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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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seinem Bruder die Schulter. »Reite nicht weiter als nötig unter diesem Mond, hörst du.«
    »Nein. Wir werden die Nacht in der Stadt verbringen und morgen zur Küste aufbrechen.«
    Die Brüder umarmten sich kurz.
    Dann warf Raymond sich sein bescheidenes Bündel über die Schulter. »Leb wohl, John.«
    »Leb wohl, Raymond.«
    »Ein verdammter Rotzbengel mag er sein, aber pass trotzdem gut auf ihn auf.«
    John nickte. Mit einem Mal hatte er einen dicken Kloß in der Kehle. Raymond bedachte ihn mit einem Schatten seines unbekümmerten Grinsens und trat auf den Gang hinaus.
     
    John überquerte den Burghof auf dem Weg zum Nordwestturm mit eingezogenem Kopf. Der Blutmond schien jetzt genau über ihm zu lauern, und das steigerte seine Unruhe. Er legte einen Schritt zu.
    Es war spät geworden, und das Erdgeschoss des dicken Turms war wie ausgestorben. Doch genau wie vor gut einer Woche hörte er Jeannes durchdringende, schrille Schreie die Treppe herabschallen. Dieses Gezeter klang immer so, als seien alle Teufel der Hölle los, aber John erkannte, dass das Mädchen heute Nacht schlimmere Angst und Not litt als beim letzten Mal. Dann fiel polternd eine schwere Tür zu, und ihre Stimme war wie abgeschnitten.
    John wurde heiß, und seine Hände waren plötzlich feucht. Was, wenn er zu spät kam? Und was in aller Welt sollte er tun, wenn es der Earl of Warwick selbst wäre, den er bei ihr vorfand?
    Entschlossener, als ihm zumute war, ging er auf die Treppe zu. Als er den Fuß auf die erste Stufe setzte, traf ihn ein mörderischer Schlag am Hinterkopf – hart genug, dass er glaubte, sein Schädel werde zerplatzen. Doch er war noch bei Bewusstsein, als er den Halt verlor und die Treppe zum Kellergewölbe hinabstürzte. Er überschlug sich einmal, zweimal, dann schien seine linke Schulter zu zerbersten, und sein Mund öffnete sich zu einem Schrei. Ein zweiter Schlag auf den Kopferlöste ihn von seinen Qualen, und weiche Dunkelheit umfing ihn.
    Nichts hatte sich gebessert, als er zu sich kam. Finsternis, die unverwechselbare Kälte eines Burgkellers, der Schmerz und der kalte Schweiß auf seiner Haut – für ein paar Herzschläge wähnte John sich in Jargeau und in den Händen von Victor de Chinon. Aber der Nebel um seinen Verstand, welchen die Panik hervorgerufen hatte, lichtete sich rasch, und er wusste wieder, was geschehen war, wo er war und warum.
    Langsam und vorsichtig richtete er sich auf und wimmerte dennoch. Keuchend kniete er in der Dunkelheit, hielt den ausgekugelten linken Arm mit der rechten Hand umklammert und versuchte den Mut aufzubringen, um aufzustehen. Er tat es schließlich, weil er wusste, dass er Hilfe brauchte und niemand kommen würde, um sie ihm zu gewähren.
    Als er stand, war er einen furchtbaren Moment lang überzeugt, dass er keinen Schritt weiter als bis hierher kommen würde, weil es einfach zu schlimm war. Jeder Muskel in seinem Körper schien plötzlich eine geheimnisvolle Verbindung direkt zu seiner linken Schulter zu haben. Der Schmerz flammte auf, wenn er nur einen Zeh bewegte. Er gönnte sich ein paar Atemzüge Pause, um neuen Mut zu sammeln, und sah sich derweil um. Es war fast völlig dunkel, aber eine Fackel am oberen Ende der Treppe warf einen schwachen Schimmer – genug, um ihm den Weg zu weisen. Tiefe Stille lag über dem Turm, und John hatte den Verdacht, dass er eine ganze Weile hier am Fuß der Kellertreppe gelegen hatte.
    »Es tut mir Leid, Raymond«, flüsterte er. »Ich hab nicht verhindern können, was immer geschehen ist, denn irgendwer hat gewusst, dass du mich schicken würdest …«
    Er stellte einen Fuß auf die unterste Stufe und stieß zischend die Luft aus. Dann biss er sich auf die Zunge. Leise, leise, schärfte er sich ein. Das Letzte, was er jetzt wollte, war eine Begegnung mit Talbot, Rys und Bernard. Die drei englischen Wachen der Jungfrau waren gewiss der Auffassung, dass sie mit John of Waringham noch ein Hühnchen zu rupfen hatten,und in seinem hilflosen Zustand wollte er ihnen lieber nicht in die Hände fallen.
    Er hatte Glück. Die ersten Wachen, denen er an der Eingangstür des Turms in die Arme lief, waren zwei seiner eigenen Männer.
    »Captain!«, rief der junge Fitzwalter erschrocken aus. »Was in aller Welt …«
    John war schlecht. Es kam ihm vor, als habe er Stunden bis hierher gebraucht, und jetzt fürchtete er, dass er wie ein Backfisch in Ohnmacht fallen werde, ehe er die Lage erklären konnte.
    Aber der andere der beiden Wächter, Cedric of

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