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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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einer Wiege, und Johns Tage bestanden aus endlosen Stunden der Eintönigkeit und gelegentlich ein paar Augenblicken größter Anspannung, wenn plötzlich ein Fremder an der Tür erschien, der sich meist als verirrter Bote entpuppte. Tudor hatte erreicht, was er wollte, doch er verzehrte sich vergeblich nach der trauernden Königin, und es kam ihm vor, hatte er John neulich abends bei einem stillen Becher Cider gestanden, als krepiere jeden Tag ein kleines Stück von ihm. Somerset war ein Gefangener in Jargeau, und alle Bemühungen seiner Onkel, ihn freizukaufen, waren bislang erfolglos geblieben. Sein herrschsüchtiger Stiefvater, mit dem er so gern gestritten hatte, war tot. John war vor wenigen Wochen dreiundzwanzig Jahre alt geworden. Das war viel zu jung, um sich steinalt zu fühlen, hielt er sich vor.
    Und dennoch war es so.
    »Was ist nur aus uns allen geworden, Cedric«, sagte er seufzend zu dem Ritter seines Bruders, mit dem er sich im Laufe der letzten Wochen recht gut angefreundet hatte.
    Der junge Harley hob mit einem verlegenen Grinsen die Schultern und sagte das Gleiche, was John Alison erklärt hatte: »Es ist wichtig, und irgendwer muss es tun. Und sieh es mal so, John: Hier kriegt man nicht die Ruhr, niemand will einem den Bauch aufschlitzen oder den Schwertarm abhacken, und es gibt keinen verdorbenen Fraß. Wie lange warst du in Frankreich?«
    »Von Agincourt bis Baugé. Du?«
    »Von Caen bis Meaux.«
    Sie sahen sich einen Moment in die Augen und verzichteten darauf, Anekdoten auszutauschen.
    John lehnte sich mit der Schulter an die Wand und zog den feinen Mantel fester um sich, den seine neue Würde ihm eingetragen hatte. Es war eisig kalt und zog fürchterlich hier draußen auf dem Korridor.
    »Oh, hör dir das an«, murmelte er dann seufzend. »Unser König brüllt schon wieder.«
    Cedric hauchte seine Hände an und steckte sie unter die Achseln. »Hm. Man kann hören, dass einmal ein Löwe aus ihm werden soll.«
     
    Gloucester war in Beauforts Falle getappt, und als er im Parlament die alleinige Herrschaft über England bis zu dem Tag verlangte, da sein Neffe mündig wurde, schnappte diese Falle zu. Es kam zum offenen Streit zwischen Bischof und Herzog, aber wie abzusehen gewesen war, setzte Beaufort sich durch, zumal das Misstrauen gegen Harrys jüngsten Bruder bei Lords und Commons gleichermaßen verbreitet war. Gloucester erhielt als Regent von England den schönen Titel eines Lord Protector, musste sich aber der Weisungsbefugnis des Kronrats unterwerfen.
    Ein hochzufriedener Bischof Beaufort verabschiedete sich von der Königin, um Weihnachten an seinem Amtssitz in Winchester zu verbringen – und in Gesellschaft seiner Geliebten, mutmaßte John. Raymond kehrte noch vor den Feiertagen nach Frankreich zurück, um sein Versprechen an Harry zu erfüllen und dem Duke of Bedford zur Seite zu stehen.
    Der merklich geschrumpfte Hof verbrachte ein melancholisches, von Trauer geprägtes Christfest in Windsor Castle, aber John fand die Stille nach dem Trubel des Parlaments wohltuend. In Westminster hatte er ein verstaubtes Exemplar von John Lydgates Troy Book gefunden, welches der bekannte Dichter König Harry vor einigen Jahren gewidmet und geschenkt hatte, und John hatte den Folianten mit nach Windsor geschleppt, um ihn dort über die Feiertage in Ruhe zu studieren. Das tat er meist in der gut beheizten Kinderstube, und allmählich entwickelten er und der kleine Henry eine Beziehung zueinander. John war dankbar, dass es nicht seine Aufgabe war, den winzigen König stundenlang mit einer Rassel oder einem Holzpferdchen zu unterhalten und ihm die Windeln zu wechseln – er beneidete Alison nicht. Aber wenn er den kleinen Jungen gelegentlich auf dem Arm hielt und Henry ihn anlächelte, spürte er, wie sich etwas in ihm regte, das über Pflichtgefühl und Lancaster-Treuehinausging. Und er konnte es kaum noch erwarten, endlich selbst Vater zu werden.
    Juliana hatte sich trotz der Etikette und des Zeremoniells bei Hofe besser eingelebt, als er je zu hoffen gewagt hätte. Das lag vor allem daran, dass Katherine großen Gefallen an ihr fand. Es dauerte nur wenige Wochen, bis die beiden jungen Frauen eine echte Freundschaft verband, sodass Eugénie sich manches Mal ausgeschlossen fühlte und eifersüchtig wurde.
    Als der Februar ins Land ging und die Schneeglöckchen vom baldigen Ende dieses kalten, regnerischen Winters kündeten, überwand die Königin ihre Trauer allmählich, und gelegentlich hörte man

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