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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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ordnungsgemäß gemacht werden. Jedes Tor stellte in Zeiten einer Belagerung eine potenzielle Lücke dar, und wenn sein Fundament nicht stark genug war, konnte dies das Ende der Festung bedeuten.
    Die Befestigungen, die Thegan an der Festung in Sendat anordnete, stießen allesamt auf Leofs Zustimmung. In der Cliff Domain wurde nicht nur die Behausung des Kriegsherrn befestigt, sondern auch die meisten Städte. Vor vielen Jahren, als die Leute des Eiskönigs angegriffen hatten, waren diese Städte tatsächlich froh darüber gewesen, dass irgendwann einmal ein Kriegsherr Zeit und Silber in den Bau anständiger Verteidigungsanlagen gesteckt hatte. So konnte es in Sendat auch sein. Und zwar schon bald.

Bramble
    Das Hörvermögen stellte sich als Erstes wieder ein, jedoch nur gedämpft. Bramble versuchte angestrengt, das Stimmengewirr zu entflechten. Schließlich kehrte auch das Sehvermögen zurück, aber das Licht war nur schummerig. Sie sah flackernde Kerzen. Oder waren es Öllampen? Es brannte ein Dutzend von ihnen in dem kleinen Raum, dennoch nahmen ihre Augen alles nur verschwommen wahr. Alles wirkte wie vernebelt. Sie sah durch die Augen eines Mannes, das stand fest.
    Der Mann blinzelte ein paar Mal und bemühte sich, etwas zu sehen, und plötzlich war alles klar, obwohl sie spürte, welche Kraft es ihn kostete, aufmerksam zu sein. Nur sein Körper war ihr zugänglich, seinen Geist konnte sie kaum erfassen. Er war undurchlässig, versperrt. Nicht vor ihr, das glaubte sie nicht. Das hier war vielmehr ein Geist, der seine Gedanken aus Gewohnheit für sich behielt. Sie versuchte, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was er dachte oder empfand, und wurde verwirrt. Er dachte in verschachtelten Ebenen, verdreht und miteinander verknüpft wie die Fäden bei einer feinen Webarbeit. Die Gedanken reihten sich in einer schier endlosen Kette aneinander. Bramble vermochte sich keinen Reim darauf zu machen, bekam nicht eine einzige klare Gefühlsregung zu fassen. Dieser Geist war ihr auf eine Weise fremd, wie es keiner der anderen gewesen war, nicht einmal
der des Ziegenmädchens auf dem Berg. Dieser Mensch, in dem sie jetzt steckte, musste alt sein und führte etwas im Schilde.
    »Oddi«, sagte eine Stimme respektvoll. Sein Blick fokussierte den Sprechenden - Asgarn, dessen Haar den Lichtschein der Kerzen einfing. »Bist du so weit, Oddi?«
    Oddi, dachte Bramble. Das war der Name jenes alten Mannes gewesen, der die Versammlung geleitet hatte, derjenige, der Acton zum Kriegsherrn gemacht hatte. Damals war er viel kraftvoller gewesen. Das Alter hatte ihn eingeholt.
    Oddi nickte, und Bramble hörte, wie die Knochen in seinem Nacken dabei knirschten. Er war sehr alt. Aber er verkörperte nach wie vor die Macht in dem Raum.
    Sie wunderte sich über ihn. Er hatte Acton eine Rede auf der Versammlung halten lassen, Acton zum Kriegsherrn gemacht. Aber jetzt, als Acton vortrat, um sich vor ihn zu knien, spürte sie keinerlei Zuneigung zu ihm, keine Weichheit. Was immer er für Acton getan hatte, er hatte es aus politischen Gründen getan.
    »Acton«, sagte Oddi mit deutlicher, aber nicht lauter Stimme. »Du hast diesem Rat als unser Kriegsherr gut gedient. Du hast den Tod unserer Leute gerächt und unserem Volk dieses Land gesichert.«
    Seine Worte riefen allgemeine Zustimmung hervor. »Gut gemacht«, »Jawohl, das war es«, »Ein großer Kriegsherr!« Bramble begriff, dass im Dunkeln eine große Gruppe von Männern stand. Stammesführer?, fragte sie sich. Die gleichen Männer, die in Asgarns Halle zusammengekommen waren, als Baluch Hawks Angriff sah?
    »Wir stehen in deiner Schuld«, fuhr Oddi fort. »Um diese Schuld zu begleichen, sind wir gewillt, dir dieses Gehöft als das deine zu überlassen, damit du es als Stammesführer aus eigenem Recht führst.«

    Erstaunlicherweise schüttelte Acton den Kopf. Er sprang auf und trat einen Schritt zurück, damit er auf Oddi herabschauen konnte. »Ich danke dem Rat, aber das ist nicht mein Begehren.«
    Ein überraschtes Gemurmel machte sich im Raum breit.
    Oddi zog die Stirn in Falten, schien jedoch nicht vollkommen überrascht zu sein. »Du lehnst dieses Geschenk ab?«
    »Ich möchte nicht respektlos sein, aber das Gehöft kann nicht das meine sein. Es gibt jemanden, der ein größeres Recht darauf hat.«
    Oddi spreizte die Hände. »Swef ist tot, und du warst sein Erbe. Sein Gehöft muss doch dir zufallen, sowohl nach dem Recht der Erbfolge als auch nach dem Recht der Eroberung.«
    Acton

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