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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Großtanteund fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. »John! Welch eine Freude, dich … Euch zu sehen.«
    Er hatte sich an die neuen Umgangsformen, die seine Krönung im November erforderlich gemacht hatte, noch nicht gewöhnt. Auch sie trugen zu seinem Gefühl von Verlassenheit bei.
    John neigte höflich den Kopf vor dem König. »Zeit zum Schlafengehen, Sire. Morgen brechen wir beim ersten Tageslicht nach Dover auf.«
    Joan Beaufort erhob sich aus dem bequemen Sessel am Feuer – erstaunlich graziös für eine so korpulente, nicht mehr junge Frau. »Dann wird es Zeit, dass wir uns verabschieden. Gute Nacht, mein König. Träumt süß. Und glückliche Reise. Ihr werdet sehen, die Zeit wird wie im Flug vergehen, bis wir uns wiedersehen, und dann werden wir zusammen über Euren heutigen Kummer lachen.«
    Der König begann eine artige Verbeugung, dann schlang er plötzlich die Arme um ihre Hüften und vergrub den Kopf in den Rockfalten.
    »Sire.« John sprach leise, aber sowohl der König als auch dessen Großtante hörten den Vorwurf in seiner Stimme.
    Lady Joan strich dem Jungen noch ein letztes Mal über die weichen Locken, ehe sie sich behutsam löste. »Seid nicht so streng mit ihm, Sir John.«
    »Nein, Madam.« Es klang sehr kühl.
    Joan Beaufort seufzte verstohlen und segelte hinaus.
    John rief die königlichen Kammerdiener herein und wünschte dem König eine angenehme Nachtruhe – bestrafte ihn mit formvollendeter Höflichkeit –, ehe er sich zurückzog. Auf dem zugigen Korridor sprach er kurz mit Cedric of Harley und dem jungen Ritter, der Tudors Platz in der Leibwache eingenommen hatte, und vergewisserte sich, dass trotz des großen Durcheinanders vor ihrem Aufbruch der Wachdienst für die nächsten zwölf Stunden geregelt war. Dann folgte er Lady Joan zu ihren luxuriösen Gemächern und klopfte vernehmlich an ihre Tür.
    »Ja, kommt nur herein, Waringham, wenn es Euch erleichtert, mich mit Vorwürfen zu langweilen.« Es klang ziemlich schnippisch. Wie alle Lancaster glaubte offenbar auch Joan Beaufort, dass Angriff immer die beste Verteidigung sei.
    Betont verhalten öffnete John die Tür und trat ein. »Ihr tut dem Jungen keinen Gefallen, Madam.«
    Sie stand an der geschnitzten Kommode am Fenster und war offenbar gerade dabei, ihre Ringe abzuziehen. Zwei lagen bereits auf der polierten Holzplatte, und die großen Edelsteine funkelten im Kerzenschimmer. »Oh, aber Ihr tut ihm einen Gefallen, ja? Ihr verschleppt ihn nach Frankreich, wo ihm eine Welle von Feindseligkeit entgegenschlagen wird, und wollt ihm dort eine Krone aufs Haupt setzen, die ihm eine lebenslange Bürde sein wird. Und auch wenn er erst acht Jahre alt ist, weiß er doch schon ganz genau, was ihn erwartet. Was es bedeutet. Aber fürchten darf er sich nicht, nein?« Wütend klappte sie den Deckel der Truhe auf, und ihre Ringe rollten klimpernd davon. »Gott verflucht !«
    John trat näher, kniete sich neben der Truhe auf die steinernen Bodenfliesen und steckte die Hand in den Spalt zwischen Rückwand und Mauer. »Er hat keinen Grund, sich zu fürchten. Es ist nur das Fremde, das ihm Angst macht. Wir werden schon dafür sorgen, dass ihm nichts geschieht.« Er schaute auf und sah Joan in die Augen, während seine Hand weiter vergeblich nach ihren Ringen suchte. »Ich sage nicht, dass sein Amt ein leichtes ist. Kein so junger Mensch sollte eine solche Last tragen müssen. Aber wir können sie ihm nicht abnehmen, Madam. Wir können ihm nur helfen, sie zu tragen. Und er wird sie nur tragen können, wenn er lernt, sich zu beherrschen. Es ist nicht recht, dass Ihr ihn ermuntert, sich gehen zu lassen und an Eurer Schulter auszuweinen.«
    Sie schnaubte wie ein Walross. »Und was habt Ihr getan, als Ihr in seinem Alter wart, wenn Ihr Kummer hattet? Seid Ihr nicht zu Eurer Mutter gelaufen – Gott hab diese wundervolle Frau selig –, um Euch bei ihr auszuweinen?«
    »Ich fürchte, Eure Ringe haben sich in Luft aufgelöst, Lady Joan …«
    »Zur Hölle mit meinen Ringen! Gebt Antwort!«
    John stand vom Boden auf. »Ich weiß es nicht mehr. Als ich so alt war wie Henry, hatte ich nichts als Pferde im Sinn. Ich glaube nicht, dass ich zu der Zeit oft Kummer hatte. Sobald mein Lehrer mich laufen ließ, war ich nur im Gestüt meines Vaters. Und wenn ich vom Pferd gefallen bin, was etwa ein Dutzend Mal am Tag geschah, und mir wehgetan hab, hab ich alles daran gesetzt, nicht zu heulen. Damit die Stallburschen mich nicht verspotten.« Er hob kurz die

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