Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
Vom Netzwerk:
dir selbst den Gefallen.«
    Der Ältere sah kopfschüttelnd zu ihm auf. »Dich lässt das Ganze völlig kalt, he? Ich versteh dich nicht, John.«
    »Nein? Und ich dachte, du warst dabei, als sie sagte, sie würde eine Armee nach England führen, sobald ihre angeblichen Erzengel und Heiligen sie befreit hätten. Um den Herzog von Orléans aus dem Tower zu holen und uns Engländer zu lehren, ihren geliebten Dauphin fortan in Frieden zu lassen. Hast du das nicht gehört, Raymond?«
    »Bestimmt. Aber ich versteh ja kaum ein Wort von dem, was sie redet. Und wie dem auch sei. Sie führt große Worte, damit niemand ihre Angst sieht. Sie hat Schneid, oder?«
    John stützte die Hände auf die Tischplatte und beugte sich vor. »Sie ist gefährlich. Für die Kirche, für England und für seinen König. Zufällig obliegen mir die Sicherheit und das Wohlergehen dieses Königs. Und wenn ich deiner Jungfrau persönlich die Kehle durchschneiden müsste, um sie zu gewährleisten, dann würde ich keinen Moment zögern.«
    Damit verließ er die Halle, nahm im Vorraum eine Fackel aus einer Wandhalterung und ging in den Burghof hinaus. Er ärgerte sich über Raymond, aber gleichzeitig war er in Sorge um seinen Bruder. Er kannte ihn, und er ahnte, dass Raymond innerlich gegen diesen Prozess rebellierte, denn er hatte mehr als nur eine kleine Schwäche für Jeanne von Domrémy. John wäre wesentlich wohler gewesen, seinen Bruder bei Prozessende weit fort von Rouen zu wissen.
    Er ging zum Nordwestturm der Anlage, wo alle königlichen Leibwächter außer John ihr Quartier hatten, um mit seinen Männern den Wachdienst der nächsten Tage zu besprechen. Es war ein alter, dreistöckiger Turm, in dem es so fürchterlich zog, dass einem auf der Wendeltreppe regelmäßig die Fackel ausgeblasen wurde. Niemand war wild auf eine Unterkunft in diesem Gebäude. Im Erdgeschoss, wo die Wachquartiere lagen, war es noch erträglich. Weiter oben wurde es zugiger und finsterer, denn die Tür war neben ein paar schmalen Scharten die einzige Lichtquelle. Als John über die Schwelle trat, hörte er ein dumpfes Poltern und dann einen gedämpften Schrei.
    Stirnrunzelnd schaute er nach links, wo sich eine schmale Wendeltreppe ins Dunkle emporschraubte. Er wusste natürlich genau, wer dort oben eingesperrt war und geschrien hatte.
    Lass sie schreien, sagte eine kalte, scheinbar gelassene Stimme in seinem Kopf. Sicher haben die Engländer, die sie bei Les Tourelles abgeschlachtet hat, auch geschrien.
    Aber seine Füße schienen plötzlich ein Eigenleben zu führen und trugen ihn die schmalen Stufen hinauf.
    »Oh, heilige Jungfrau, steht mir bei!«, schrie Jeanne. Es klang so schrill, dass John angewidert den Mund verzog. Sie schien vollkommen hysterisch. »Jesus Christus, nein … nein …«
    Die Tür zu ihrem Verlies stand offen. Mit eingezogenem Kopf, die Fackel in der Linken, trat John hindurch.
    »Rys! Bernard! Talbot! Habt ihr den Verstand verloren?«
    Die drei Wachen wandten die Köpfe. Jeanne lag zwischen ihnen auf dem strohbedeckten Boden. Einer der Männer hatte ihre Handketten gepackt und ihre Arme über dem Kopf ausgestreckt. Der zweite hatte ihr Obergewand und das Wams zerrissen und eine Pranke um ihre Brust gekrallt, der dritte kniete in eindeutiger Absicht zwischen ihren Beinen und hielt ihre Knie umklammert, um sie zu spreizen. Als sie Johns Stimme vernahm, hörte Jeanne auf, sich zu winden und zu wehren, drehte den Kopf zur Seite und schloss die Augen. Tränen rannen unter ihren Lidern hervor, und ihre Lippen bewegten sich, als bete sie.
    Zum ersten Mal fiel John auf, wie lang und dicht ihre Wimpern waren.
    William Talbot, der offenbar als Erster an die Reihe kommen sollte, stand vom Boden auf, trat auf John zu und machte einen linkischen Diener. »Tut mir Leid, Sir John, aber niemand darf sie sehen oder mit ihr reden. Anordnung seiner Lordschaft, des Earl of Warwick.«
    »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    Der Soldat schüttelte emsig den Kopf. »Ehrlich wahr, Sir, ich schwör’s.«
    John ließ ihn achtlos stehen und trat auf die kleine Gruppeam Boden zu. »Nimm deine Hand da weg, John Rys, eh ich sie dir abschlage. Na los.«
    Rys grinste dümmlich. Als sein Blick zur Seite glitt, riss John das Schwert aus der Scheide und fuhr herum. Keinen Herzschlag zu früh: William Talbot stand mit gezücktem Dolch keine zwei Schritte vor ihm. John schlug ihm mit der Fackel die Klinge aus der Hand. Talbot jaulte auf, führte die verbrannte Hand instinktiv zum

Weitere Kostenlose Bücher