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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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sich zu waschen.
    »Hilf mir, das Bett gegen die Tür zu schieben, Edwa«, befahl die Frau. Doch Edwa stand einfach nur da und betrachtete das Messer und die Leiche.
    Die Frau packte sie an der Schulter und schüttelte sie. »Begreifst du nicht? Sie sind unseretwegen gekommen! Ich wusste, dass Acton uns nicht im Stich lassen würde! Wir müssen bloß dafür sorgen, dass Hawks Männer uns nicht erwischen, bis es vorbei ist und wir in Sicherheit sind.«
    Edwa blickte ihr ins Gesicht. Ihre blauen Augen waren jetzt klarer. »Sie sind hier?«, flüsterte sie. Die Frau nickte. Eilig kleidete sie sich an, wobei sie sich Unterrock und Kleid anzog und dann den Ledergürtel eines Mannes aufraffte, um sich damit zu gürten. Erneut schüttelte sie Edwa, und nun bewegte sich diese, aber nicht, um zu helfen. Sie ging auf die Knie und nahm sich Hawks anderes Messer aus dessen Stiefel. Es war wesentlich länger, ein Dolch, eher zum Kämpfen als das Küchenmesser, mit dem sie ihn getötet hatten.
    Die Frau nickte. »Gut. Das könnten wir gebrauchen.« Sie trat an die andere Seite des Bettes und begann, dieses gegen
die Tür zu schieben. »Komm und hilf mir, Edwa! Wir dürfen nicht zulassen, dass Hawks Männer uns als Geiseln nehmen!«
    Edwa starrte die beiden Messer an, eines in jeder Hand haltend. Sie legte das kleinere an ihr Handgelenk und drückte es langsam hinein. Blut quoll hervor.
    Bramble rechnete damit, dass die Frau am Bett ihr das Messer entreißen würde, doch sie verharrte reglos. »Edwa?«, sagte sie leise.
    »Sie dürfen mich nicht so sehen, Wili«, flüsterte Edwa. »Sie dürfen mich nicht so sehen«, wiederholte sie. Sie suchte eine neue Einstichstelle und stach mit dem Messer hinein.
    Wili ließ von dem Bett ab und wandte sich Edwa zu. Das blonde Mädchen war blutgetränkt. Ihr Haar war jetzt so dunkel wie das einer Wanderin, und ihr Gesicht war verschmiert und violettfarben vor Blutergüssen. Bramble spürte, wie Wilis Herz mit tiefen, schweren Schlägen klopfte. Als sich die Augen des Mädchens mit Tränen füllten, verwischte ihr Sichtfeld.
    »Das wird dich nicht umbringen, Edwa«, sagte sie mit brechender Stimme. »Du verschmierst dich nur noch mehr mit Blut.«
    Edwa schaute zu Wili auf. Ihre Augen waren trocken und trostlos. Sie nickte langsam, als habe Wili ihr etwas gesagt, das schwer zu begreifen, aber bedeutend war. Sie ließ das Gürtelmesser fallen, hob zugleich die andere Hand und stieß sich den langen Dolch in die Brust. Dann brach sie zusammen.
    Wili setzte sich auf das Bett, als spiele es nun keine Rolle mehr, ob Hawks Männer sie in ihre Gewalt brachten. Sie starrte auf ihre Hände. Die Nägel waren bis auf das Fleisch abgekaut. Bramble spürte den Knoten aus Kummer in ihrer Brust, und sie spürte noch etwas anderes, eine Kraftlosigkeit,
die jede Bewegung unmöglich machte. Sogar die Kraft zu weinen fehlte ihr.
    Plötzlich wurde die Tür aufgebrochen, und Acton kam in das Zimmer gestürmt, Schwert und Schild bereithaltend. Blut und Schweiß liefen ihm die Wangen herab. Er sah Wili zuerst und blieb schaudernd stehen. Sein Gesichtsausdruck wandelte sich von dem eines rasenden Kriegers zu dem eines besorgten Freundes.
    »Wili! Geht es dir gut?« Er schloss die Tür hinter sich.
    Wilis Augen quollen über, und sie fing an zu weinen. Es war nicht das erstickte Schluchzen des Kummers, dachte Bramble. Das hier waren die Tränen der Erleichterung. Geradezu wütend wischte sie sie ab und stand auf.
    » Ich werde überleben«, sagte sie und schaute auf Edwa.
    Acton kniete sich neben Edwas Leiche. Er legte den Schild, nicht aber das Schwert ab und berührte mit seiner Schildhand das Heft des Messers, das aus ihrer Brust herausragte. Bramble sah, dass der Griff aus Horn war, unbehandelt gelassen, damit man es besser greifen konnte. Edwas Griff hatte sich gelöst, und ihre Hände lagen nun schlaff und weich auf dem Holzboden. Acton schloss ihr die stumpfen blauen Augen und schaute zu Wili auf.
    »Sie wollte nicht, dass ihr sie so seht - niemand sollte sie sehen, nach dem, was geschehen ist.« Wilis Stimme war erstaunlich ruhig, die Tränen versiegt.
    »Du hast sie nicht aufgehalten.« Sein Tonfall war nicht vorwurfsvoll, nicht einmal fragend. Er sagte es einfach.
    »Es war ihre Entscheidung«, sagte Wili. »Ich konnte sie verstehen.«
    Acton nickte langsam und stand auf. Er hob seinen Schild auf und packte den Griff seines Schwertes fester. Bramble sah, wie in ihm erneut Wut aufstieg, und wie Wili begriff auch

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