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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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doch, der das so gern sagt, nicht wahr?«
     
    Ein Raunen erhob sich in der dicht besetzten Kapelle, als man Jeanne von Domrémy am nächsten Morgen hereinführte. Fast klang es wie ein Zischen. Viele der Mönche, Priester, Adligen, Ritter und Bürger von Rouen, die Plätze gefunden hatten, glaubten, dass dieser Anblick dem des leibhaftigen Satans gefährlich nahe kam, und nicht wenige machten das Zeichen gegen den bösen Blick und bekreuzigten sich.
    Die zwölf Monate ihrer Gefangenschaft waren nicht spurlos an Jeanne vorübergegangen. Ihr Gesicht hatte jene kränkliche Blässe, die offenbar nur dunkle Verliese hervorbringen konnten. Das blonde Haar, inzwischen auf Kinnlänge gewachsen, war unsauber und strähnig. Sie hielt sich ein wenig gekrümmt, denn, so hatte John am vorherigen Abend in der Halle gehört, sie hatte sich von den Verletzungen, die sie sich bei ihrem wagemutigen Sprung in den Burggraben von Beaurevoir zugezogen hatte, noch nicht gänzlich erholt. Ihre Männerkleidung war inzwischen verschlissen und ausgefranst. Ein Ärmel ihres Wamses hatte einen langen Riss, der bei jeder Bewegung einen Blick auf ihren weißen Oberarm gewährte. Mancher Mann glaubte gar, das Schimmern ihrer Brust zu erhaschen.
    »Nehmt ihr die Ketten ab«, befahl Pierre Cauchon, der Bischof von Beauvais. Er war ein großer, dicklicher Mann um die fünfzig mit flinken, wässrigblauen Augen und ausdrucksloser Miene. Er wartete, bis die englischen Wachen seinem Befehl Folge geleistet hatten, ehe er die Gefangene ansprach.
    »Wie ich sehe, hast du deine Halsstarrigkeit nicht aufgegeben, Jeanne, und trittst wieder in diesem schamlosen Aufzug vor deine kirchlichen Richter.«
    Jeanne hob den Kopf und schaute ihn an. »Ich habe Euch die Gründe schon ein Dutzend Mal erklärt, Monseigneur, aber ich tu’s gern noch einmal, wenn Ihr wünscht.«
    Das Blau ihrer Augen war weit strahlender als Cauchons, ihre Miene trotzig. Erschöpft, aber noch lange nicht gebrochen, schloss John. Er hoffte inständig, dass sie Vernunft annehmen und Reue zeigen würde, ehe das Kollegium die hochnotpeinliche Befragung anordnete. Der Gedanke, was die Folterknechte aus diesem zarten Mädchenkörper machen würden, war abscheulich.
    »Kommen wir noch einmal auf deine Kindheit in Domrémy zu sprechen.« Cauchon faltete die Hände in den Ärmeln seines Gewandes und legte sie auf den fassrunden Bauch. Es war eine strenge Richterpose. »Wer hat dich gelehrt, die Burgunder zu hassen?«
    »Die Burgunder, Monseigneur. Sie fielen in Domrémy ein, plünderten die Scheunen, schändeten und mordeten. Es war nicht schwer, sie zu hassen.«
    »Aber das widerspricht Gottes Gebot, nicht wahr?«
    »Was sie taten, widersprach Gottes Gebot!«
    In dem entrüsteten Füßescharren, das darauf folgte, flüsterte Beaufort John zu: »Wo hat dieses Hirtenmädchen Rhetorik gelernt? Ich fange langsam an zu glauben, dass der Satan ihr die Worte eingibt.« Er trug einen schlichten schwarzen Mantel und eine Kapuze, die er tief ins Gesicht gezogen hatte. John verstand nicht so recht, warum der Kardinal unerkannt bleiben wollte. Möglicherweise, um die Ankläger mit seiner hohen Würde nicht nervös zu machen und aus dem Konzept zu bringen. Das erledigte die Gefangene ganz allein …
    »Wer hat dich im Glauben unterwiesen, dass du so viel über Gott und seinen Willen zu wissen glaubst, Mädchen?«, fragte Cauchon schneidend.
    »Meine Mutter.«
    »Was hat sie dich gelehrt?«
    »Gott zu lieben. In Demut zur Beichte und zur heiligen Messe zu gehen. Das Pater Noster , das Ave Maria und das Credo .«
    »Und doch hast du mit deinen Gespielinnen im Wald um einen Baum getanzt, den ihr den Feenbaum nanntet, nicht wahr?«
    Sie winkte ungeduldig ab. »Es war ein Spiel. Alle taten es.«
    »So? Ein ganzes Dorf von Heiden und Ketzern? Habt ihr nicht Girlanden für die Feen gebunden, um sie herbeizulocken?«
    »Ich bin eine treue Dienerin Gottes! Er ist es, der mich schickt!«, entgegnete sie aufgebracht.
    »Dann kehre in den Schoß seiner Kirche zurück und gehorche ihren Priestern«, donnerte Cauchon. »Sprich das Pater Noster hier vor all diesen Zeugen und lege sittsame Frauenkleider an, dann können wir vielleicht glauben, dass du Gottes Dienerin bist!«
    »Ich werde das Pater Noster sprechen, wenn Ihr mir zuvor die Beichte abnehmt, Vater.«
    Cauchon betrachtete sie mit einem betrübten Kopfschütteln. »Womit du uns beweist, dass du eine Ketzerin und eine Hexe bist, nicht wahr? Denn nur Ketzer verweigern

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