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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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diesen ganzen Firlefanz englischen Hofzeremoniells gern lustig machte, nannte den Earl den »offiziell bestallten königlichen Versohler«. John hingegen hielt die Verfügungen, die das Parlament und der Kronrat getroffen hatten, nicht für Firlefanz. Immerhin war es das erste Mal in der Geschichte, dass England einen Säugling zum König bekommen hatte. Nur zweimal war es überhaupt je geschehen, dass ein Kind auf dem Thron gesessen hatte. Es war eine missliche, gar gefährliche Situation für ein Land, und nicht für jedes Problem, vor welches die Lords sich gestellt sahen, gab es in der Vergangenheit einen Präzedenzfall. Doch ihre war die schwierige Aufgabe, Land und König sicher durch die Zeit seiner Minderjährigkeit zu führen und vor allem dafür zu sorgen, dass aus dem Knaben ein guter, starker Herrscher wurde. Die Maßnahmen, die sie zu diesem Zweck ergriffen, mochten teilweise ein wenig eigentümlich anmuten, aber John fand die übergroße Sorgfalt des Kronrats beruhigend.
    Und es war auch nicht so, dass Warwick seines undankbaren Amtes oft walten musste, im Gegenteil. Der kleine König war ein so folgsamer Junge, dass er bei den Damen und seinen frommen Schulmeistern Entzücken, bei den Rittern manches Mal verständnisloses Kopfschütteln hervorrief. Vor allem die älteren, die seinen Vater hatten aufwachsen sehen, konnten nicht fassen, wie vernünftig, besonnen und vor allem wie artig dieses Kind war. Trotzdem – sobald der Name Warwick fiel, dachte der König zwangsläufig an seine Fehltritte, die er seitdem letzten Besuch seines Vormunds begangen haben mochte, und so war es nicht verwunderlich, dass Henry wohl jeden Lord in England lieber sah als Warwick.
     
    »Sire.« Kardinal Beaufort und der Earl of Warwick verneigten sich, als der König in Johns und Porters Begleitung die kleine, behagliche Halle betrat.
    »Onkel. Sir Richard. Seid uns willkommen«, begrüßte Henry sie förmlich. Er beherrschte diese Rituale schon ebenso virtuos wie das verhaltene, huldvolle Lächeln. »Wo wart Ihr nur zu St. Georg, Onkel?«, fragte er dann, während er mit Johns Hilfe auf seinem hohen Sessel an der Tafel Platz nahm. »Wir haben Euch vermisst bei der Hosenbandzeremonie.«
    »Niemand bedauert mehr als ich, dass ich sie dieses Jahr versäumen musste, Sire«, antwortete Beaufort wahrheitsgemäß, während er sich ihm gegenübersetzte. »Aber es ging leider nicht.«
    »Wart Ihr verhindert?«
    Beaufort zeigte ein Lächeln, welches verdächtige Ähnlichkeit mit einer schmerzlichen Grimasse hatte. »So könnte man sagen.«
    »Aber wieso …«
    »Sire, ich glaube, es ist unverkennbar, dass seine Eminenz dieses Thema lieber beschließen würde«, warf Warwick mahnend ein. Er sagte es in aller Höflichkeit. Richard Beauchamp, der Earl of Warwick, sprach immer in gemäßigtem Tonfall und erhob niemals die Stimme. Von allen Rittern der legendären Tafelrunde des Hosenbandordens war er derjenige, der dem arturischen Ideal am nächsten kam. Er hatte es sich gänzlich zu Eigen gemacht und war stets bemüht, danach zu leben und ihm gerecht zu werden. Das war weiß Gott nicht einfach, und John bewunderte Warwick für seine Disziplin, seine Spiritualität und hohe Gesinnung. Doch Warwick war in solchem Maße die Verkörperung einer Idee geworden, dass man den eigentlichen Mann, die wahre Persönlichkeit hinter dieser Maske kaum noch erahnen konnte.
    Und die Maske verunsicherte den kleinen König regelmäßig. Beschämt senkte er jetzt den Kopf. »Vergebt mir, Sirs. Das habe ich nicht gemerkt.«
    »Nein, wie solltest du auch, mein König«, rief eine warme Stimme lachend von der Tür. »Was im Einzelnen unter diesem roten Kardinalshut vorgeht, das wissen wahrhaftig nur Gott und der zum Hut gehörige Kardinal.« Und mit diesen Worten kam Lady Joan Beaufort in die Halle gesegelt, die John gerne als die warmherzigste Frau Englands bezeichnete. Sie war die Schwester des Kardinals, aber John hatte sie erst kennen gelernt, als sie nach dem Tod ihres letzten Gemahls, des mächtigen Earl of Westmoreland, an den Hof gekommen war.
    Früher hatte John sie nur wahrgenommen, wenn Beaufort gelegentlich den Namen einer seiner ungezählten Neffen und Nichten erwähnte, die aus den beiden Ehen seiner Schwester hervorgegangen waren. Wie viele Kinder sie denn eigentlich habe, hatte John sie einmal gefragt, und nach kurzem Überlegen hatte Lady Joan ihm augenzwinkernd geantwortet: »Fünfzehn, wenn mich nicht alles täuscht.«
    Und damit nicht

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