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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Wirtschaftsgebäude standen wild durcheinander und dicht gedrängt, und man konnte nicht ausmachen, wo die Palastanlage endete und das benachbarte Kloster begann.
    »Es ist ein bisschen wie mit unserem Gestüt daheim, weißt du«, erklärte Raymond, als sie durch das Haupttor in den ersten der Innenhöfe ritten. »Der Palast ist einfach immer größer und größer geworden, ohne dass sich je irgendwer die Mühe gemacht hätte, eine Erweiterung vorausschauend zu planen. Seit dem heiligen Angelsachsenkönig Edward haben Herrscher und Äbte nach ihren Vorstellungen etwas dazu gebaut. Viele dieser Könige und Kirchenfürsten waren große Männer, aber glaub mir, kein einziger von ihnen hätte es als Baumeister weit gebracht. Alles ist furchtbar unpraktisch. Die Abteilung des Lord Treasurer, die die Einnahmen der Krone verwaltet, ist am Ostende der Anlage, aber die Verwaltung der Ausgaben auf der Westseite. Ständig müssen die armen Schreiber daher bei Wind und Wetter mit ihren Büchern von einer Seite zur anderen rennen und …«
    Er brach ab, weil sein Bruder plötzlich aus dem Sattel glitt und ihn einfach stehen ließ. Der König hatte vor der St.-Stephens-Kapelle angehalten. Ein Page und ein junger Ritter eilten aus unterschiedlichen Richtungen herbei, aber John schlug sie beide. Er erreichte das Pferd des Königs als Erster und hielt Harry den Steigbügel, um ihm gleichzeitig das Absitzen zu erleichtern und seine Ehrerbietung zu bekunden.
    Harry stieg vom Pferd und nickte dem Jungen zu. »Ich merke, dass du schon viele Dinge weißt, die andere hier erst lernen müssen, John. Gewiss wirst du unter den anderen Knappen schnell Freunde finden. Wollt Ihr Euren Bruder zu ihnen führen, Raymond?«
    »Sie sind nicht hier, Sire«, warf der junge Oxford ein. »Sie sind heute früh mit Eurem Falkner und ein paar Vögeln fortgeritten, um sich irgendwo in der Beizjagd zu üben.«
    »Aber dort drüben ist Somerset«, bemerkte Raymond, wiesauf einen etwas schmächtigen Knaben, der auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes aus einem niedrigen, hölzernen Gebäude kam, und pfiff unfein durch die Zähne. Der Junge wandte den Kopf.
    »Sei so gut und komm her!«, rief Raymond.
    Der Knabe trabte herbei, verneigte sich tief vor dem König und wandte sich dann höflich an Raymond. »Ja, Sir?«
    »Hier, das ist mein Bruder. Führ ihn ein wenig herum, sei so gut. Such ihm ein Quartier und so weiter.«
    »Natürlich, Mylord.«
    Raymond saß ebenso ab wie die übrigen Begleiter des Königs und drückte seinem Bruder die Zügel in die Hand. »Bring die Gäule in den Stall.«
    »Was ist mit Vaters Brief?«
    »Ich geb ihn dir heute Abend. Jetzt troll dich.« Mit diesem typisch brüsken Abschiedsgruß folgte Raymond dem König in die Kapelle und überließ John seinem Schicksal.
    Der rang seine Scheu nieder und streckte dem fremden Knaben die Hand entgegen. »John of Waringham.«
    »Tatsächlich?« Der andere grinste breit und schlug ein. »John Beaufort. Aber alle nennen mich Somerset, weil es hier schon so viele Johns gibt. Nun haben wir noch einen mehr. Sei willkommen in Westminster, John of Waringham.«
    John sah den jungen Somerset erstaunt an. »Du bist … der Neffe des Königs.«
    Somerset schüttelte den Kopf. »Er ist mein Cousin. Unsere Väter waren Brüder.«
    »Und dein Vater war mein Pate.«
    Dieses Mal war Somerset derjenige, der staunte. »Ist das wahr?« Impulsiv schloss er John in die Arme. »Dann sind auch wir beinah so etwas wie Brüder!« Seine dunklen Augen leuchteten, und er klopfte ihm freundschaftlich die Schulter.
    John zuckte zusammen.
    Somerset zog die Hand zurück. »Vom Pferd gefallen?«
    John winkte verlegen ab. »Kleines Missgeschick in der Stadt heute früh.«
    »Du warst in London? Erzähl mir davon.«
    Und ehe John sich versah, legte er ein komplettes Geständnis ab: Die Flucht aus Waringham, die Nacht allein unter freiem Himmel, das Abenteuer mit den Banditen, die grauenvolle Hinrichtung in Smithfield und die Begegnung mit dem König.
    Somerset lauschte mit großen Augen. »Hm«, machte er schließlich und nickte. »Was für ein Tag. Bist du nicht hungrig?«
    »Doch«, gestand John. Er fand eigentlich, dass die Ketzerverbrennung ihm für Tage den Appetit hätte verderben sollen. Aber schon auf dem Ritt von Smithfield nach Westminster hatte sein Magen geknurrt.
    »Ich weiß, wie wir Abhilfe schaffen können. Komm. Lass uns die Pferde wegbringen, und dann mache ich dich mit Bess bekannt. Sie arbeitet in der

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