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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose
Autoren: Rebecca Gable
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Frankreich gefangen gewesen war. Und Somerset, wusste John, war ratlos, wie und wo er anknüpfen sollte.
    »Seit wann bist du zurück?«, fragte er unbeholfen.
    »Gestern in Dover gelandet«, antwortete Somerset. »Auf der Burg traf ich den Sheriff, der mir sagte, dass ich hier heute vermutlich alle Menschen treffen würde, die mir teuer sind …« Er ließ den Blick wieder über die vielen Hochzeitsgäste schweifen, suchte nach einem vertrauten Gesicht.
    Owen Tudor löste sich aus dem Menschenknäuel und kam auf sie zu. Erst gemessenen Schrittes. Dann rannte er. Ohne ein Wort drückte er Somerset an die Brust, als sei er wild entschlossen, ihm sämtliche Rippen zu brechen. »Oh, Junge. Ich glaub’s einfach nicht«, murmelte er.
    »Nein.« Somerset grinste flüchtig. »So geht’s mir auch. Gut, dich zu sehen, Tudor.«
    Der Waliser legte ihm die Rechte auf die Schulter. »Und dich erst.«
    John fasste sich allmählich. »Meine Tochter hat geheiratet, ich fürchte, ich muss mich in der Halle blicken lassen. Wie wär’s, wenn ihr beide euch die Treppe hinaufmogelt? Gleich über der Halle liegt ein stiller, behaglicher Raum, wo jetzt keine Menschenseele ist. Ich schicke Euch Wein und etwas Gutes von der Tafel, und sobald ich kann, stoße ich zu euch.«
    Somerset nickte erleichtert, und auch Tudor willigte ein. »Sorg dafür, dass irgendwer meine Brut hütet, sonst ist die Burg deines Bruder heute Abend geschleift.« Und damit führte er Somerset um die ganze Hochzeitsgesellschaft herum zum Eingang des Bergfrieds.
    John sah ihnen nach. Somersets breite Schultern betonten nur, wie dünn er war, und er ging ein klein wenig gebeugt, so als fürchte er, jeden Moment mit dem Kopf an einen Türsturz zu stoßen. Das modisch kurz geschnittene Haar war fast völlig grau.
    »Siebzehn Jahre«, murmelte John und schüttelte den Kopf. »Gott verfluche Humphrey of Gloucester. Ohne ihn hätte Somerset nach drei Jahren wieder hier sein können.«
    »Ich weiß, Liebster.« Juliana nahm seine Hand. »Und jetzt komm. Lass Kate nicht merken, wie es in dir aussieht.«
     
    Dank Tudors Hilfe hatte Somerset die Erschütterung über seine Heimkehr und das plötzliche Zusammentreffen mit lang entbehrten, einst vertrauten Menschen schneller überwunden, als er für möglich gehalten hätte. Sein walisischer Freund, wusste Somerset, begegnete den Wechselfällen des Schicksals wie eine Birke dem Wind: Er beugte sich, und wenn der Sturm sich gelegt hatte, richtete er sich wieder auf und stand fester denn je. Auf seine nüchterne Art erzählte er Somerset vom Tod der Königin und den Monaten im Newgate, und ehe der jüngere Mann es sich versah, redete er sich seinerseits die Einsamkeit, den Zorn und die Verzweiflung von der Seele, die mit jedem Jahr schlimmer geworden waren, da er von einer französischenBurg zur nächsten verfrachtet wurde wie eine herrenlose Reisetruhe, bis sich niemand mehr so recht zu erinnern schien, wer ihn wann und warum gefangen genommen hatte oder wer genau er eigentlich war. Er vertraute Tudor an, dass er vor vier Jahren im Winter einmal versucht hatte, sich am Dachstuhl des dicken Turms in Beaurevoir zu erhängen, sein Strick aber gerissen war und er sich bei dem Sturz den Knöchel gebrochen hatte. Als Tudor daraufhin in dröhnendes Gelächter ausbrach, war er erst schockiert, dann gekränkt, dann stimmte er mit ein. Und es war in diesem Moment, dass er sich zum ersten Mal frei fühlte, erlöst, entfesselt.
    Dann kamen sie. Einer nach dem anderen kam aus der Halle herauf, um ihn zu begrüßen und ihm zu sagen, wie froh sie über seine Heimkehr waren: sein Onkel Kardinal Beaufort, sein einstiger Knappe Simon Neville, Raymond of Waringham, dessen Sohn Daniel und ein paar andere. Somerset war ihnen dankbar, doch bald wurde ihm der Trubel zu viel. Da die Sonne unverändert schien, befolgte er Tudors Rat und schlich sich hinaus in den Rosengarten, um ein Weilchen allein zu sein.
    Er streifte die gepflegten Wege entlang, befühlte die zarten, ledrigen Blätter der Rosensträucher und suchte erfolglos nach den ersten Knospen. Schließlich setzte er sich auf eine der Bänke, schloss die Augen, hielt das Gesicht in die Sonne und lauschte den Vögeln.
    Als ein Schatten auf ihn fiel, öffnete er die Lider – langsam und unwillig. Wer nun schon wieder, fragte er sich, und dann sprang er eilig auf die Füße und verneigte sich. »Vergebt mir, Madam.«
    Vor ihm stand eine Elfe, so schien es im ersten Moment. Ein so zierliches Wesen,
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