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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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angriffen.
    Sie kämpften wie besessen, die Kinder eingeschlossen, doch sie hatten keine Chance. Es floss eine Menge Blut, und Baluch tat seinen Teil dazu, etwa als ein kleiner Junge mit einem Messer auf ihn losging. Baluch fegte ihn mit der flachen Seite seines Schwerts beiseite, doch Bramble hörte, wie dem Jungen das Genick brach. Baluch hielt einen kurzen Moment inne, aber dann überkam der Rausch der Schlacht sowohl ihn als auch Acton, und er griff einen Dörfler nach dem anderen mit Inbrunst an, wobei ein Teil von ihm den Eindruck genoss, wie sich Feuer vom dunklen Himmel abhob, wie die Funken hinaufstoben, wie die Flammen sich auf erhobenen Schwertern widerspiegelten, wie der rauschende Fluss sie mit fortwährender Musik umgab.
    Bramble kämpfte dagegen an, sich von dem Gefühlsschwall mitreißen zu lassen, doch es war schwer, sehr schwer, unbeteiligt zu bleiben, wenn Baluchs Wesen so nah bei ihrem war. Sie zog sich so weit zurück, wie sie konnte, und zwang
sich dazu, an etwas anderes zu denken. Doch dann dachte sie, einer sollte dem Gemetzel als Zeuge beiwohnen, wegen der Kinder, wenn schon nicht für die anderen. Also zwang sie sich dazu, alles mit anzuschauen und alles mitzufühlen, und das Hochgefühl und das Entsetzen in ihr vermischten sich, bis sie diese nicht mehr voneinander trennen konnte, bis es sich so anfühlte, als ertrinke sie in Feuer und Blut.
    War es so auch in Carlion gewesen, als Maryrose und Merrick niedergemetzelt worden waren? Hatten die Geister dieselbe Mischung aus Erregung und Abscheu empfunden? Oder freuten sie sich schlichtweg zu töten?
    Sie wünschte sich, weinen zu können.
    Als die Dörfler alle getötet worden waren und das Feuer sich bis in das Steinfundament der Häuser hineingefressen hatte, rief Acton sie zusammen, um ihre Verluste zu zählen. Es gab keine. Sie jubelten, schlugen einander auf den Rücken und ließen Acton mehrmals hochleben.
    Einige von ihnen zogen dann los, um in den Schuppen, in denen Bier gebraut wurde und die sie deshalb angeblich bewusst nicht angezündet hatten, nach etwas zu trinken zu suchen. Damit riefen sie Gelächter und Jubel hervor. Baluch war erschöpft. Er sackte auf einer Bank unter einer Ulme zusammen, teilnahmslos, als sei er für einen Ausflug ins Grüne bereit.
    »Frauen und Kinder«, knurrte Acton ihn an. »Solch großartige Krieger sind wir.«
    »Sie haben sich so entschieden«, sagte Baluch mit ausdrucksloser Stimme. Vor seinem geistigen Auge erschien plötzlich die Szene wieder, als er den Jungen getötet hatte. Alle Musik in ihm verklang, und er ließ den Kopf zwischen den Knien hängen und kämpfte gegen Übelkeit an. Bramble empfand eine beißende Befriedigung, umso mehr, weil es Momente gegeben hatte, in denen sie in zu engem Kontakt
mit Baluch gestanden, seine Freude zu sehr geteilt hatte, wenn er sein Schwert sauber geschwungen und damit wirkungsvoll getötet hatte.
    Baluch setzte sich aufrecht, lehnte den Kopf an die Ulme und schloss die Augen.
    »Wenn wir nach T’vit kommen, werden wir es anders machen«, sagte Acton.
    Bramble wünschte sich zutiefst, nun von ihm zu hören, er werde sich nicht wie der Krieger verhalten, der er sein ganzes Leben lang gewesen war. Sie war überrascht von der Heftigkeit ihres Verlangens, der Intensität, mit der sie ihn stumm dazu drängte, dem Töten ein Ende zu bereiten. Vielleicht, nur vielleicht, änderte er sich ja …
    »Ich will, dass keines der Häuser zerstört wird«, sagte er. »Kein Feuer. Wir werden die Häuser und Bootsschuppen brauchen und auch die Boote selbst. Sagt das den anderen. Tötet die Männer, lasst die Häuser in Frieden.«
    Sie hätte es wissen müssen. In diesem Moment hasste sie ihn mehr, als sie jemals einen Kriegsherrn oder dessen Gefolgsmann gehasst hatte. Er war schlecht, und sie hatte es stets gewusst. Ihr war, als werde ihr die Brust mit einem stumpfen Messer aufgeschnitten. Warum verletzte es sie denn so? Sie hatte doch immer gewusst, wie er war.
    Baluch hielt die Augen geschlossen, als wolle er Acton nicht ins Gesicht sehen. »Und die Frauen und Kinder?«
    Acton machte eine Pause. »Wir werden ihnen die Wahl lassen. Dann liegt es an ihnen.«
    Bramble hätte weinen können vor Dankbarkeit, als das Wasser sanft anstieg, um sie in einer tiefen und leisen Strömung davonzutragen.

    Die Strömung spülte sie an, erneut in Baluchs Geist. Sie sah ein weiteres Dorf, bei Tageslicht, ein unbeschädigtes Dorf,
eine Ansammlung von etwa zwölf Häusern, die am Ufer

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