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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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näher, überraschten den Feind und siegten. Und dann hat St. David …«
    »Oh, keine Heiligengeschichte, Tudor«, flehte John. »Komm schon, nicht mitten in der Nacht. Heute Nachmittag, wenn ich ein bisschen geschlafen habe, darfst du mir alles über euren großen Volkshelden erzählen, Ehrenwort.«
    Tudor seufzte und schüttelte betrübt den Kopf. »Ich glaube kaum, dass du dazu viel Zeit finden wirst. Denn es gibt noch einen zweiten Grund, warum der erste März ein denkwürdiger Tag ist, weißt du.«
    John verdrehte die Augen. »Ah ja? Und zwar?«
    Tudor schaute ihn an und lächelte. Die schwarzen Augen funkelten vergnügt, und es war ein wissendes, überhebliches Lächeln. »Es ist der Geburtstag deiner Tochter.«
    Innerhalb nur eines Atemzuges sah er Verwirrung in Johns Augen Verstehen weichen, Verstehen verwandelte sich in Glückseligkeit. Mit einem Jubellaut, der den Prinzen todsicher aus dem Schlaf reißen würde, fiel er seinem Freund um den Hals.
    Tudor machte sich lachend los und klopfte ihm die Schulter. »Verschwinde schon. Ich bin hier, um dich abzulösen.«
    John rannte.
     
    Juliana hatte erst erlaubt, dass nach ihm geschickt wurde, nachdem sie selbst und ihre Kammer wieder präsentabel hergerichtet waren. Nun lag sie von vielen Kissen gestützt in einem sauberen Hemd zwischen frischen Laken, sah stolz auf dieses winzige Geschöpf in ihrem Arm und wunderte sich, wie schnell die Erinnerung an die Schrecken der letzten Stunden verblasste.
    John stürmte nicht herein; er kam auf leisen Sohlen. Fast zaghaft steckte er den Kopf durch die Tür, und als er sie sah, lächelte er.
    Sie winkte ihm. »Komm her. Leise. Sie schläft.«
    Er trat näher, kniete sich auf die hohe Bettkante und starrte gebannt auf das hässliche, krebsrote, winzige Äffchen, das seine Tochter war. Er küsste erst sie und dann ihre Mutter auf die Stirn. »Ich hätte dich vorwarnen sollen«, murmelte er dann. »So sehen alle Waringhams zuerst aus.«
    »Nicht nur Waringhams«, entgegnete sie und deutete ein Schulterzucken an. »Ich schätze, sie wird noch.«
    »Bestimmt.« Er legte seiner Frau die Hand auf die Wange, nahm dann ihre freie Rechte, führte sie an die Lippen und küsste die Fingerspitzen. »Danke, Juliana.«
    »Oh, papperlapapp«, murmelte sie schläfrig. »Ich wollte dir einen Sohn schenken.«
    »Aber ich wollte eine Tochter.« So und nicht anders lautete der Handel.
    Sie lächelte. »Was für ein Lügner du doch bist.«
    »Heute ausnahmsweise nicht. Du hast meine Seele und das Leben eines Mannes gerettet.«
    »Hm?«
    »Nichts. Ich erklär’s dir ein andermal. Schlaf.«
    »Die Königin hat gesagt, sie will Patin stehen«, berichtete Juliana, während ihr die Augen schon zufielen. »Also sollten wir sie Katherine nennen, was meinst du?«
    John war nicht übermäßig entzückt von dem Namen, aber er wusste, dass ihnen nichts anderes übrig blieb.
    »Meine Großmutter hieß auch so«, fügte Juliana hinzu.
    »Richtig«, erinnerte er sich. Plötzlich gefiel ihm der Name schon viel besser. »Dann ist es abgemacht.«
    Er küsste Juliana noch einmal auf die Stirn. Als er sicher war, dass sie fest schlief, nahm er ihr das klitzekleine Neugeborene behutsam ab, um es in aller Ruhe zu betrachten.

Waringham, April 1423
    D er Sonnabend der Pferdeauktion brach klar und wolkenlos an, doch wie für die Jahreszeit üblich, hielt der Tag nicht, was der Morgen versprochen hatte. Die Vorführungen auf den Übungsplätzen des Gestüts fanden teilweise bei heftigen Gewittern statt, sodass die jungen Schlachtrösser gleich beweisen konnten, wie gelassen sie angesichts von Donner, Blitz und Platzregenblieben. Während der Auktion selbst strahlte wieder die Sonne, doch später beim Bankett gingen Schneeschauer nieder. John fand sich an den Tag vor beinah genau zehn Jahren erinnert, da Harry zum König von England gekrönt worden war.
    Als der Abend dämmerte und die letzten Gäste sich verabschiedet hatten, tat er, was er schon zu Ostern hatte tun wollen. Irgendwie hatte er eine Woche lang immer einen guten Grund gefunden, es noch ein wenig vor sich her zu schieben. Aber heute war der Tag.
    Er stieg die Treppe zum Kellergewölbe des Bergfrieds hinab und sperrte die Tür zu Victor de Chinons Kerker auf, ehe er es sich noch einmal anders überlegen konnte.
    Im Licht der Fackel, die er in der Linken trug, sah er seinen Gefangenen nahe der Wand am Boden knien, offenbar im Gebet. Eigentümlich langsam hob Chinon den Kopf, als interessiere ihn nur

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