Die Hüter der Unterwelt - Die Seele der Schlange (German Edition)
Gesicht
“Du lebst!”, erkannte Anna beglückt und eilte ihr entgegen.
Doch eine schwielige Hand schloss sich um ihre Schulter und riss sie grob zurück.
“Bleib!”, knurrte der Schmied, während er die junge Frau selbst mit zornerfüllten Blicken durchbohrte. Unwillkürlich straffte sie die Schulter und begegnete seinen Augen in bockiger Kühnheit.
Herrgott, was hatte sie ihm denn getan?
“Hexe!” Das Zischen von weiblicher Zunge gab ihr Antwort. Catharina fuhr zusammen, bemerkte den Argwohn und die Furcht in den verschmutzten Gesichtern der Menschen.
Und ihr wurde bewusst welchen Anblick sie bieten musste, unversehrt - Kleidung tragend, die weder zerrissen noch von Asche gezeichnet war.
Nein! Glaubten sie etwa … Gaben die Dorfbewohner ihr die Schuld an dem Feuersturm?
Ein zynischer Stich durchschnitt ihren Verstand.
Und damit lagen sie noch nicht einmal so falsch. Sie ballte die Hände zu Fäusten bis sich die Nägel schmerzhaft in ihre Handflächen gruben.
Zorn, aus Enttäuschung geboren.
Gefährlich. Die Federn strichen zart über ihren Nacken …
“Cathi!” Die geliebte Stimme durchschnitt das misstrauische Gemurmel, herrisch und rau.
“Was haltet ihr Maulaffen feil? Als gäbe es für euch Schwachköpfe nichts anderes zu tun. Das gesamte Dorf ist im Arsch und ihr starrt meine Tochter an! Wunderbar!”
Beschützend legte sich ihres Vaters Arm um Catharinas Mitte und zog sie unauffällig hinter sich. Kein Anzeichen von Schwäche lag mehr in seinen kantigen Zügen, seine Augen blitzten einer gereizten Bergkatze gleich.
Mit einem letzten giftigen Blick, der jeden in seiner Umgebung zum Sterben einlud, wandte der Jäger sich um und zog Catharina dem Waldrand entgegen.
“Ich hab den Rauch gesehen”, wisperte er besorgt und strich ihren Rücken hinab.
“Verdammt, was ist passiert?”
“Ein kleines Spiel mit dem Herrn der Lüge.”
Das tiefe, reißende Knurren entfloh seiner Kehle und der warme Griff um ihr Handgelenk verstärkte sich abrupt.
Doch in diesem Moment spürte sie nur die Blicke der Dorfbewohner im Nacken, feindselig und stechend wie heiße Dolchklingen.
Alpträume
Der Atem brennt wie Feuer in ihrer Kehle, doch die Nacht beißt kalt auf der bloßen Haut.
Eis und Finsternis verbergen die Schatten, das höhnisches Lachen, das sie durch die Wälder jagt. Dornenranken winden sich um ihre Knöchel, zerren sie der fremden Stimme entgegen.
Die winzigen Widerhaken hinterlassen scharlachrote Rosenblätter. Feine Rinnsale fließen über ihre Fußgelenke, als sie sich den Schlingen entreißt und nach vorn stolpert.
Doch sie darf nicht den Halt verlieren. Nicht fallen. Nicht aufgeben. Niemals.
Sie spürt die Hände auf ihren nackten Schultern, Krallen streichen flüsterzart über weiche Haut.
Sie will schreien, fauchen, beißen, kämpfen, aber allein ihre Seele windet sich verzweifelt in finsteren Ketten.
Schwefelgeruch verwirrt ihre Sinne, unvertraut und bedrohlich. Schwefel?
Ihr feuriges Herz rebelliert, wehrt sich gegen die Angst, und ihr Körper gehorcht widerwillig.
Sie tritt schwungvoll mit der Hacke nach hinten, befreit sich aus dem neckischen Griff und zwingt ihre müden Beine schneller zu laufen, als sie es vermögen.
Erschöpfung lähmt sie, schleichend und tödlich wie der Biss einer giftigen Schlange. Und das Flüstern säuselt hinter ihren Schläfen.
`Lauf, lauf schönes Kind!` Die Äste der Bäume gleichen schwarzen Klauen, werfen das fröhliche Lachen zurück. Frost kriecht über sie, jeder Atemzug lässt ihre Brust erstarren.
Lüsternes Wispern und Gelächter.
Ein Stoß - sie taumelt, fällt auf die Knie und ballt die Hände zu Fäusten. Sie ist eine weiße Silhouette in endloser Nacht.
“Catharina!” Seine dunkle Stimme windet sich durch Finsternis und Kälte, vertrauter, als sie es sein sollte.
“Wo bist du, kleine Sünde?”
Funken blitzen zwischen Moos und Farn, die Dornen weichen - begleitet von einem kuschenden Zischen.
“Wach auf … Folge meiner Stimme! Hör mir zu!” Sie hebt den Blick, unwillkürlich schmiegt sich ihre Seele den ruhigen Worten entgegen.
“Erwache.”
Mit einem Schrei riss Catharina die Augen auf.
Ein tröstendes Winseln erklang neben ihr und Nubes Flanke schmiegte sich noch dichter an ihre Seite. Nur allmählich vertrieb die Wärme seines Fells das Eis in ihrem Innern.
Die Hand ihres Vaters tastete im Halbschlaf über die Bettstatt, legte sich sanft und beruhigend um ihren Unterarm
“Kleine Eule?”,
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