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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Kopf über die zarten blauen Blüten.
    John hatte sich erhoben und nahm Julianas Hand. »Ist irgendwas?«, fragte er gedämpft.
    Sie runzelte verwundert die Stirn. »Was soll denn sein?«
    »Du … siehst nicht gut aus.«
    »Oh, wärmsten Dank. Schmuddelig, meinst du wohl. Das ist beim Blumenpflücken passiert.«
    »Ich meine blass. Bekümmert.«
    Du kennst mich viel zu gut, dachte sie beunruhigt. »Es geht mir fabelhaft«, versicherte sie, setzte sich dann neben den König und erzählte ihm von seinem Großvater, welcher der erste Lancaster-König gewesen war und diese Blume zu seinem Emblem gewählt hatte, sodass sie neben der roten Rose ein Erkennungszeichen der Anhänger des Hauses Lancaster geworden war.
    John stellte einen Fuß auf die Steinbank und betrachtete seine Frau. Juliana war dreiundzwanzig, doch manchmal erschien sieihm immer noch mädchenhaft, vor allem in Augenblicken wie diesem, da es ihrer Erscheinung an damenhafter Makellosigkeit mangelte. In Wahrheit war sie jedoch eine erwachsene und, wie er oft dachte, eine zufriedene, selbstsichere junge Frau. Sie sagte gelegentlich, sie wisse überhaupt nicht, was alle Welt an der Jugend finde, sie jedenfalls sei glücklicher, je älter sie werde. Von ihrer Kindheit war ihr vor allem die Einsamkeit in Erinnerung geblieben, das Heranwachsen schien ihr aus heutiger Sicht ein langes Jammertal quälender Unsicherheit und beschämender Gefühle gewesen zu sein. All das lag nun hinter ihr. Obwohl sie ein Vagabundendasein führte und es sie morgen nach Waringham, übermorgen nach Westminster oder nächste Woche nach Leeds verschlagen mochte, hatte sie das Gefühl, sie war angekommen.
     
    »Die Königin war schon wieder nicht beim Essen«, bemerkte John, als Juliana aus der kleinen Nebenkammer ihres Quartiers kam, wo sie Kate zu Bett gebracht hatte. Eigentlich gehörte das zu den Aufgaben der Amme, doch Kate fing neuerdings jeden Abend an zu weinen, wenn sie schlafen gehen sollte, und gebärdete sich so unmöglich, dass niemand außer ihrer Mutter mit ihr fertig wurde.
    »Nein, ich hab’s gesehen«, antwortete Juliana leise, um das Kind nicht zu stören.
    »Denkst du, sie ist krank?«
    »Unsere Kate?«, fragte Juliana erschrocken.
    »Wir sprachen von der Königin«, erwiderte er halb amüsiert, halb ungeduldig.
    »Oh. Nein, nein.« Juliana nahm ihm gegenüber in einem der bequemen, kleinen Sessel am Kamin Platz. »Sie wollte Gloucester nicht begegnen und hat deshalb heute Abend ihren Schatzmeister zu sich zitiert, um die Frühjahrsabrechnung mit ihm durchzugehen. Das dauert. Unsere Königin ist schließlich eine reiche Frau mit großen Ländereien.«
    »Ihr Schatzmeister ist Richard Epping, und der war beim Essen«, gab John zurück.
    »Tatsächlich?«, fragte Juliana zerstreut, hob den Kopf undlauschte. Leises Weinen war aus dem Nachbarraum zu erahnen. Sie machte Anstalten, sich zu erheben.
    »Bleib sitzen, Juliana.«
    Sie warf ihrem Mann einen unglücklichen Blick zu. »Aber sie fürchtet sich im Dunkeln.«
    »Das vergeht.«
    »Wie kannst du nur so hartherzig sein?«
    John wandte seufzend den Kopf ab. Er war nicht hartherzig, und Kate war sein Augenstern. Es mache einen Mann schwach, eine Tochter zu haben, die er liebt, hatte Beaufort einmal zu ihm gesagt. John wusste inzwischen, dass das stimmte. Es kostete ihn jedes Mal Mühe, streng mit Kate zu sein, so wie vorhin, als er ihr unwillkommene Folgen angedroht hatte, falls sie nicht augenblicklich gehorchte und artig zu Bett ging. »Wenn es nach dir ginge, würde ich ihr jeden Eigensinn durchgehen lassen und jeden Wunsch von den Augen ablesen. Aber was für ein Mensch soll dann aus ihr werden? Wie wir alle muss sie lernen, dass es Regeln gibt.«
    »Sie ist erst sechs Jahre alt«, protestierte Juliana.
    Er nickte. »Alt genug.«
    Sie schnaubte angewidert, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte in den kalten Kamin.
    John wies auf den Kerzenstummel in dem schlichten Zinnleuchter auf dem Tisch. »Falls sie immer noch weint, wenn die Kerze erloschen ist, kannst du meinetwegen nach ihr sehen, aber ich wette mit dir, bis dahin ist sie längst eingeschlafen.«
    Juliana antwortete nicht.
    Es gab kein Thema, über welches sie so häufig stritten wie über ihre Tochter. John verstand, dass Juliana die kleine Kate um jeden Preis vor der bösen Welt beschützen wollte, weil sie ihr einziges Kind war und bleiben würde. Zwei neuerliche Fehlgeburten seit Kates Geburt hatten ihnen vor Augen geführt, dass ihre Tochter

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