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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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wußte nicht, ob sie es wütend zerreißen oder sich vor Lachen ausschütten sollte.
    Doch der Zorn behielt die Oberhand. Leslie ging ins Haus, schrubbte sich den Gartenschmutz von den Händen und zog ihr steifstes, geschäftsmäßigstes Kostüm an. Diese Sache würde sie mit dem Übeltäter selbst regeln.
    Wie sie gehofft hatte, war der Buchladen fast leer. Von Colin war nichts zu sehen, aber Claire stand hinter dem Ladentisch. Als Leslie eintrat, lächelte sie ihr zu.
    »Es hat mir leid getan, daß ich Sie kürzlich verpaßt habe. Was kann ich für Sie tun, Leslie?«
    Leslie verschloß sich gegen die freundliche Miene der anderen Frau. »Sie können aufhören, mir Schwierigkeiten zu machen«, erklärte sie so kurz angebunden wie möglich. »So etwas hätte ich wirklich nicht von Ihnen erwartet, Claire.«
    »Leslie, was ist denn los? Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden.«
    »Sie haben also nichts damit zu tun, daß Ihr falsches Medium mich mit einer passenden ›Warnung‹ vor Simon Anstey aufgesucht hat? Das ist Ihrer nicht würdig, Claire!«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon …«
    »Und wahrscheinlich werden Sie jetzt behaupten, das sei Alison Margraves Handschrift!«
    Sie schob Claire den Zettel zu. Diese strich das Papier glatt, schob sich die Brille ins Haar und las den Satz. »Alisons Schrift?« fragte sie nach kurzem Nachdenken. »Das könnte ich wirklich nicht sagen. Leslie … bei allem, was mir heilig ist, ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich nichts damit zu schaffen habe.« Sie reichte Leslie die Notiz zurück. »Warum glauben Sie, daß die Nachricht sich unbedingt auf Simon beziehen muß?«
    »Soll ich annehmen, daß Emily damit gemeint ist?« erwiderte Leslie steif und immer noch mißtrauisch. »Wenn Alison Margrave nichts Besseres zu tun hat, als mir Nachrichten über diese Carmody zu schicken, dann bewundere ich ihren Geschmack nicht. Oder will sie mich vor Joel Beckenham warnen? Das bezweifle ich, weil er Juniorpartner in derselben Kanzlei ist, in der Mrs. Carmodys Mann arbeitet. Deshalb wissen Sie mit Sicherheit, daß ich mich von Joel getrennt habe. Alisons Nachricht kommt ungefähr einen Monat zu spät.«
    Claire warf ihr ein besorgtes Lächeln zu. »So etwas ist möglich. Manchmal stimmt an einer Voraussage alles, nur das zeitliche Element nicht. Anscheinend versteht man auf der anderen Seite nichts davon. Vielleicht existiert der Begriff der Zeit ja nur in der materiellen Welt. Sind Sie mit Dr. Dunnes Schriften über die Zeit vertraut? Seine Theorie läuft darauf hinaus, daß alle Zeitebenen gleichzeitig existieren und daß wir den Ereignissen einfach lineare Strukturen überstülpen, weil unser Gehirn sonst keinen Sinn hineinbringen kann.«
    »Ich fürchte, das ist mir zu kompliziert«, gab Leslie zurück. »Ich denke in den Kategorien von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Was, in aller Welt, hätte es für einen Sinn, mich vor jemandem zu warnen, mit dem ich schon vor einem Monat gebrochen habe?«
    Claire zuckte die Achseln. »Es gibt so vieles, das wir über diese Dinge nicht wissen. Ich bedaure sehr, daß Sie mich so einer Tat für fähig halten, Leslie. Ich weiß wirklich nichts darüber und habe Kathleen seit der Seance, die wir hier abgehalten haben, nicht gesehen.«
    »Tut mir leid, wenn ich übers Ziel hinausgeschossen bin«, entschuldigte sich Leslie. Sie hätte wissen müssen, daß Claire nicht hinterhältig war. Schließlich hatte sie Simon ins Gesicht gesagt, was sie von ihm hielt. Leslie knüllte das Papier zusammen. »Werfen Sie es in Ihren Papierkorb. Wahrscheinlich verhält es sich damit wie mit allen Orakeln, in die man alles mögliche hineindeuten kann. Ich schulde Colin noch Geld für ein paar Bücher. Da ich nun schon mal hier bin, kann ich sie auch bezahlen.«
     
    Leslie wußte nicht, was sie geweckt hatte; aber als sie Emily schreien hörte, fuhr sie hoch. Blitzschnell rannte sie über den Flur. Emily saß kerzengerade im Bett, die Augen vor Entsetzen aufgerissen.
    »Simon«, schrie sie. »Es war Simon, hier …«
    Wie schon so oft, stand das Fenster offen, aber Leslie sah lediglich ein paar Nebelfetzen.
    »Es war schrecklich«, schluchzte Emily. »Oh, Leslie, sein Gesicht hat geblutet … es sah gräßlich aus. Seine Brust war blutüberströmt, und seine Hand … seine Hand …« Sie griff sich an den Hals. »Sie war zerschmettert, Les, bloß noch ein Klumpen rohes Fleisch … scheußlich! Und dann … dann war er fort.«
    Leslie spürte, wie Eiseskälte

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