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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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mit.
    Die anderen hatten ihr von dem Nebel berichtet, auch wenn sie den Eindruck hatte, als wären sie nicht ins Detail gegangen. Deswegen hatten sie eine Wache aufgestellt. Bramble hatte geglaubt, Martine sei an der Reihe, konnte diese jedoch nirgendwo im Schein des Feuers entdecken. Dennoch weckte sie die anderen nicht. Noch nicht. Vielleicht wurde das Geräusch, das sie gehört hatte, ja von Martine hervorgerufen, die gerade ihre Runde machte.
    Sie schlich aus dem Lager bis zum Waldrand, vernahm hier jedoch nur das Rauschen der Äste. Dann sah sie, dass
sich unten am Wasser etwas bewegte. Dieser See … Mit einem Wolf oder einem Bären konnten sie es vielleicht aufnehmen, aber mit einem Wesen aus der Tiefe des Sees … Sie zwang sich dazu, diese Vorstellung zu verdrängen.
    Sie ging zum Wasser hinunter, das selbst beim jetzt zunehmenden Wind unbewegt war. Da war eine Gestalt, die am Ufer auf und ab ging - Zel. Wenn es Zels Wache war, musste es später sein, als sie geglaubt hatte. Ihr war, als würde sie immer noch Sprünge durch die Zeit machen.
    »Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe«, sagte Zel. Sie traten näher aneinander heran, um die anderen nicht zu stören.
    Bramble zuckte mit den Schultern. »Macht nichts.« Früher hätte sie sich jetzt einfach umgedreht und wäre wieder zu Bett gegangen. Doch sie sah ganz deutlich die kleinen verräterischen Anzeichen dafür, dass Zel besorgt oder verärgert war, und irgendwie wollte sie sie nicht einfach mit ihren Problemen alleinlassen.
    »Geht es dir gut?«, fragte sie, obwohl es ganz gegen ihre Gewohnheit verstieß und ihr vorkam wie Neugier.
    Zel fingerte an ihrem Gürtel herum und schüttelte leise den Kopf. »Ich muss bloß gerade an Flax denken.«
    »Mmm.« Nun, das konnte Bramble verstehen. Als Maryrose nach Carlion gegangen war, hatte sich Bramble auch jeden Tag Sorgen um sie gemacht. Ich hatte auch Recht damit, mir Sorgen zu machen, dachte sie nun, und der Kummer schnürte ihr die Kehle zu. Sie hätte etwas Tröstliches sagen sollen wie »Es wird ihm schon gut gehen«, aber da Maryroses Tod noch nicht so lange her war, konnte sie sich nicht dazu überwinden, eine gut gemeinte Lüge auszusprechen. Er war in einem anderen Land, in einer Welt, in der Geister die Lebenden töteten. Wer konnte schon wissen, ob es ihm gut ging oder nicht?

    Zel schaute erst zu Boden, dann hinaus auf den See und schließlich wieder zurück. Es schien ihr schwerzufallen zu reden. »Äh … Ich wollte fragen … Wie war er denn?«, sagte sie schließlich.
    »Acton?«
    Zel nickte.
    Bramble schüttelte den Kopf, aber nicht um anzuzeigen, dass sie die Frage unbeantwortet lassen wollte, sondern um ihren Kopf frei zu machen. »Er war sehr lebendig. Es ist schwer zu glauben, dass er tot ist.«
    »Stimmen die Lieder? Hat er wirklich während der Schlacht gelacht? Während er Leute getötet hat?«
    Bramble zögerte. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Ja«, sagte sie. »Er lachte.«
    »Hat er wirklich gesagt: ›Tötet sie alle‹?«
    »Ja«, sagte sie. »Das hat er gesagt.«
    »Und dass sie die Häuser unversehrt lassen sollen, damit seine Leute darin leben könnten?«
    »Ja.«
    Bramble sah, dass Zel irgendwie erleichtert darüber war zu erfahren, dass Acton so schlecht war, wie sie es sich ausgemalt hatte, und die Lieder nicht logen. Bramble starrte auf den See hinaus. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Warum fühlte es sich wie Verrat an, die Wahrheit zu sagen? Acton hatte all das getan. Er hatte getötet und massakriert und dieses Land für seine eigenen Leute erobert, hatte Schlachten geliebt . Das hatte er. Aber er war nicht der, für den ihn die Leute hielten. Selbst jetzt wusste sie nicht wirklich, wie er war. Nein - wie er gewesen war. Sie durfte nicht vergessen, dass er tot war, auch wenn ihr jetzt so zu Mute war, als könne sie die Brosche erneut in die Hand nehmen und das Wasser durchschwimmen, um ihn zu finden, ihn zu beobachten, ihn vielleicht endlich zu verstehen.

    »Er war ein Mann seiner Zeit«, sagte sie und blinzelte, damit die Tränen ihr nicht über die Wangen rannen. Sie setzte sich auf einen Fels am Seeufer und starrte auf das unbewegte Wasser hinaus, bemüht, durch seine Stille selbst zur Ruhe zu kommen.
    »Soll ich dir Gesellschaft leisten?«, fragte Zel.
    Bramble versteifte sich. »Nein. Nein danke. Ich glaube, ich habe zu lange geschlafen, und jetzt weiß mein Körper nicht mehr, wann es Zeit ist, sich auszuruhen. Geh wieder schlafen. Ich halte

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