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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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auf die Knie, wandte sich der störrischen Truhe zu und warf sich mit der Schulter dagegen. Endlich rührte sie sich und rutschte mit einem quietschenden Protestlaut einen Spann nach vorn.
    »Würdet Ihr mir jetzt endlich verraten, was Ihr da tut, Waringham?«, fragte der Kardinal.
    »Mir sind zwei von Mutters Ringen hinter die Truhe gefallen, Henry«, erklärte seine Schwester.
    Jetzt konnte John den Arm ein gutes Stück weiter hinter die Rückwand stecken, und fast sofort ertastete er eines der kostbaren Schmuckstücke. Triumphierend hielt er es hoch, wischteStaub und Spinnweben an seinen Hosen ab und legte seine Trophäe auf die Fensterbank, ehe er seine Suche fortsetzte.
    Der zweite Gegenstand, den er ans Licht förderte, war indessen kein Ring, sondern eine ovale Silberschatulle. Sie war etwa so groß wie ein Hühnerei, mit einem feinen Rankenmuster und eigentümlichen Symbolen verziert, die John nie zuvor gesehen hatte. Er befreite auch dieses Fundstück vom Staub und hielt es Lady Joan auf der ausgestreckten Linken hin. »Ihr habt offenbar noch mehr Kleinodien verloren, Madam.«
    Neugierig nahm sie es in die Hand. »Nein, das gehört mir nicht. Was ist es? Ein Reliquiar?«
    Sie reichte es ihrem Bruder, der es einen Augenblick mit undurchschaubarer Miene begutachtete. Dann ertastete er den beinah unsichtbaren Schließmechanismus und ließ es aufschnappen.
    John hatte inzwischen auch den zweiten Ring gefunden. Er rückte die Truhe an ihren Platz zurück und trat dann zum Kamin. Über die Schulter des Kardinals betrachtete er den Inhalt der kleinen Schatulle.
    »Eine Haarlocke?«, murmelte Lady Joan. »Wie romantisch …«
    John schüttelte verständnislos den Kopf. »Aber das ist Henrys Haar.«
    Der Kardinal schaute zu ihm hoch. »Seid Ihr sicher?«
    »Was soll das heißen, bin ich sicher? Seht doch selbst. Es ist unverkennbar, oder?«
    Der König hatte helleres Haar als sein Vater und die meisten übrigen Lancaster. Es war unterschiedlich schattiert, mal dunkelblond, mal hellbraun, als habe die Natur sich einfach nicht entscheiden können, ob er die Haarfarbe nun von Vater oder Mutter erben solle. Und obwohl die Strähne in der Schatulle höchstens halb so dick war wie Johns kleiner Finger, gab sie diese Zweifarbigkeit genau wieder.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Lady Joan verwirrt. »Hat die Königin je diese Gemächer bewohnt? Wer außer Ihr könnte eine Haarlocke von Henry besitzen?«
    Ihr Bruder schüttelte den Kopf. »Gloucester.«
    »Was?«, fragten John und Lady Joan verständnislos im Chor.
    »Dies war meist Gloucesters Quartier, wenn er in der Vergangenheit in Westminster weilte. Seines und das seiner schönen Gemahlin, Lady Eleanor Cobham.« Er sprach den Namen mit unverkennbarem Abscheu aus.
    Das sieht ihm nicht ähnlich, fuhr es John durch den Kopf. Kardinal Beauforts Schwäche für Frauen erstreckte sich normalerweise auf jede Vertreterin dieses Geschlechts. »Und was sollte sie mit einer Haarlocke des Königs?«, fragte John.
    »Ich glaube nicht, dass Ihr das wirklich wissen wollt.« Beaufort erhob sich, trat ans Feuer und warf die Haarsträhne hinein.
    »Henry!«, rief seine Schwester erschrocken aus. Die Person des Königs war sakrosankt. Man durfte sein Haar nicht so ohne weiteres ins Feuer werfen.
    »Glaub mir, es ist das Beste so, Joan.« Er wirkte mit einem Mal sehr grimmig. »Die Schatulle behalte ich, wenn du keine Einwände hast.«
    »Aber … aber was hast du damit vor?«, wollte sie wissen.
    »Ich werde sie gut aufheben. Bis zu dem Tag, da sie mir und uns allen nützlich sein kann.«
    »Ich habe wieder einmal keine Ahnung, wovon du eigentlich sprichst, Bruder«, gestand Lady Joan resigniert.
    Wortlos hielt er ihr die geöffnete Schatulle hin. Erst jetzt erkannten Lady Joan und John, was unter der Haarlocke des Königs verborgen gewesen war: In die glatte Silberfläche war ein fünfzackiger Stern – ein Pentagramm – eingeprägt.
    »Verstehst du mich jetzt?«
    Lady Joan und John tauschten einen entsetzten Blick.
    »Mylord …«, begann John, aber der Kardinal schüttelte den Kopf und wandte sich zur Tür.
    »Ich weiß, Ihr habt in den vergangenen sieben Jahren kaum etwas anderes getan, als den König zu hüten, John. Aber von nun an solltet Ihr Eure Anstrengungen verdoppeln.«
    »Das wäre leichter, wenn Ihr offener zu mir wäret.«
    Mit einem leisen Lachen öffnete Beaufort die Tür. »Ich bin so offen zu Euch wie Ihr zu mir, mein Sohn.« Er trat auf den Korridor hinaus und

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