Die Hüter des Gesetzes (Orion 03)
als der Laurin«, erwiderte sie vorwurfsvoll. »In einer Stunde sind wir ohne eine Spur von Energie, Atan.«
»Wir warten noch fünfzehn Minuten«, sagte er. »Dann reagieren wir.«
Sie schüttelte ungläubig über soviel Sturheit den Kopf.
»Schalte die Platten ab ... die Hälfte«, sagte Atan Shubashi wieder. »Es wird knapp werden, aber es geht. Noch frieren wir nicht.«
»Warum schalten wir nicht lieber den Laurin ab?«
Noch immer richteten die Projektoren ihre Kegel auf die Linse aus flimmernder Energie zwischen dem Beiboot und dem Planeten.
»Weil es unsinnig wäre«, sagte Atan und langte hinüber zum Schaltbrett, um den Knopf drehen zu können.
»Unsinnig? Aus welchen Gründen?« fragte Helga entgeistert.
»Cliff ist dem kleinen Bergwerksmond Pallas zu Hilfe geeilt. Er wußte, welches Risiko für Schiff und Mannschaft er damit einging. Er hat ohnehin den Segen seines Bewachers, und das verpflichtet ihn noch mehr. Er darf sich und Tamara nicht bloßstellen, indem er zugibt, daß er seinen Platz verlassen hat.
Das wäre der Fall, wenn wir die Projektion beseitigen würden.
Verstehst du jetzt?«
Helga nickte, aber die Bewegung war hoffnungslos.
»Das alles ist schön und richtig, aber ich wehre mich dagegen, deswegen hier zu erfrieren und auf den Planeten hinunterzustürzen.«
»Das wird nicht geschehen«, schloß Atan.
Er sah sich um. Vier Meter neben ihm klaffte ein Loch im Boden, gesichert mit einem funkelnden Geländer aus Stahlrohren. In diesen Ausschnitt führte eine geschwungene Leiter hinein, die dicht vor der kleinen Schleuse endete. Frei im kegelförmigen Unterteil standen die Speicherbänke, die Maschinen und neunzig Prozent der gesamten technischen Ausrüstung des kleinen, wendigen Beibootes. Das Summen der Maschinen war schon lange verstummt. Nur hin und wieder drang ein scharfes drohendes Knacken von unten herauf: Metall kühlte sich ab – das Temperaturgefälle betrug schließlich zweihundertfünfzig Grad. Die Isolierung der kleinen Boote war nicht besonders stark. Sie schützte dennoch völlig gegen die kosmische Strahlung.
Die Gefahr war nicht nur hier, innen in der LANCET, sondern auch draußen im All: Der Planet; Larsens Planet.
Eine gewaltige Kugel, in der Dichte erdgleich, aber mit zwölf Zehntel der Anziehungskraft und ebenfalls zwei Zehnteln mehr Masse. Ein Planet, dessen Sauerstoffhülle eine Besiedlung geradezu herausforderte, aber noch nicht zuließ. Der Sauerstoffanteil der Luft war zu hoch. Die Folge waren veränderte Bedingungen für menschliches Leben. Man mußte erst lange und intensiv studieren, bis man erkannte, ob Menschen hier siedeln durften.
»Noch zehn Minuten, Atan!« mahnte Helga Legrelle.
Alles dauerte so qualvoll lange. Auch das Sterben. Aber der Tod durch Erfrieren war dem durch Verglühen und Verbrennen vorzuziehen; das wußten sie beide.
»Ich richte mich danach«, sagte der Astrogator.
Larsens Planet war jetzt im Griff der Nacht. Das Boot, das genau über ihm stand, drehte sich mit. Am Horizont der Kugel erschienen die Schattenlinien, und die Dämmerung kroch über die Fläche. Sie verwischte die Linien von hohen Bergzügen und den Tälern dazwischen, ließ Perlenschnüre aus Wolken rostrot aufglimmen und zog weiter über die Wüsten hinter den Küstenlinien. Der Planet war ohne intelligentes Leben, das hatten die Kartographen festgestellt.
Und diese farbige, bewegte Masse aus Magma, Erdreich, Felsen und Wasser zog das Beiboot mit sanfter, aber beharrlicher Kraft an sich. Wenn keine Energie mehr vorhanden war, würde sich das Boot nicht entfernen können und fiel unaufhaltsam der Planetenoberfläche entgegen.
»Atan?« fragte Helga zögernd.
»Helgamädchen?«
»Kannst du dir denken, was mit Cliff und der ORION passiert ist?«
»Natürlich nicht«, sagte er und sah sie an. »Ich hätte sonst irgend etwas unternommen. Das Schiff ist tadellos in Ordnung; es kann nicht versagt haben. Die Besatzung ist ebenfalls in Form, auch sie versagt nicht. Es muß etwas auf Pallas beta geschehen sein, das sie aufgehalten hat. Und ich bin sicher, daß die ORION in wenigen Sekunden hier erscheint und uns einschleust. Das glaube ich fest.«
»Dieser Commander kann von mir etwas hören«, versicherte Helga. »Uns derart in Unsicherheit zu stürzen.«
Atan lachte trotz seines Unbehagens laut auf.
»Du wirst dich doch nicht mit deinem Idol McLane streiten wollen?« fragte er und begriff in derselben Sekunde, daß er hier ein Thema angeschnitten hatte, das
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