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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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zeigen,Madam. Welcher Ritter könnte eine Dame von solcher Anmut …«
    »Heute Abend?«, unterbrach Raymond. Mortimer verstummte abrupt, weil die Stimme seines Stiefbruders mit einem Mal so argwöhnisch klang. »Ich bedaure, Freunde, aber das muss ein Irrtum sein.«
    »Kein Irrtum!«, rief das »Pferd« in einem eigentümlichen Singsang aus und begann, die beiden Reiter mit wilden Bocksprüngen zu umkreisen. »Kein Irrtum! Vor dem König soll’n wir tanzen und singen und singen und tanzen.« Ein irres Kichern, gefolgt von einem besonders halsbrecherischen Sprung, unterstrich diese Behauptung.
    »Und wer hat euch geschickt?«, fragte Raymond.
    »Der Stellvertreter des Lord Chamberlain«, antwortete ein Gaukler in einer Löwenmaske mit unverhohlenem Stolz und ließ triumphierend seine Schellen erklingen. Der Matrone entfuhr ein kleiner Schreckenslaut, der auf einmal gar nicht mehr nach einer Fistelstimme klang, und sie hob eine große Hand, als wolle sie die Worte ihres Kameraden fortwischen.
    »Tatsächlich?«, erkundigte Raymond sich liebenswürdig. »Dann ist es verflucht seltsam, dass ich davon nichts weiß.« Er zog sein Schwert und ritt eine halbe Länge vor. » Ich bin der Stellvertreter des Lord Chamberlain, du Lump!«
    Doch es war nicht die Löwenmaske, die er angriff, sondern die Matrone. Er war nicht überrascht, als hinter dem Fächer plötzlich ein Dolch hervorgeschnellt kam und genau auf seine Brust zuflog. Raymond bog den Oberkörper rechtzeitig beiseite, preschte auf den vermeintlichen Gaukler zu und fegte ihm mit einem Streich den lächerlichen Hut samt Maske vom Kopf. Ein roter Bart kam zum Vorschein.
    »Oldcastle, du verräterischer Bastard …«, brachte Raymond hervor. Seine Stimme war seltsam heiser vor Zorn. »Als ob ich’s geahnt hätte!«
    Mortimer hatte sein mächtiges Ross herumgerissen und nahm es mit dem »Pferd« auf, welches sich inzwischen in zwei gut bewaffnete und offenbar erfahrene Keulenschwingerverwandelt hatte. Einer riss Mortimers Fuß aus dem Steigbügel und versuchte, ihn mit einem Ruck vom Pferd zu stoßen, doch so leicht ließ Mortimer sich nicht aus dem Sattel befördern. Vom Rücken eines Pferdes zu kämpfen gab ihm und Raymond einen Vorteil, der bei dieser Übermacht von vier zu eins ihre einzige Hoffnung war. Mortimer trat seinem Angreifer mit Macht ins Gesicht und streckte den zweiten mit seinem geschwärzten Schwert nieder. Dann ritt er in einem kleinen Bogen um die übrigen Gaukler herum, die Raymond umringt hatten, und fiel ihnen in den Rücken. Keinen Lidschlag zu früh. Er sah eine breite Klinge hochfahren und in Raymonds Oberschenkel dringen, sah es, war aber zu weit weg, um es zu verhindern. Mit einem mächtigen, beidhändigen Streich trennte er den Kopf samt Löwenmaske vom Rumpf, unmittelbar bevor er einen scharfen Schmerz im Rücken verspürte.
    »Mortimer, um der Liebe Christi willen, nicht fallen …«, befahl Raymond eindringlich.
    Mortimer krallte sich mit beiden Händen an der üppigen Mähne seines Schimmels fest. Dann traf irgendetwas seinen Kopf, und das lustige Klimpern der Silberglöckchen war das Letzte, was er hörte.
     
    »John«, raunte Bischof Beaufort. »Falls du bei Gelegenheit wieder in diese Welt zurückkehrst, solltest du dich dringend um den Becher des Königs kümmern.«
    John fuhr leicht zusammen und befolgte den guten Rat auf der Stelle. »Ich bitte um Vergebung, Sire«, wisperte er, während er den leeren Silberpokal auffüllte.
    Harry nickte abwesend und trank einen Schluck, schien aber ebenso entrückt, wie John es gerade noch gewesen war. Andächtig lauschte er seinem jüngsten Bruder Gloucester, der ein Gedicht über die Mutter Gottes vortrug. Die Schönheit der Verse hatte ihn gänzlich gefangen genommen.
    Als Gloucester geendet hatte, applaudierte der König begeistert. »Wundervoll, Humphrey!«
    Gloucester verneigte sich mit einem zufriedenen Lächeln. »Danke, Sire.«
    »Woher hast du das?«
    »Es ist von Thomas Hoccleve. Er war so gut, mir eine Abschrift zu überlassen.« Für einen Moment führte er die rechte Faust an den Mund und knabberte verstohlen an seinem Daumennagel, ehe er sie wieder sinken ließ.
    »Hoccleve?« fragte Beaufort verwundert. »Und ich glaubte, er schreibe nur Verse an seine leere Börse …«
    Gutmütiges Gelächter erhob sich an der hohen Tafel. Thomas Hoccleve war nur ein kleines Licht in der königlichen Kanzlei. Da er der Krone jedoch jahrelange treue Dienste geleistet und in seinen wilderen

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