Die Hüter der Unterwelt - Die Seele der Schlange (German Edition)
das Fauchen verebbte zu einem knackenden Knistern.
Aber noch immer brachen die Schreie nicht ab, peitschte der Rauch ätzend über den verrußten Hütten und noch immer täuschten die Feuer eine zweite Morgenröte vor.
Catharina versuchte angestrengt mehr zu erkennen als das Glühen der Flammen, doch der Qualm waberte zu dicht.
„Was soll das?“, fauchte sie ungehalten, wirbelte zu Viper herum.
„Bin ich Gott, Herzchen?“ Seine fein geschwungenen Brauen hoben sich in mildem Hohn. „Selbst ich kann das Feuer weder aus dem Nichts entzünden, noch es ohne weiteres verschwinden lassen. Regen wäre vielleicht recht hilfreich … Aber soweit ich weiß, war dieser nicht in unserer Absprache miteinbegriffen.“
„Und alles hat seinen Preis?“ Ihre Raubvogelaugen loderten. „Dreckskerl.“
„Anstatt mich zu beleidigen … könntest du mich bitten.“ Sein träges Lächeln war Samt und Eis. „Auf Knien, versteht sich.“
Er beobachtete, wie ihr geschmeidiger Körper sich versteifte, ihre Hände sich unnachgiebig zu Fäusten ballten, bis die Knöchel weiß hervortraten.
„Nun?“ Siegesgewiss neigte Viper den Kopf.
Doch die wilde Entschlossenheit huschte unerwartet über die Gesichtszüge der Sirene. Sie trat zwei Schritte zurück und spannte die Muskeln ... eine feueräugige Wölfin zum Sprung bereit.
„Nein“, flüsterte sie ungezähmt. „Kämpf mit mir, Viper!“
***
Für einen unbedachten Atemzug erfüllte Catharina die Verblüffung in seinem Gesicht mit diebischer Genugtuung.
„Kämpf mit mir!“ Vielleicht war sie verrückt, einen Dämon derart herauszufordern. Doch das Blut sang in ihren Adern … niemals würde sie seine Demütigung kampflos hinnehmen.
„Hast du mich am Boden, krieche ich vor dir. Gewinne ich, schickst du den verdammten Regen und lässt mir meinen Stolz für diesen Tag!“
Das spöttische Lächeln zuckte erneut um seine Mundwinkel. „Und warum sollte ich darauf eingehen, mein kleines, törichtes Mädchen?“
„Weil du mehr als nur einen Funken Ehre besitzt.“ Die Worte glitten über ihre Zunge, lange bevor sie darüber nachzudenken vermochte. „Weil du kein Feigling bist. Deshalb wirst du auch deine Magie nicht benutzen. Schließlich hast du mir bereits Jahrhunderte an Kampferfahrung voraus.“
Für eine Zeit, die Catharina einer Ewigkeit gleich erschien, musterte Viper sie nur unergründlichen Blickes.
Schließlich trat er ihr katzenschnell gegenüber, ein lautloser Schatten auf der windumspielten Hochlichtung. In seinen Schlangenaugen jedoch funkelte so unerwartet jenes schalkhaftes Vergnügen, das sie mehr als alles andere verwirrte.
„Na dann komm her, kleine Sünde“, forderte Viper mit einem beinahe schon verspielten Lächeln und breitete die Arme aus.
„Betrüg nicht“, warnte die junge Frau ihn noch einmal, während sie unauffällig ein Bein zurückstellte und die Füße in der weichen Erde vergrub. All ihre Sinne erwachten kampfbereit, geschärft von einem Leben in der Wildnis und dem Einfluss ihres Vaters.
Denn Catharina war eine Jägerstochter.
Sie hatte nie gelernt, in feinsten Stichen zu nähen oder voller Anmut einen Knicks zu vollführen.
Nein ... Sie war jahrelang durch die Wälder gestreift, von ihrem Vater erzogen worden, als sei sie ein Sohn. Catharina musste schneller sein als ihre Beute, im Körper wie im Geist.
Sie war ein Teil des Waldes, zäh und widerspenstig, unbeugsam und wild, scharfsinnig und listig.
Und der Jäger hatte sie gelehrt zu kämpfen.
Noch immer glaubte sie, die weichen Tannenadeln der Übungslichtung unter ihren bloßen Füßen zu fühlen. Den Schweiß in ihrem Nacken und das Ziehen der Muskeln. Ihre Tritte, Sprünge, die Fingernägel in ihren Handflächen und der schwere geflochtene Zopf, der über ihren Rücken schwang wie eine Peitsche.
Aber vor allem hörte sie die raue Stimme ihres Vaters hinter den Schläfen, stolz und eindringlich.
"Sei, was du bist! Flink und wendig wie eine Füchsin. Greif nie direkt an, in reiner Körperkraft bist du einem Mann unterlegen. Spüre die Erde unter dir. tanze, fliege, spiele und nutze deine Schnelligkeit … Überraschung ist die stärkste Waffe eines Kriegers … einer Kriegerin."
Catharina wusste, dass sie nur eine Chance hatte. Denn die Viper war kein grobschlächtiger Kerl, der sich irgendwann nur noch dümmlich im Kreis drehen konnte.
Die Jägerin sah die sehnige Geschmeidigkeit in seinen Bewegungen, die Reflexe eines Raubtieres … Er war ja noch nicht einmal
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