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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Armen packten und zurückrissen.
    Raymond sah sich nicht um. Ihm war gleich, wer es war; er kämpfte wie ein wütender Bär, um sich loszureißen, stierte unverwandt auf Warwick hinab und verfluchte ihn in unregelmäßigen Abständen.
    Die Earls of Warwick und Waringham waren niemals Freunde gewesen, und ihre Rivalität war Jahrzehnte alt. Bislang hatten sie trotzdem immer Frieden gehalten, weil ihnen bewusst war, dass sie eigentlich auf derselben Seite standen. Doch Raymonds widersprüchliche Empfindungen für die tapfere kleine Jungfrau, die langen Wochen des Prozesses, ihre Kapitulation vor zwei Tagen und der geballte Hass, den die mächtigen Männer in Rouen ihr entgegenbrachten, all das hatte an ihm gezehrt. Und selbst unter glücklicheren Umständen war Beherrschung nicht seine größte Stärke.
    »Ich schlag dir die Zähne ein, du verdammtes Schwein. Ich brech dir das Genick!«
    »Jetzt ist es genug, Sir!«, befahl eine helle, aber sehr energische Stimme.
    Raymond hörte auf, sich gegen die Hände zu wehren, die ihn hielten, und schaute über die Schulter. Bei der Gelegenheit stellte er fest, dass es sein Bruder und der Kardinal waren, die versucht hatten, ihn zu bändigen. Einen Schritt hinter John stand König Henry mit verschränkten Armen und grimmiger Miene und ließ Raymond nicht aus den Augen.
    »Was hat das zu bedeuten?«, verlangte der König zu wissen.
    Wäre die Lage nicht so bitterernst gewesen, hätte John den strengen kleinen König vermutlich drollig gefunden.
    »Kann ich dich loslassen?«, raunte er seinem Bruder ins Ohr.
    Raymond senkte einen Moment den Blick und nickte. John trat beiseite, und auch Beaufort ließ von ihm ab. Raymond wandte sich zu Henry um und verneigte sich wortlos.
    Warwick war längst auf die Füße gekommen. Nicht mit dem Ärmel, sondern mit einem kleinen Seidentuch, das er aus dem Beutel zog, wischte er sich über die blutige Nase, ehe auch er sich vor dem König verbeugte. Dann knurrte er in Raymonds Richtung: »Morgen früh nach der Messe.«
    Raymond nickte. »Ich kann’s kaum erwarten.« Und an den König gewandt fuhr er fort: »Sire, ich bedaure, dass Ihr das mit ansehen musstet. Ihr erlaubt, dass ich mich zurückziehe?« Er wandte sich ab.
    »Nein.«
    Raymond blieb verdattert stehen.
    »Ihr schlagt meinen Vormund, den vornehmsten meiner Lords nieder, vor meinen Augen und noch dazu auf geweihtem Boden, und wollt Euch dann einfach davonmachen, Sir?«, fragte Henry erbost.
    Raymond stieß hörbar die Luft aus. »Der vornehmste Eurer Lords hatte nichts anderes verdient. Nun hat er mich gefordert, und wir werden die Geschichte morgen früh aus der Weltschaffen. Im Übrigen kann ich Euch nur bitten, meine aufrichtige Entschuldigung zu akzeptieren.«
    »Gentlemen, ich erlaube dieses Duell nicht«, teilte der König den beiden Earls mit.
    Alle Anwesenden sahen ihn verblüfft an. Es war das erste Mal, dass Henry von seiner königlichen Autorität Gebrauch machte.
    »Ähm, Sire …«, begann Bedford.
    »Ist es mein Recht, ein solches Duell zu verbieten, ja oder nein?«, unterbrach der Junge.
    »Das ist es«, bestätigte der Herzog. »Es ist nur … ungewöhnlich, das ohne triftigen Grund zu tun.«
    »Dann werde ich Euch meine triftigen Gründe nennen, Onkel. Erstens: Wir stehen im Krieg, und es ist eine sinnlose Verschwendung, wenn ein Engländer einen anderen erschlägt. Zweitens ist kein Blutvergießen Gott je gefällig.« Er wandte sich wieder an Raymond. »Ihr habt Euch ungebührlich und ehrlos verhalten, Sir, wahrlich und wahrlich. Ich verlange, dass Ihr Euch bei Warwick entschuldigt, und wenn er akzeptiert, werde auch ich es tun.«
    Raymond starrte ihn fassungslos an, die Lippen leicht geöffnet.
    Der Kardinal räusperte sich. »Sire, so unglaublich es Euch erscheinen mag, aber ich bin sicher, der Earl of Waringham hatte einen Grund für das, was er getan hat.«
    »Dann soll er ihn uns nennen«, verlangte Henry.
    Raymond klappte den Mund zu und schwieg beharrlich. Es war einfach völlig undenkbar, vor dem König zu wiederholen, was Warwick ihm angetragen hatte.
    »Nun, Sir?«, fragte Henry ungeduldig.
    Raymond deutete eine Verbeugung an. »Ich bedaure, mein König.« Dann sah er zum Duke of Bedford und erkannte, dass er von dort keine Hilfe zu erwarten hatte. Und weil er in diesem Gesicht lesen konnte wie in einem Buch, sah er auch, dass Bedford ein schlechtes Gewissen quälte. Er als Einziger hätte dem König sagen können, was vorgefallen war, ohne seine Ehrezu

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