut, gebe ich zu.«
    »Ihr solltet nicht denken, ich hätte ihn aus Barmherzigkeit geschont, Mylord.«
    »Nun, Eure Beweggründe sind zweitrangig. Tatsache ist, dass irgendetwas Euch daran hindert, Eure Rache zu nehmen, und was immer es ist, es erscheint mir gut.«
    »Was immer es ist, hat mich vor Melun nicht zurückgehalten«, höhnte John bitter. »Ich glaube … ich glaube, was mir so zu schaffen macht, ist, dass der Krieg nach Waringham gekommen ist.«
    »Ich bin nicht sicher, dass ich das verstehe.«
    »Nun, im Krieg riskiert man immer, seine Seele zu verlieren, Mylord. Das ist einfach so. Ganz gleich, wie gerecht Harrys Krieg sein mag, wir alle tun dort Dinge, die unsere Seele in Gefahr bringen. Das war einer der Gründe, warum ich Juliana um jeden Preis haben wollte. Ich dachte, sie könnte mich … na ja, retten. Und das hat sie auch. Sie macht mich zu einem besseren Mann, als ich eigentlich bin. Sie hat mir Dinge über mich selbst beigebracht, von denen ich nichts wusste. Sie … macht mir Hoffnung. Und bislang war es so, dass ich diese zwei Seiten meines Lebens fein säuberlich auseinander zu halten vermochte. Ich konnte den Krieg und die widerwärtigen Abgründe meiner Seele einfach jenseits des Kanals zurücklassen wie ein lästiges Gepäckstück. Oder zumindest konnte ich mir das vorgaukeln. Aber nun hat Raymond Victor de Chinon und mit ihm die ganze Abscheulichkeit des Krieges nach Waringham gebracht. Nun hat meine Frau gesehen, wie ich sein kann, und schon jetzt ist sie erschüttert und fürchtet sich vor mir. Ich glaube … nein, ich weiß, wenn ich die Tür zu diesem Kerker öffne und zu Chinon gehe, dann überschreite ich eine Grenze. Dann werde ich keine Chance mehr haben, noch einmal umzukehren. Und nichts wird mehr so sein, wie es war, weder mein Leben, meine Ehe, noch ich selbst. Auf der anderen Seite ist mein Hass auf Victor de Chinon mächtiger, als ich Euch mit Worten beschreiben könnte. Ich will nicht, dass er weiterlebt. Das hat er nicht verdient. Ich werde keine Ruhe finden, ehe ich ihn getötet habe. Also, wie könnte ich ihnschonen? Es ist … eine Situation ohne Ausweg. Was immer ich tue, ich kann nur verlieren.«
    Es war lange still. Selbst das Gezwitscher des Zaunkönigs war verstummt, und nichts war zu hören als das leise Plätschern des Brunnens und das schläfrige Gurren einer Taube irgendwo in der Nähe.
    Schließlich atmete der Bischof tief durch. »Es ist nicht so einfach, Euch zu raten«, bekannte er. »Eure Lage scheint das zu sein, was die Gelehrten ein Dilemma nennen.«
    »Was ist das?«, wollte John wissen.
    »Die Wahl zwischen zwei Übeln, die gleich schwer wiegen. Ein Entweder – Oder.«
    John nickte mutlos. »Das stimmt.«
    »Aber ich frage mich, ist es wirklich so? Gibt es tatsächlich nur diese beiden Möglichkeiten? Entweder ihr nehmt Eure Rache und müsst die Folgen tragen, oder Ihr verzichtet auf diese Rache ohne jede Entschädigung?«
    John zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Welche andere Möglichkeit könnte es geben?«
    »Nun, mein Sohn, Ihr werdet es vielleicht merkwürdig finden, dass gerade ich dies sage, aber Ihr könntet Gott ein Geschäft vorschlagen.«
    » Was ?«
    »Hm. Ich habe es schon unzählige Male getan. Er lässt sich nicht immer darauf ein, aber oft.«
    »Ich verstehe nicht, was Ihr meint.«
    »Dann werde ich es Euch anhand eines Beispiels erklären. Dabei will ich nicht behaupten, die beiden Situationen seien vergleichbar. Nur, damit Ihr das Prinzip versteht.«
    John nickte. Er war neugierig geworden.
    Beaufort streckte ihm die Linke mit gespreizten Fingern entgegen. »Seht Ihr diesen Ring?«
    Es war ein Goldreif mit einem herrlichen Saphir in einer aufwendigen Fassung, die so

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