Die Hueterin der Geheimnisse
und lächelte ein wenig grimmig. »Mein Lord schätzt gutes Essen und gute Diener«, sagte sie. »So etwas ist nicht selbstverständlich.«
Leof nickte. »Alles Herausragende ist das Ergebnis harter Arbeit«, stimmte er ihr zu. Er führte Sorn zu ihrem Stuhl und ließ sie dort Platz nehmen, während er sich gebührend verbeugte. Als Fortune begriff, dass sie nicht zu einem Spaziergang aufbrechen würden, stieß er einen Seufzer aus und machte Platz. »Euer Haushalt ist beispielhaft, und es würde mich interessieren zu erfahren, wie Ihr ihn führt. Leider gibt es jedoch eine andere Angelegenheit, mit der wir uns nun beschäftigen müssen. Eine Frau aus der Stadt berichtete, es habe in der Ortschaft Spritford schon früher eine Geistererweckung stattgefunden.«
»Das ist in der Western Mountains Domain, in der Nähe des Sharp River«, sagte Sorn.
Leof war überrascht, dass sie die Domänen so gut kannte, und diese Überraschung ließ er sich anmerken. Sie lächelte schief.
»Eine Reihe von Kriegsherren und ihre Söhne machten mir seinerzeit den Hof, und deshalb habe ich eine Zeit lang die anderen Domänen mit großem Interesse studiert.«
Er lachte. »Daran habe ich keinen Zweifel!«
Sie erwiderte sein Lächeln, wobei ihre grünen Augen glänzten. Dann wurde sie schnell wieder ernst. »Spritford«, sagte sie. Auch er wurde ernst und wies zur Tür. Dort war die Frau aus der Stadt erschienen, Arm in Arm mit einer schmächtigeren, kleineren Frau mit verblüffend ähnlichen Zügen.
Sorn erhob sich sofort und ging auf sie zu, um sie zu begrüßen. Sie verbeugten sich tief, doch Sorn nahm sie an den Schultern und richtete sie wieder auf. Dann führte sie die beiden an den Tisch. Fortune verbarg sich hinter Sorns Stuhl vor den Fremden.
»Kommt, erzählt uns von den Geistern«, ermutigte sie die beiden.
Die kleinere Frau, Ulma, hatte die gleiche strenge, stoische Miene wie ihre Schwester. Sie war nicht die wehklagende Witwe, mit der Leof gerechnet hatte, doch ihr Kummer saß tief. Sie begann zu erzählen. Geister waren aus dem Nichts heraus aufgetaucht, stofflich, bewaffnet und zornig. Sieben Tote hatte es in Spritford gegeben, sagte sie, darunter ihr Mann, erschlagen von einem kleinen Bauern, der eine Sense schwang, und dies am helllichten Tag. Das waren unerfreuliche Neuigkeiten. Erfreulicher war die Mitteilung, dass die Geister bei Sonnenuntergang verblasst waren.
»Also kam ich hierher«, sagte sie schließlich, »weil ich dachte, hier wäre ich in Sicherheit. Aber wie es scheint, ist man nirgends mehr sicher.«
Sorn nickte mitfühlend, stellte ein paar taktvolle Fragen über Geldangelegenheiten und Möglichkeiten, wie sie helfen könne. Nachdem sie die beiden gründlich mit ihrem Charme eingewickelt hatte, komplimentierte sie die Frauen zur Tür hinaus. Nein, korrigierte sich Leof, während er zusah, wie Sorn sich an der Tür von ihnen verabschiedete, sie
hat sie gar nicht eingewickelt. In ihren Gesichtern spiegelt sich Respekt wider, und das nicht nur, weil sie die Lady ist. Es sind starke Frauen, und sie erkennen Stärke, wenn sie dieser bei anderen begegnen, an.
Das war ein verblüffender Gedanke, denn Stärke war keine Eigenschaft, die er mit Sorn verbunden hatte. Seine Mutter war stark, jedoch auf eine ganz andere Weise - bestimmend, unverblümt wie viele der Frauen in der Cliff Domain, wo die Männer so häufig fort waren, um zu kämpfen. Aus diesem Grund hatten die Frauen lernen müssen, ohne sie auszukommen. Sorn war eine Klasse für sich.
»Das ist keine erfreuliche Neuigkeit«, sagte sie ernst, während sie wieder auf ihn zuging. Sie ließ ihre Hände auf der Lehne ihres hohen Stuhls ruhen. »Bei Sonnenschein kämpfen. Wie es aussieht, sind sie nicht nur auf die Nacht beschränkt.«
»Aber bei Sonnenuntergang sind sie verblasst«, erwiderte er. »Vielleicht haben sie immer entweder einen Tag oder eine Nacht zur Verfügung, aber nicht beides?«
»Spritford ist Monate her. Vielleicht hat es noch andere Fälle von Wiedergängertum gegeben, von denen wir nichts gehört haben?«
Leof zuckte mit den Schultern. Sie wussten einfach nicht genug. »Ich werde Nachricht hierüber an meinen Lord schicken«, sagte er. »Habt Ihr eine Botschaft für ihn? Es wäre mir eine Freude, der Sendung einen Brief beizulegen …«
Sorn dachte darüber nach, schüttelte dann aber den Kopf. »Mein Lord hat mit den Soldaten genug um die Ohren. Die einzige Neuigkeit, die ich habe, hat mit Frauenarbeit zu tun und würde ihn
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