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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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nicht interessieren.« Sie sagte es einfach so, ohne Vorwurf, dennoch verursachte ihre Antwort Leof einen stechenden Schmerz in der Brust. Sie verdeutlichte ihre Einsamkeit. Sorn hatte keine richtigen Freundinnen unter
ihren Damen, wurde ihm klar. Ihre Dienstmagd Faina war ihr zwar treu ergeben, aber eben keine Freundin. Es gab keinen Offiziersstand mit den dazugehörigen Ehefrauen und Töchtern, der für Gesellschaft hätte sorgen können. Es gab nur Fortune.
    Das muss schwierig für sie sein, dachte er. Nun, womöglich konnte er ihr ja in aller Freundschaft Gesellschaft leisten, während ihr Lord fort war. Spontan streckte er die Hand aus und berührte ihren Handrücken.
    »Alles von Euch muss ihn doch interessieren«, sagte er. Zu spät wurde er sich des aufrichtigen Tones in seiner Stimme gewahr. In diesem Moment spürte Leof die Weichheit ihrer Haut. Wärme und Seide, die sich rasch unter seinen Fingern bewegten. Er spürte, wie ihn eine Welle des Verlangens durchströmte, ihn so sehr überwältigte, wie der See es getan hatte. Er war genauso hilflos wie zu jenem Zeitpunkt, als er von der Welle mitgerissen wurde, die zu groß für ihn war.
    Sorn errötete und entzog ihm ihre Hand. Sie drehte sich halb um, als wolle sie gehen. Dann verharrte sie in der Bewegung.
    »Ich werde in meinem Brief Grüße ausrichten, meine Lady«, sagte Leof schnell. Er hätte es nicht ertragen können zu sehen, wie sie sich dazu zwang, ihn anzuschauen.
    Dann drehte er sich um und verließ die Halle. Dabei verletzte er die Etikette, da er nicht darauf wartete, von ihr entlassen zu werden. Noch zu warten wagte er nicht.

Ash
    Bei der Vorstellung, in die Tiefe zu gehen, standen Ash die Nackenhaare zu Berge.
    Von dem Felsvorsprung vor Gabriston aus konnten sie die Wildnis sehen, die nördlich des Hidden River lag. Auf der anderen Seite des Stromes war eine große Klippe, doch auf dieser Seite war der weiche Sandstein von zahllosen Wasserläufen zu einem albtraumhaften Labyrinth aus Schluchten und tiefen Rissen ausgewaschen worden, die man unmöglich auf einer Landkarte hätte einzeichnen können. In der Mitte dieses Gewirrs befand sich die Tiefe, eine Reihe von Höhlen und Schluchten, die in das Herz der Dämonengeheimnisse führten. Jeder, der in die Tiefe kam, fand dort etwas anderes, und doch fanden alle das Gleiche, nämlich die Wahrheit über sich selbst. Und aus diesem Grund hämmerte nun Ashs Herz.
    Ehe sie weitergingen, pausierten sie am Boden des Felsvorsprungs, dort, wo die Schluchten begannen und das Geräusch des Flusses zu einem Chor anschwoll, der Ashs Kopf füllte. Er musste Flax den Eid schwören lassen. An die Worte erinnerte er sich wie im Schlaf. Er spuckte sich in die Hand und reichte sie Flax, der es ihm nachtat und dann fest einschlug.
    »Dies ist der Eid, den wir von dir fordern, wirst du ihn ablegen? Stumm wie ein Grab zu sein über das, was du siehst, was du hörst, was du tust?«

    Flax hatte Ashs Stimmung erfasst und war deshalb untypisch ernst. »Ich schwöre«, sagte er.
    »Schwörst du bei Strafe von Ächtung, nie außerhalb dieses Ortes von diesem zu sprechen?«
    »Ich schwöre.«
    »Schwörst du bei Strafe des Todes, nie jemanden, der nicht vom richtigen Blut, zu diesem Ort zu führen?«
    Flax schluckte. »Ich schwöre.«
    »Schwörst du bei Strafe von Schmerz über den Tod hinaus, dem Schmerz nämlich, nie wiedergeboren zu werden, die Geheimnisse dieses Ortes mit deiner Ehre zu bewahren, mit deiner Stärke, mit deinem Leben?«
    Dieses Mal musste Flax erst genug Speichel in seinem Mund sammeln, bis er die Worte hervorbringen konnte. »Ich schwöre.«
    Auf Flax’ Stirn stand der Schweiß. Ash war froh, dies zu sehen.
    Er ließ die Hand des Jungen los.
    Ash führte Flax einen schmalen Hohlweg nach dem anderen hinab, wobei die mit Farn bedeckten Wände aus rotem Sandstein ständig höher hinaufragten. Nach einer Weile bewegten sie sich wie in einer grünen Höhle. Durch den Fels sickerndes Wasser ließ diesen im Dunkel glänzen. Es sah so aus, als bluteten die Hänge. Ash hatte immer schon gefunden, es müsse hier nach Blut riechen und nach Tod statt nach dem klaren Wasser, dem modrigen Laub und dem gelegentlichen Hauch von frühen Jasminblüten. Das, was er roch, signalisierte ihm, dass sie hier in Sicherheit waren. Aber seine Ohren lauschten angestrengt durch das endlose Tröpfeln von Wasser und den durch die Felsspalten pfeifenden Wind hindurch und warteten darauf, die Dämonen zu vernehmen.
    Wohl wissend,

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