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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Arme werfen.
    Er verschlang das Haus und alles, was sich darin befand. Nur die Steinwände blieben stehen. Den Gemüsegarten und die Töpferei ließ er hingegen in Frieden.
    Wir drängten uns auf der Straße zusammen und schauten zu. Mama Brond und Tante Gledda hielten jeden auf, der zu nahe kam oder versuchen wollte, es zu löschen. Die Hitze trieb uns fünfzig Schritte zurück. Das Strohdach flammte so hell auf, dass wir nicht hinschauen konnten. Plötzlich war es dann verschwunden. Innerhalb eines einzigen Augenblicks, einfach weg, als wäre es nie da gewesen.
    Wir verbrachten die Nacht bei Vine, saßen dicht und stumm beieinander. Blaise weinte, erzählen sie, und ich lutschte bloß am Daumen und schmiegte mich an Mama. Am Morgen kehrten wir zurück.
    In dem großen Zimmer war es nach wie vor unerträglich heiß. Es war nichts übrig, nicht einmal die Umrisse von Sachen. Alles war von den Flammen verschlungen worden, außer den Glasurarbeiten, die zwar allesamt gesprungen und zerborsten waren, rissig und stumpf, aber noch vorhanden.

    Der Boden war mit Schieferplatten belegt, die ebenfalls zerbrochen waren, doch wir konnten gefahrlos darübergehen, weil die Splitter fest auf dem Boden lagen. Die Asche knirschte unter unseren Füßen. Gledda weinte während des Gehens.
    Der irdene Topf, in dem das Silber aufbewahrt wurde, war aufgeplatzt und das Silber zu einer scharfkantigen Lache geschmolzen.
    Die Küche war nur noch ein Gerippe. In diesem Raum hatten nicht einmal die Glasurwaren überlebt. Einzig der Kamin und der Herd waren übrig geblieben. Es gab keine Knochen, überhaupt keine Spuren von Lig. Als handele es sich um einen ganz normalen Morgen, brannte in dem Herd fröhlich das Feuer.
    Gledda ging sofort hinaus, um Kleinholz zu holen. Mama ging in den Garten.
    Er war so schnell durch den Garten gefegt, dass er einfach die Feuchtigkeit aus allem gesaugt und nur noch Holzkohle zurückgelassen hatte. Jeder einzelne Rosenstock war ein gespenstisches Gerippe. Die makellose Blüte auf Ligs besonderem Stock war immer noch da, jedes einzelne Blütenblatt unversehrt, aber schwarz und steif und tot wie Lig selbst.
    »Das war eine Warnung«, sagte Mama Brond. »Es war eine Strafe«, sagte Gledda, während sie sich hektisch um das Feuer kümmerte.
    »Es war ein verdammter Wutanfall«, sagte Mim Jahre später, aber nur draußen, auf dem Markt, weit entfernt vom Feuer.
    Blaise, deren Töchter damit aufwuchsen, sich ihrerseits um den Feuergott zu kümmern, sagte: »Es war unerwiderte Liebe.«
    Doch ich hatte es gesehen, über die Schultern von Mama hinweg; es war Mord und erfüllte Liebe, beides gleichzeitig.
Ich sah es, und ich fragte mich während all meiner Jahre als junges Mädchen: Liebt er uns alle - oder liebt er bloß Lig? War es bloßer Neid auf ihre Zeit und Fürsorge, die sie den Rosen widmete - oder war es tiefer gehender Neid auf Lebendes?
    Als Blaise ihre erste Tochter bekam und ich wusste, dass ich keine Kinder in die Welt setzen würde, fragte ich mich: Würde er auch zu mir kommen, wenn ich eine Rose pflanzte?
    Ich kannte die Antwort, wusste es tief in meinem Inneren, und in diesem Augenblick merkte ich, dass ich seherische Fähigkeiten besaß und dass ich den Dienst an ihm mit dem Dienst an anderen Göttern vereinen musste. Dies erfüllte mein Leben, nachdem meine Schwester ihr erstes Mädchen geboren hatte. Und dennoch, selbst dann, als ich die Steine warf und lauschte, wie sie die Antworten der Götter des schwarzen Felsens flüsterten, selbst jetzt und immer noch hütete ich das Feuer.

Ash
    Das bei Tageslicht schon unwirtliche Land war im Dunkeln ein Albtraum, und bald führten sie die Pferde fast mehr nach Gefühl als nach Sicht, da das Licht der Sterne zwar heller wurde, aber diese häufig von Wolken, Bäumen und hochaufragenden Felsen verdeckt wurden. Absurderweise fühlte sich Ash zu Fuß wohler als auf dem Pferderücken, obwohl es auf Mud doch viel sicherer sein würde, falls die Hunde sie einholten. Er hoffte inständig, dass der älteste Bruder seine Meute nicht in der Wildnis aufs Spiel setzen würde. Andernfalls würden sie womöglich zwischen Krallen und Zähnen zerrissen werden. Er lenkte sich von dieser Vorstellung ab, indem er versuchte, sich an die Reihenfolge der Noten zu erinnern, die er mit Doronit gepfiffen hatte, um die Windgeister in Schach zu halten. Er hatte mit ihr auf den Klippen über Turvite gestanden, und dabei hatte sie zwei Melodien gepfiffen, die eine, um sie unter

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