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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kämpferin gewesen, die sich Autoritäten niemals hatte unterordnen können.
    Vielleicht ist es nur eine Phase, die Emily durchläuft. Leslie half ihr, die Leiter aufzustellen; dann hörte sie im Haus das Telefon klingeln.
    »Vielleicht ist das mein Auftragsdienst, Simon«, sagte sie und eilte ins Haus. Doch als sie den Hörer abnahm, blieb es gerade lange genug still, daß sie spürte, wie ihr Magen sich reflexartig zusammenkrampfte. Ging das schon wieder los? Doch endlich meldete sich eine verschüchterte Stimme. »Dr. Barnes, jemand hat mir erzählt, Sie hätten Dr. Margraves Praxis übernommen …«
    »Das stimmt so nicht«, gab Leslie kurz angebunden zurück. »Man hat Sie falsch informiert. Ich führe eine eigene Praxis. Wenn Sie einen Termin wünschen, rufen Sie bitte meinen Auftragsdienst an.«
    »Nein, darum geht es nicht … Man hat mir gesagt, Sie könnten mir helfen. Ich glaube, jemand hat mich mit einem Fluch belegt …« Abrupt verstummte die Stimme am anderen Ende der Leitung, als hätte die Frau selbst erkannt, wie verrückt das klang.
    In was für eine Welt gerate ich da hinein? Das ist selbst nach den Begriffen des Außersinnlichen seltsam. Was würde Alison tun? Am liebsten hätte Leslie den Hörer auf die Gabel geknallt. War sie denn nichts als eine Attrappe, ein billiger Ersatz für diese verflixte Frau, die in diesem Haus gelebt hatte und gestorben war?
    Aber ich habe einen freien Willen, verdammt noch mal. Ich kann Leute wie diese Frau einfach zum Teufel schicken.
    Und wahrscheinlich würden sie genau dort landen; denn wären sie nicht verzweifelt gewesen, hätten sie sich erst gar nicht an mich gewandt.
    War es Alison, die ihr diesen Gedanken eingab? Die Frau am Telefon erzählte ihr unterdessen eine verworrene Geschichte über eine gewisse Geldsumme, die ihrer Tochter zugestanden und die sie zurückgehalten hatte, weil sie mit deren Ehemann nicht einverstanden gewesen sei. »Verstehen Sie, Dr. Barnes, ich war im Recht, juristisch, meine ich. Mein Mann hatte mir die Summe vermacht, und ich sollte sie nach eigenem Ermessen an Margie weitergeben. Aber ich hielt nicht viel von ihrem Mann. Deshalb habe ich ihr gesagt, sie würde das Erbe erst erhalten, wenn ich sicher wäre, daß der Mann nicht bloß hinter Margies Geld her ist. Wahrscheinlich wollte ich mich davon überzeugen, ob er sie genug liebte, sie auch ohne Vermögen zu nehmen.«
    Aus irgendeinem Grund mußte Leslie an Joel denken, der behauptet hatte, zuerst würden die Menschen sämtliches Porzellan zerschlagen, und dann hätten die Anwälte die Trümmer aufzulesen. »Hören Sie, Mrs … .«
    »Terman«, sagte die Frau. »Peggy Terman.«
    »Also, Mrs. Terman, für mich hört sich das an, als brauchten Sie eher einen Juristen. Im Erbrecht kenne ich mich wirklich nicht aus …«
    »Darum geht es mir auch gar nicht. Verstehen Sie, Margie ist gestorben, und jetzt glaube ich, daß sie zurückgekommen ist und mich heimsucht, weil ich ihr das Geld nicht gegeben habe.«
    »Haben Sie deswegen ein schlechtes Gewissen?« fragte Leslie. Schuldgefühle manifestierten sich manchmal auf höchst eigenartige Weise. Vielleicht brauchte oder wünschte diese Frau nichts weiter als eine konventionelle Therapie. »Möchten Sie einen Termin ausmachen und in meine Sprechstunde kommen? Wir könnten über Ihre Gefühle bezüglich Ihrer Tochter und des Geldes sprechen …«
    »Nein, darum geht es nicht«, unterbrach Mrs. Terman sie. »Was ich mit dem Geld anfangen soll, weiß ich, verstehen Sie. Da ist diese Frau. Nach Margies Tod habe ich drei Nächte hintereinander von ihr geträumt. Sie sagt, das Geld sei verflucht, aber sie könne es für mich reinigen. Sie braucht nur hundert Dollar von dem Geld, um den Fluch zu beseitigen. Sie will diese hundert Dollar einwickeln und ein besonderes Gebet darüber sprechen. Dann muß es in ihrer Kirche drei Tage lang unter geweihten Kerzen ruhen. Nach den drei Tagen könnte ich das Päckchen öffnen, und alles wäre wieder in Ordnung …«
    »Moment mal«, fiel Leslie ein. »Wer ist diese Frau?« Aber sie achtete kaum auf die Antwort. Mit Neppern und Bauernfängern kannte sie sich nicht gut aus, aber von dieser Nummer hatte sogar sie gehört. Es kam ihr unglaublich vor, daß Ende des zwanzigsten Jahrhunderts immer noch genug Leichtgläubige auf solche Betrügereien hereinfielen. »Wissen Sie denn nicht, daß dies einer der ältesten Tricks der Welt ist, Mrs. Terman? Man nennt ihn den Zigeunertrick oder die wundersame

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