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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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reiten.«
    Harry lächelte ihn an. »Ich kann, weil ich muss, Richard.« Das Lächeln glich einem grausigen Totenschädelgrinsen. Der König schien nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen.
    Bedford legte ihm die Hand auf den Arm. »Warwick hat Recht, Bruder. Es geht einfach nicht. Ihr seid zu krank. Lasst mich das Kommando übernehmen, ich schwöre Euch, ich werde Euch nicht enttäuschen. Aber Ihr müsst ausruhen.«
    »Ich zweifle nicht, dass du Cosne befreien und den Dauphin in die Flucht schlagen würdest, John«, erwiderte der König. »Aber Burgund erwartet, dass ich ihm persönlich zu Hilfe eile. Er hat ein Anrecht darauf, und wir dürfen ihn nicht verstimmen. Wenn er das Bündnis aufkündigt, ist unsere Sache hier in Frankreich verloren.«
    »Wenn Ihr sterbt, dann ist unsere Sache hier verloren«, entgegnete sein Bruder heftig. Es war die schiere Verzweiflung, die ihn so untypisch brüsk machte.
    Harry seufzte. »So bald noch nicht, Bruder«, antwortete er leise. »Mit Gottes Hilfe so bald noch nicht.«
    Plötzlich schwankte er, und Raymond nahm seinen Arm, stützte ihn unauffällig und sagte: »Euer Pferd wartet da vorn hinter dem Stall, Sire.«
    »Dann seid so gut und holt es her«, bat Harry.
    Aber Raymond schüttelte unerwartet den Kopf. »Wenn Ihr wirklich entschlossen seid zu reiten, ist es besser, Ihr kommt mit mir. Glaubt mir.«
    Harry schien verwundert, erhob aber keine Einwände. Unter den stummen Blicken der Lords und Ritter ging er langsam an Raymonds Seite zum Stall hinüber.
    Seitlich des Gebäudes und allen Blicken entzogen stand der wundervolle Grauschimmel aus Raymonds Zucht, den der König seit seiner Rückkehr nach Frankreich vor gut einem Jahr ritt. Das Pferd richtete die Ohren auf und schnaubte leise,als es sie kommen sah. Es hatte zu lange gestanden und war rastlos.
    Blinzelnd sah der König an dem großen Tier hoch, schien die Strecke bis zum Sattel mit den Augen zu messen. Er sagte nichts. Aber Raymond erkannte, dass Harry die Sinnlosigkeit seines Unterfangens endlich einsah. Er konnte nicht aufsitzen.
    Wortlos schaute er Raymond an und vollführte eine sparsame Geste, die halb eine Aufforderung, halb ein Abwinken war.
    Raymond senkte den Blick und nickte. Dann nahm er den Schimmel am Zügel, legte ihm die Linke auf die Nüstern und murmelte ein paar leise Worte. Das gewaltige Ross legte sich auf die grasbewachsene Erde.
    Behutsam führte Raymond den König zu seinem Pferd und half ihm in den Sattel.
    Während der Schimmel sich elegant erhob, schaute Harry lächelnd auf Raymond hinab. »So hast du mich in den Sattel gesetzt, als du mir meine allererste Reitstunde gegeben hast.«
    Raymond musste mühsam schlucken, erwiderte aber scheinbar unbeschwert: »Sag bloß, das weißt du noch? Du kannst nicht älter als vier oder fünf gewesen sein.«
    »Hm. Und der Gaul kam mir so hoch vor wie ein Berg. Aber ich hatte keine Angst. Du warst ja dabei.«
    »Du hattest niemals Angst, Harry, egal ob ich dort war oder nicht. Sie liegt nicht in deiner Natur.«
    Der König nahm die Zügel auf. »Du weißt ganz genau, dass das nicht wahr ist«, entgegnete er und ritt zu seinen Lords zurück.
     
    Obwohl es noch früh am Morgen war, wurde es schon drückend heiß. Der König ritt mit seinen Kommandanten, Rittern und rund tausend Mann am Ufer der Seine entlang Richtung Cosne, welches die Dauphinisten belagerten. Sie kamen kaum voran, da Harry nur im Schritt reiten konnte. Je weiter die Sonne stieg, desto kränklicher wurde seine Blässe, und er saß leicht zusammengekrümmt im Sattel, so als leide er Schmerzen.König Harry war knapp fünfunddreißig Jahre alt. Noch vor einem halben Jahr hatte er zehn Jahre jünger gewirkt, schien auf ewig der jugendliche Heldenkönig bleiben zu wollen. Aber jetzt wirkte er alt und ausgebrannt.
    »Ob es wahr ist, dass der Dauphin selbst die Belagerer anführt?«, fragte der Earl of Salisbury leise.
    Des Königs Bruder Bedford hob die Schultern. »So heißt es.«
    »Wenn es uns gelänge, ihn zu überraschen, könnten wir ihn vielleicht endlich zu einer offenen Schlacht zwingen, so wie er es mit uns bei Baugé getan hat.«
    »Dann lasst uns die Yonne entlangreiten, einen weiten Bogen um Cosne machen und uns von Süden nähern«, schlug der König vor. »Von dort werden sie niemals mit uns rechnen.«
    »Das ist ein ziemlicher Umweg, Sire«, gab Warwick zu bedenken. Selbst auf kürzestem Weg waren es hundert Meilen von Corbeil an der Seine nach Cosne am rechten Loireufer. Ein

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