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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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sagte eine unbekannte Frauenstimme, »aber ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen.«
    O Gott. Wieder eine von diesen Verrückten? »Sie möchten gewiß einen anderen Dr. Barnes sprechen«, erklärte Leslie mißtrauisch.
    »Sie sind Dr. Leslie Barnes, die Alison Margraves Haus übernommen hat, oder?«
    »Ja, schon, aber …«
    »Dann ist meine Botschaft für Sie bestimmt«, erwiderte die Frau am anderen Ende der Leitung, »aber ich kann am Telefon nicht darüber reden. Könnte ich bei Ihnen vorbeikommen?«
    Leslie seufzte. »Möchten Sie eine Therapiestunde? Wenn ja, sollten Sie meinen Auftragsdienst anrufen und einen Termin vereinbaren.«
    »Nein, es dauert höchstens fünf Minuten …«
    Seltsam! »Na schön«, sagte Leslie. »Zwischen elf und halb zwölf habe ich eine halbe Stunde Zeit. Dann könnten Sie vorbeischauen.« Zum zweitenmal hintereinander raubte man ihr die Zeit, die sie für Gartenarbeit vorgesehen hatte. »Kommen Sie einfach durchs Tor, ich bin im Garten«, fügte sie ärgerlich hinzu.
    Leslie hatte Leonard Hay erklärt, daß seine Zwangslage möglicherweise aufgrund einer ungelösten Situation aus einem anderen Leben entstanden sei. Leider hatte der junge Mann dies als weiteren Freibrief betrachtet und sich in seinem Lebensskript bestärkt gefühlt, das lautete: »Ich kann nichts dafür«. Leslies Aufgabe bestand nun darin, Leonard davon zu überzeugen, daß er zumindest in diesem Leben immer noch verantwortlich für seine eigenen Entscheidungen war – beziehungsweise für seine Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen.
    Um elf schloß Leslie die Tür hinter dem problematischen Patienten und zog sich eine Arbeitsschürze über ihr Kleid. Jeans anzuziehen lohnte sich nicht. Um halb zwei erwartete sie den nächsten Patienten, einen Jugendlichen, dessen Eltern ihn nicht zu überzeugen vermochten, daß die Schule wichtiger war als Computerspiele.
    Um die Hausecke trat eine kleine Frau und blieb auf dem Weg stehen. Sie war dunkel wie eine Zigeunerin und trug Perlenketten, Armreifen und einen zerknitterten Squaredance-Rock. »Dr. Barnes?«
    »Haben Sie mich heute morgen angerufen?« Leslie stand auf, um ihre Besucherin zu begrüßen. Sie besaß die typischen vorstehenden Augen, die auf eine Überfunktion der Schilddrüse hindeuteten.
    »So ist es. Mein Name ist Kathleen Carmody. Meine Schwägerin hat mal in diesem Haus gewohnt.«
    Leslie stellte rasch eine Verbindung her. »Und Ihr Mann ist einer der Partner bei Manchester, Arnes …«
    »Carmody und Beckenham. Stimmt«, erwiderte die Frau. »Ich weiß nicht, ob Sie darüber informiert sind, daß ich ein Medium bin …«
    »Meine Schwester hat mir von Ihnen erzählt.« Sie war nett, hatte Emily gesagt, und ich glaube, daß sie ehrlich war, nur irgendwie dumm.
    »Nun, dann wissen Sie wahrscheinlich, daß ich in jener Nacht versucht habe, Verbindung zu Alison Margrave aufzunehmen. Ich konnte sie allerdings nicht erreichen. Aber gestern abend ist sie zu mir durchgekommen und hat mir eine Botschaft für Sie gegeben.«
    Leslie zog die Brauen hoch, entgegnete aber nur höflich: »Sehr interessant.« Eine faustdicke Lüge. »Was hatte sie mir denn mitzuteilen?«
    »Die Nachricht lautete: Richte Leslie aus, daß jemand, der ihr nahesteht, ihres Vertrauens nicht würdig ist. Sagt Ihnen das etwas?«
    »Allerdings.« Leslie kochte innerlich vor Wut. »Wer hat Ihnen gesagt, daß Sie zu mir kommen sollen?«
    »Alison natürlich. Ich habe eine Botschaft empfangen …«
    »Das meine ich nicht. Wer hat Ihnen gesagt, wo Sie Ihre Nachricht abliefern sollen?«
    »Niemand. Ich wußte, wo Alison gewohnt hatte. Als ich die Nachricht empfangen habe – sie war glasklar –, habe ich sie aufgeschrieben. Schauen Sie, hier.« In einer feinen, klaren Handschrift, deren Eleganz aus einer anderen Epoche zu stammen schien, stand da: Richte Leslie aus …
    Das war wirklich plump! Aber warum sollte Leslie sich mit dieser Frau anlegen, die nur eine Mittelsperson darstellte, wenn überhaupt? Sie konnte sich schon denken, wer dahintersteckte. »Danke«, sagte sie und wartete, daß Kathleen Carmody ging. Doch die Frau blickte in Richtung Garage. Offensichtlich platzte sie fast vor Neugier und brannte darauf, ein Dutzend Fragen zu stellen, aber Leslie starrte sie ungerührt an.
    »ja, dann … vielen Dank, Dr. Barnes. Ich hatte eine Nachricht zu überbringen, und das habe ich getan«, lenkte Mrs. Carmody schließlich ein und empfahl sich. Leslie stand mit dem Papier in der Hand da und

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