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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Brot und Wein durch die Wandlung zu Leib und Blut Jesu Christi werden?«
    Tanner schwieg. John sah sein Gesicht arbeiten. Es war unschwer zu erkennen, dass der Mann mit sich rang. Doch schließlich erwiderte er: »Ich würde es gern sagen, um Euch Eure Güte zu vergelten, mein König. Aber ich kann nicht ändern, was ich glaube: Brot und Wein sind nach der Wandlung geheiligtes Brot und geheiligter Wein. Nichts sonst.«
    Für einen Moment verriet die Miene des Königs seine Enttäuschung. Dann wurde sie verschlossen. Harry ließ die Schulter des Verurteilten los, stand auf und nickte den wartenden Männern zu. »Nehmt ihn und vollstreckt das Urteil.«
    Die Gesichter der Soldaten waren ausdruckslos, aber die verstohlenen Blicke, die sie einander zuwarfen, die gen Himmel verdrehten Augen verrieten, was sie von diesem königlichen Zwischenspiel hielten. Mit vorgetäuschter Geduld lasen sie den leise weinenden Tanner aus dem Gras auf, verfrachteten ihn wieder in sein Fass, ketteten ihn an und verschlossen die Tonne, ehe sie dem Scharfrichter halfen, das Feuer erneut in Gang zu bringen.
    Der König blieb mit dem Sheriff, dem Coroner, Raymondund seinen übrigen Begleitern zusammen stehen und wartete. Als die Flammen mannshoch züngelten und Tanner erst um Gnade flehte und dann zu kreischen begann, verschränkte er die Arme und hob fast unmerklich das Kinn.
    John konnte den König nicht länger anschauen. Auch das brennende Fass, das nach und nach auseinander fiel und den zuckenden, brennenden Ketzer enthüllte, sah er nicht mehr an. Die Schreie füllten seinen Kopf, sodass ihn zu schwindeln begann, und als der Gestank von verbranntem Fleisch sich auf dem Platz ausbreitete, sank der Junge auf die Knie, faltete die Hände, kniff die Augen zu und betete stumm.
    Raymond sah die Bewegung aus dem Augenwinkel, wandte den Kopf und entdeckte seinen jungen Bruder. »Oh, bei St. Georgs Eiern …«, flüsterte er. »Wie kommt der Bengel hierher?«
    Aber er rührte sich nicht. Gleich allen anderen fühlte auch er sich wie erstarrt von diesem entsetzlichen Schauspiel, und der Gestank schnürte ihm die Kehle zu. Wenigstens das Geschrei hatte aufgehört. Tanner war bewusstlos oder schon tot. Ganz gleich, was es war, Hauptsache, er hielt endlich das Maul, fand Raymond. Hatte er dem König nicht gleich gesagt, es sei eine miserable Idee? Aber Harry hörte heute weniger auf ihn als vor der Krönung …
    Das Feuer brannte allmählich herunter, und weder von dem Fass noch vom Verurteilten war irgendetwas übrig. Der Pfahl war umgefallen, gänzlich geschwärzt, und er glomm noch.
    Die Gaffer begannen sich zu zerstreuen. Die Anwesenheit ihres neuen jungen Königs erfüllte sie ebenso mit Unbehagen wie die schaurige Hinrichtung. Sie waren hergekommen, um einen verfluchten Ketzer brennen zu sehen, in der sicheren Gewissheit der eigenen Rechtschaffenheit zu erleben, wie ein Abtrünniger seine gerechte Strafe bekam. Aber sie waren nicht auf ihre Kosten gekommen. Mit gesenkten Köpfen huschten sie davon, sahen einander nicht in die Augen.
    »Sie schämen sich«, sagte Raymonds Stimme ungewöhnlich leise neben John.
    Der Junge rührte sich nicht. »Das tu ich auch.«
    »Dann geht’s dir wie mir.« Er legte ihm die Pranke auf die Schulter. »Du kannst die Augen wieder öffnen, Bruder. Es ist vorüber.«
    John bekreuzigte sich, schüttelte die Hand unauffällig ab und stand auf.
    Wortlos schauten die Brüder sich einen Moment an. Die Verstörtheit in Johns Blick half Raymond, die Fassung wiederzufinden. »Du bist ausgerissen, hab ich gehört?«
    »Vater hat dir einen Boten gesandt?«
    »Hm. Damit ich dich sicher in Empfang nehme. Nicht um dich zurückzuholen. Er hat dir einen Brief mitgeschickt.«
    Mit einem Mal schossen John die Tränen in die Augen. Hastig wandte er den Kopf ab und blinzelte sie weg. »Ich hab mich verirrt. Ich wollte nach Westminster, nicht zu dieser verdammten Hinrichtung …«
    »Nein, ich wollte auch nicht.« Raymond seufzte und nahm ihn wieder bei der Schulter. »Komm, ich stelle dich dem König vor.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, schob er John vor sich her zu der Stelle, wo Harry mit seinem übrigen Gefolge zusammenstand. Mickey trottete hinterher. Der Coroner, der Sheriff und ihre Leute rüsteten sich zum Abmarsch. Wer schafft die ganze Asche fort?, fragte sich John. Und was geschieht damit?
    »Sire«, sagte Raymond.
    Der König wandte sich zu ihnen um. Erst jetzt erkannte John, dass Harry auf der Brust seines Mantels eine

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