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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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gesteckt, Engel?«
    »Auf der Pferdekoppel«, antwortete die Kleine und schlug die Augen nieder.
    »Woraus du schließen darfst, dass deine Tochter alles andere als ein Engel ist«, fügte Juliana trocken hinzu, setzte sich neben John auf die Bank und drückte unauffällig seine Hand.
    »Das arme Kind kommt auf seine Mutter«, warf der Kardinalein. Die schwarzen Augen leuchteten, als er seine Enkelin betrachtete. Er vergötterte die kleine Kate und war Wachs in ihren Händen.
    »Ich fürchte, Ihr habt Recht, Mylord«, gestand Juliana seufzend. »Ich habe sie ja nur gefunden, weil ich selbst nach den Fohlen schauen wollte.« Sie nahm die rundliche Hand ihrer Tochter kurz in die Linke und küsste die Fingerspitzen. »Und sind sie nicht hinreißend, Kate?«
    Die Sechsjährige nickte heftig und berichtete ihrem Vater ausführlich von ihren Erlebnissen an diesem Nachmittag.
    Ein weiterer Page kam mit einer Schüssel herein, ein reines Leintuch über dem Arm. Das Becken enthielt lauwarmes Wasser, in welchem ein paar Rosenblätter schwammen, und der Junge kniete vor dem König nieder und hielt es ihm ehrerbietig hin. Henry tauchte die Hände hinein – so kurz, dass das Auge kaum folgen konnte – und wollte sie abtrocknen, doch auf Julianas unüberhörbares Räuspern steckte er die Hände nochmals in das wohlriechende Wasser, machte emsige Waschbewegungen und spritzte den Pagen in seinem Eifer ein wenig nass. Erst nach dieser gründlichen Reinigung trocknete er sich die Hände ab und erntete ein anerkennendes Nicken von Juliana.
    John sah verstohlen von seiner Frau zu seinem König und weiter zu seiner Tochter, und wie so oft dankte er Gott für das Geschenk dieser vergangenen sechs Jahre, die die glücklichsten seines Lebens gewesen waren.
    Da Raymond während dieser Zeit fast ununterbrochen mit dem Duke of Bedford in Frankreich im Krieg gewesen war, hatte John seine Zeit zwischen dem Hof und Waringham aufteilen müssen. Doch der königliche Haushalt hielt sich immer in den Palästen entlang des Themsetals auf, oft in Kent und selten weiter westlich als Windsor, und dadurch war es nie schwierig gewesen, den Verpflichtungen als Steward von Waringham und als Leibwächter des Königs gleichermaßen gerecht zu werden. Und wo immer John war, waren auch Juliana und Kate. Seine Frau war nicht nur eine enge Freundin der Königingeworden, sondern auch eine der offiziellen Gouvernanten des Königs, was ihre Anwesenheit in dessen Haushalt ebenso erforderte wie Johns.
    Wenngleich Gloucesters Protektorat und der Krieg auf dem Kontinent für manche Krise gesorgt hatten, waren es für John und Juliana und alle Angehörigen des kleinen Hofs beschauliche, meist friedvolle Jahre gewesen. Sie alle kamen in gewisser Weise in den Genuss der behüteten Abgeschiedenheit, in welcher der König aufwuchs. Und es war eine befriedigende, lohnende Aufgabe, diesen König zu beschützen und zu unterrichten. Henry besaß einen wachen Verstand, ein großes Herz, tiefe Frömmigkeit und für einen siebenjährigen Knaben ein erstaunlich ausgeprägtes Ehrgefühl. Gute Eigenschaften für einen König.
    »Wo steckt die Königin, Juliana?«, fragte Lady Joan.
    Ihre Nichte schüttelte den Kopf. »Sie hat vorhin über Kopfschmerzen geklagt und wollte sich hinlegen. Vielleicht sollten wir nicht auf sie warten; sie sagte, sie wisse noch nicht, ob sie zum Essen kommen könne.«
    Lady Joan klatschte in die Hände und wies die herbeigeeilte Dienerschaft an: »Ihr dürft auftragen. Damit uns der König von England nicht vom Fleisch fällt.«
     
    Owen Tudor war dankbar, dass nicht er in der Rolle des kleinen Königs steckte, sondern in der Themse baden konnte, wann immer er wollte. In der Dämmerung suchte er sich im Wald ein stilles Plätzchen am Ufer, legte die Kleider ab und sprang mit einem satten Platschen in die Fluten.
    John hat nicht ganz Unrecht, fuhr es ihm durch den Kopf. Das Wasser war so eisig kalt, dass er einen Moment fürchtete, ihm werde das Herz stehen bleiben. Es war eben erst Anfang Mai, und auch wenn das Wetter schon sommerlich war, hatte der Fluss noch nicht viel Zeit gehabt, sich zu erwärmen. Aber dann begann Tudor zu schwimmen, und nach wenigen Augenblicken spürte er die Kälte nicht mehr. Mit kräftigen Zügen zerteilte er das Wasser, erfreute sich an der Kraft seiner Armeund Beine und dem klaren, sauberen Nass. Die Strömung der Themse war stark und besonders im Frühling an manchen Stellen tückisch. Doch Owen Tudor war ein hervorragender

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