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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Herz, das so stark war wie das eines Kriegers, und ich bin davon überzeugt, dass die Männer, die sie getötet hat, mit Swith in dessen Halle tafeln.
    Vor allem aber wünschte ich, der Eiskönig wäre zufrieden gestellt worden, bevor er meine Heimat verschlang, bevor
unser wunderschönes Tal von seiner Faust zerquetscht und zermahlen wurde. Während ich darauf wartete, dass sie mich zu Acton zerrten, machte ich es mir zur Aufgabe, mich an so viel zu erinnern, wie ich konnte, denn ich bin der Einzige, der von meinem Stamm noch am Leben ist. Alle anderen sind tot, und wenn ich aufhöre, mich zu erinnern, wird dieses Tal, grün, glänzend und schön, ganz verschwinden. Hawks Leute sagen, so etwas wie Swiths Halle gäbe es gar nicht, sondern man werde wiedergeboren, wenn man gut gelebt habe. Aber ich möchte lieber nicht wiedergeboren werden. Ich würde lieber weiter die Erinnerung wachhalten, mein Tal weiter lebendig halten, bis die Eisriesen von der Sonne verschlungen werden.

Leof
    Leof ging mit dem Gefühl aus der Halle, als zöge er in eine Schlacht. Hier wie dort durfte er auf keinen Fall seine wahren Gefühle zeigen, wenn er kein Leben aufs Spiel setzen wollte. In der Schlacht war es das Leben anderer, das er in den Händen hielt, das der Krieger, die unter seinem Befehl standen und denen er Gelassenheit, Disziplin und Vernunft vermitteln musste, da sonst die Gefahr groß war, dass sie in der Schlacht fielen. Wenn er in der Halle zeigte, was er empfand, würde er sterben. Wer als Offizier die Frau eines Kriegsherrn begehrte, musste mit der Todesstrafe rechnen.
    Er musste sich immer wieder die Konsequenzen vor Augen führen, denn er spürte nach wie vor Sorns Puls unter seinen Fingern hüpfen, sah immer noch die Röte, die ihre Wangen überzog, als er ihre Hand berührt hatte, als er, ganz ohne sich Gedanken darüber zu machen, in ihre Augen geschaut und sie begehrt hatte.
    Er hatte es so weit kommen lassen, weil er geglaubt hatte, in Bramble verliebt zu sein. Ohne die Erinnerungen an sie - auf dem Rotschimmel, im Gasthof, im Bett und dann, absurderweise, erschreckenderweise, hoch oben in dieser Kiefer -, die in seinem Kopf herumschwirrten und ihm ein Schuldgefühl bescherten, hätte er sich Gedanken darüber gemacht, ob es klug war, so viel Zeit mit der jungen Frau seines Kriegsherrn zu verbringen. Er hätte sie mit seinem Verstand statt
mit seinem Herzen wahrgenommen. Hätte ihren sanften, anmutigen Gang und ihr offenes Lächeln zu schätzen gewusst. Und auf diese Art hätte er Abstand bewahrt, wäre sich der Gefahr bewusst gewesen. Die Götter wussten, dass er ihren Anblick unter anderen Umständen reizvoll gefunden hätte, ihr zugelächelt und sie unter seine Bettdecke gelockt hätte, wäre sie bloß irgendein Mädchen gewesen.
    Unter den gegebenen Umständen aber war er blind gewesen und in eine Falle getappt, die er sich selbst gestellt hatte. Er war sogar noch mehr als blind gewesen, weil er nicht nur sich selbst, sondern auch sie in dem Netz gefangen hatte. Zumindest glaubte er dies.
    Sie war als Dame in einer Festung erzogen worden, was bedeutete, dass sie geübt darin war, ihre Gefühle zu verbergen, geübt darin, gelassen zu sein, abgeklärt, sich durch nichts aus der Fassung bringen zu lassen. Die Röte auf ihren Wangen, als er gedankenlos ihre Hand berührt hatte, konnte vielerlei bedeuten. Zorn wegen seiner Unverfrorenheit. Überraschung. Wärme wegen eines einfachen menschlichen Kontakts. Swith wusste, dass sie davon wenig hatte, vor allem jetzt, da ihr Lord fort war. Seine Berührung mochte ihr nichts bedeutet oder eine belanglose Geste für sie dargestellt haben. Vielleicht hatte sie nicht einmal wahrgenommen, welche Gefühle sich seiner bemächtigt hatten. Immerhin war es nach einem kurzen Augenblick schon wieder vorbei gewesen; wie viel mochte sie in seinen Augen gelesen haben?
    Statt ihm Erleichterung zu verschaffen, weckten diese Gedanken nagende Zweifel in ihm und das Verlangen, Gewissheit zu bekommen.
    Den Rest des Tages erfüllte er nicht nur seine Pflichten, sondern achtete auch darauf, mehr als das Nötige zu tun, und inspizierte zusätzlich die Schmieden. Er mochte seinen
Lord in Gedanken betrügen, würde ihn aber in Wirklichkeit niemals hintergehen. Das war ein schöner, edler Gedanke, doch jedes Mal, wenn er sich dies beteuerte, erinnerte er sich daran, wie er Thegans Befehl, Bramble gefangen zu nehmen, missachtet hatte. Er hatte seinen Kriegsherrn schon einmal wegen einer Frau

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