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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Kontrolle zu behalten, damit sie verhandeln konnten, die andere, um sie zu verscheuchen. Bislang hatte er sich darum bemüht, jene Nacht aus seinem Gedächtnis zu verbannen …
    Der Hang wurde stets steiler, die Bäume seltener, und das Gestein rutschte unter ihren Füßen weg. Die Pferde mochten es nicht, Cam am allerwenigsten, wenn die Steine auf dem Weg unter ihren Hufen wegrutschten. Sie scheute, schlitterte seitwärts und zerrte ständig an den Zügeln, sodass
Flax mit Ash die Pferde tauschen musste, damit dieser seinen Armmuskeln eine Ruhepause gönnen konnte.
    Der letzte Abschnitt war der steilste, und die Pferde scharrten mit den Hufen, um Halt zu finden, während Flax und Ash auf allen vieren gingen. Auf dem Gipfel hielten sie eine Weile inne. Ash war überzeugt davon, nach wie vor ein Scharren zu vernehmen. War das ein Echo? Oder …? Hier hinauf würden die Männer ihnen doch sicher nicht folgen? Sie wären verrückt, wenn sie das täten.
    Der obere Teil des Felsvorsprungs war ein Plateau, das sogar bei Tageslicht gefährlich war und von wirbelnden Winden, die mit endlosem Gestöhne zwischen Geröllblöcken entlang und zwischen den Felsspalten fegten, umtost wurde. Den Pferden gefiel es hier ganz und gar nicht. Nach einem kleinen Stück des Weges stemmte Mud die Hufe in den Boden und weigerte sich, auch nur einen Schritt weiter zu gehen.
    »Wir müssen noch im Tageslicht einen Unterschlupf finden«, rief Ash, um den Lärm des Windes zu übertönen. Plötzlich herrschte Stille. Der Wind verebbte einfach, als habe dieser ihn gehört.
    »Das ist nicht gut«, sagte Flax.
    Windgeister, dachte Ash entsetzt. Jetzt kamen sie. Er und Flax befanden sich im Herrschaftsbereich der Windgeister. Allerdings durften die Geister aufgrund einer alten Übereinkunft auch hier keine Menschen gefangen nehmen, es sei denn, diese wurden ihnen durch einen Akt des Verrats ausgeliefert. Diese Absprache war so alt, dass manche der Meinung waren, sie sei noch von den Göttern selbst getroffen worden, lange, lange, bevor Actons Streitmacht über die Berge gekommen war. Aber sie galt nur auf besiedeltem Land. Er und Flax befanden sich in der Wildnis, und hier waren sie Freiwild.

    Die dünnen, blassen Geister kamen aus allen Himmelsrichtungen herangefegt, um kleine wie große Felsblöcke herum; schreiend und stöhnend klangen sie wie all die Stürme, all die Übel in der Welt. Sie sind nahe genug, dachte Ash, während er nach wie vor verzweifelt versuchte, sich an die Abfolge der Noten zu erinnern, die Doronit verwendet hatte, um sie zu verscheuchen.
    Wie alle Geister der Lüfte spielten Windgeister gern mit ihrer Beute. Sie flatterten an ihnen vorbei und fuhren im letzten Augenblick ihre dünnen Krallen aus, um eine Wange oder eine Hand zu zerkratzen oder durch den Stoff eines Hemdes zu schneiden. Zwar ignorierten sie die Pferde, doch Cam und Mud hatten ihre Hufe fest in den Boden gestemmt und zitterten, gelähmt vor Schrecken. Die Windgeister leckten ihre Krallen, flogen eine Kurve und näherten sich erneut zu sechst. Dabei wirbelten sie herum wie Wolkenfetzen, in deren Mitte scharfe Klingen verborgen waren. Ash konnte sich nicht an die Noten erinnern, mit denen man sie verjagen konnte. Trotzdem bildete er in seinem trockenen Mund Speichel und begann zu pfeifen. Fünf Noten, Noten, die sich ihm in der dunklen Nacht auf der Klippe über Turvite ins Gehirn eingebrannt hatten. Fünf Noten, mit denen man die Geister beherrschen konnte.
    Als die Melodie erklang, kreischten sie auf vor Missvergnügen, und ihr wilder Flug verlangsamte sich. Sie schwebten nun vor Ash in der Luft. Flax schaute hektisch von einer zur anderen Seite, als könne er sie gar nicht richtig sehen, sondern nur hören.
    »Wer ruft uns?«
    Flax, der nun begriff, nahm die Melodie auf und pfiff ebenfalls. Ash wartete, bis er genau im Rhythmus war, genau in der richtigen Tonhöhe. Dann hörte er auf zu pfeifen und sprach zu ihnen.

    »Wir tun dies.«
    Der führende Geist spuckte auf den Boden, fauchte Ash an und streckte die Arme, die Klauen gekrümmt, nach seinem Gesicht aus. Ash zwang sich dazu, ruhig zu bleiben. » Name , Unwissender.«
    »Ash.« Flax warf ihm einen hastigen Blick zu, als wolle er sagen: »Und was ist mit mir?« Doch Ash wusste nicht, welche Folgen es haben würde, seinen Namen einem Windgeist preiszugeben, und er wollte nicht, dass Flax darunter leiden musste, falls diese übel waren.
    »Und was sollen wir dir zufolge tun, Ash, kleines Bäumchen?«,

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