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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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hatte Raymond sie erreicht, riss ihr den schweren Pokal aus den Fingern und schleuderte ihn aus dem Fenster. »Du hast deinen letzten Tropfen Wein getrunken, Lady Eugénie, ich schwör’s bei Gott.«
    Sie wich vor ihm zurück, schlug die Hände vors Gesicht und fing bitterlich an zu weinen. Er hörte, dass sie verzweifelt war und sich fürchtete. Aber er verschloss sich gegen sein Mitgefühl.
    »In einer Stunde«, sagte er im Hinausgehen zu Rose.
     
    Mit gesenktem Kopf eilte Raymond die Stufen hinab, immer noch völlig außer sich. Er verließ den Bergfried, wandte sich nach rechts, umrundete das beinah quadratische Gebäude und kam auf der Rückseite in den Rosengarten. Sofort fühlte er sich ein wenig besser. Die Ruhe und Schönheit dieses Ortes waren so mächtig, dass sie selbst auf ein Urgestein wie Raymond of Waringham ihre Wirkung nicht verfehlten. Allmählich verwandelte sein wütendes Stapfen sich in einen natürlicheren, leichten Schritt, während er zwischen den Büschen und kleinen Hecken über das kurz geschnittene Gras lief, und als er das Ende des Gartens an der Südmauer der Burg fast erreicht hatte, traf er seinen Sohn.
    Der Junge saß auf einer der steinernen Bänke, hatte die Knie angezogen und die Arme darum geschlungen und schaute ein paar Schwalben bei der Jagd am wolkenlosen Himmel zu.
    »Robert!«, rief Raymond aus und trat mit einem breiten Lächeln zu ihm.
    Der kleine Kerl fuhr leicht zusammen, und als er ihn entdeckte, sprang er auf.
    Was für ein blasser, magerer Hänfling, dachte Raymond beklommen. »Weißt du, wer ich bin?«
    Robert legte den Kopf schräg. »Mein Vater?«
    Raymond lachte. »So ist es.« Ihm ging auf, dass er keine Ahnung hatte, was ein Knabe in Roberts Alter von seinem Vaterfür eine Begrüßung erwartete. Gewiss war der Junge schon zu groß, um väterliche Umarmungen zu schätzen. Also fuhr er ihm über die blonden Locken – eine Spur zu rau vielleicht – und verbarg seine Unsicherheit hinter einem neuerlichen Lachen. »Erinnerst du dich überhaupt noch an mich?«
    »Ich fürchte, nein, Mylord, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Nun, das ist allein meine Schuld. Ich war zu lange fort.« Er setzte sich auf die Bank und zog Robert neben sich. »Es ist ein großer Krieg, den wir ausfechten, verstehst du. Das dauert seine Zeit.«
    Robert schaute unverwandt zu ihm auf. »Und werdet Ihr nun hier bleiben?«
    »Ein paar Wochen, schätze ich. Aber der Krieg ist noch nicht aus. Wenn du willst, erzähl ich dir davon.«
    Robert hatte nicht das geringste Interesse an Geschichten über diesen endlosen, fernen Krieg, aber er wollte nicht unhöflich erscheinen. »Das wäre sehr freundlich, Mylord.«
    Raymond legte ihm den Arm um die knochigen Schultern und zog ihn kurz an sich. »Sei nicht so förmlich, mein Junge. Ich weiß, ich bin ein Fremder für dich, aber ich bin trotzdem dein Vater. Wir werden uns schon kennen lernen, jetzt da ich hier bin, du wirst sehen. Reitest du gern zur Jagd?«
    Robert dachte unbehaglich an sein Pony, das er notgedrungen auf der Südweide gelassen hatte, da es sich tatsächlich nicht hatte einfangen lassen, nickte aber wahrheitsgemäß. »O ja, Sir.«
    »Gut! Dann lass uns morgen jagen. Sag mir, wer deine Freunde sind, und wir nehmen sie und ihre Väter mit und machen uns einen vergnüglichen Tag, nur unter Männern. Was hältst du davon?«
    »Ich hab keine Freunde«, eröffnete Robert ihm.
    Raymond runzelte verwundert die Stirn. Es gab eine Reihe Jungen in Roberts Alter auf der Burg, Söhne seiner Ritter, und im Dorf erst recht. »Wie ist das möglich?«
    »Die anderen Jungen hänseln mich wegen meiner Mutter«, erwiderte Robert achselzuckend. »Ich bin lieber allein.«
    Raymonds Brust zog sich zusammen. Er wusste, wie erbarmungslos Kinder zueinander sein konnten – sein Stiefbruder Mortimer und er hatten sich in dieser Kunst sehr hervorgetan, ehe sie Freunde wurden. »Ich kümmere mich um deine Mutter«, versprach er. »Du wirst sehen, die Dinge werden sich ändern.«
    Aber Robert war skeptisch. »Das hat Onkel John auch gesagt, als er zuletzt hier war. Er hat ihr stundenlang ins Gewissen geredet und alle angewiesen, dafür zu sorgen, dass sie nichts mehr zu trinken bekommt. Mägde, Ritter, Damen – alle. Aber es nützt einfach nichts. Sie ist listig und findet immer einen Weg, sich Wein zu beschaffen.«
    »Von heute an nicht mehr«, prophezeite Raymond grimmig. Notfalls würde er sie in ein Verlies sperren, bis sie ausgenüchtert war und zur Vernunft

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