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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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wäre um ein Haar mit Simon Neville zusammengestoßen, Somersets einstigem Knappen, der seit zwei Jahren zur königlichen Leibwache gehörte. »Nanu, Neville, so stürmisch?«
    »Ich bitte um Vergebung, Eminenz. Könnt Ihr mir zufällig sagen, wo ich John of Waringham finde?«
    John hörte an der Stimme, dass der junge Ritter keine Freudenbotschaft brachte. »Ich bin hier, Simon.«
    Neville trat ein und verneigte sich artig vor Joan. »Gott zum Gruße, Tante. John, ich muss dich dringend sprechen.«
    John kniff die Augen zusammen und versuchte, sich zu wappnen. »Ist dem König etwas zugestoßen?«
    »Nein. Es geht um meinen Bruder Alexander, deinen Hauskaplan. Eben kam ein Bote aus Waringham. Er …« Neville schaute kurz zu Boden, dann nahm er sich zusammen und sah John wieder an. »Alexander ist auf der Treppe gestürzt und hat sich den Hals gebrochen.«

Calais, Mai 1430
    W ahrlich und wahrlich, John, Ihr hört mir überhaupt nicht zu!«, beklagte der König.
    John wandte den Blick vom Meer ab. »Ich bitte um Vergebung, Sire.«
    »Und Ihr seid grässlicher Laune. Seit Wochen.«
    John war erschrocken. »Ja, ich habe derzeit eine Menge Gründe, schlechter Laune zu sein, aber ich bedaure, dass man es mir anmerkt. Ich gelobe Besserung, mein König. Kommt. Wir wollten die Verteidigung der Burg studieren, richtig?«
    Sie waren die steile Treppe zum Wehrgang hinaufgestiegen. Von hier oben hatte man einen herrlichen Blick auf die Stadt und die See.
    Aber der König hatte nur mäßiges Interesse an Burgenarchitektur. Er lehnte sich an die sonnenwarmen Zinnen und strich sich das Haar zurück, welches die sanfte Maibrise ihm in die Augen geweht hatte. »Was ist es denn, das Euch bekümmert?«, fragte er.
    John unterdrückte ein Lächeln. Wie ernst und teilnahmsvoll dieser kleine Kerl zu ihm hochschaute. Mitgefühl, wusste John, war eine von Henrys schönsten Gaben. Doch was konnte er ihm sagen? Er vermisste Juliana und Kate. Manchmal wachte er morgens allein in seinem Quartier auf und fühlte sich innerlich ganz ausgehöhlt vor Einsamkeit. In den vergangenen Jahren hatte das Schicksal ihn zu sehr verwöhnt, und er war fast ständig mit seiner Frau zusammen bei Hofe gewesen. Das war kaum einem Mann vergönnt, schon gar nicht in Kriegszeiten, und wenn er beim Rasieren in den Spiegel schaute, redete er sich ins Gewissen und riet sich selbst, dankbar für all die Zeit zu sein, die Gott ihnen gemeinsam zugedacht hatte, auf die Zukunft zu hoffen und sich gefälligst in Geduld zu fassen. Es nützte nur nicht viel. Aber all das konnte er Henry unmöglich gestehen, dem er Vorhaltungen machte, wenn der Junge gar zu offen zeigte, wie sehr seine Mutter ihm fehlte.
    Außerdem sorgte John sich um die politische und militärische Lage hier in Frankreich. Die Jungfrau in der Rüstung verhinderte, dass die burgundischen Truppen Compiègne einnahmen, und ehe das nicht vollbracht war, konnten sie den König nicht nach Paris bringen. Philipp, der Herzog von Burgund, verlangte immer mehr Geld aus England zur Finanzierung seiner Truppen. Das Parlament daheim vertrat indessen die Auffassung, die eroberten Gebiete in der Normandie und anderen französischen Regionen müssten wohl genügend Einnahmen bringen, um den Krieg zu finanzieren. Die Menschen in England verstanden einfach nicht, wie schlimm die wirtschaftliche Lage in Frankreich nach den langen Kriegsjahren war. Burgund wurde ungeduldig und hatte mehrfach Boten des Dauphin empfangen, berichteten die Spione des Kardinals. Und Henrys Onkel Bedford war verbittert und müde. Bei HenrysAnkunft in Calais hatte er sein Amt als Regent von Frankreich niedergelegt, da ja nun der rechtmäßige König eingetroffen war, und John fragte sich, welche Rolle der Herzog, der den Krieg seit dem Tod seines Bruders so unermüdlich fortgesetzt hatte, in Zukunft noch zu spielen bereit war. Aber auch diese Sorgen wollte John dem König nicht aufbürden, denn ihm war daran gelegen, dass Henry sich möglichst unbeschwert und vor allem sicher fühlte.
    »John?«, fragte der König zaghaft. »Wollt Ihr nicht darüber sprechen? Ist es etwas, das ich nicht erfahren darf?«
    »Nein, Sire. Es ist das Schicksal Eures Cousins, des Earl of Somerset, das mir aufs Gemüt drückt.«
    »Wer ist das?«, fragte der Junge unsicher.
    »Edmund Beauforts älterer Bruder. Ihr kennt ihn nicht, weil er ein paar Monate vor Eurer Geburt in Gefangenschaft geriet. Seine Mutter und Edmund und auch der Kardinal bemühen sich seit Jahren, ihn

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