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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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hoch und tief zugleich, so wie ein Sturm eine tiefe Stimme haben und doch zugleich mit hoher toben kann.
    Thegan starrte sie mit strenger Miene an. »Hier gibt es keinen Zauberer. Fort mit euch! Ihr habt zu diesem Reich keinen Zutritt.«
    »Ha!« Das Gellen wurde noch schriller und war bald nicht mehr hörbar, doch Leofs Ohren schmerzten trotzdem, so als setzte sich das Geräusch immer noch fort. »Bald!«, verkündete der Geist. »Er wird Geist und Körper nähren! Findet ihn! Findet ihn!«
    Die Windgeister wirbelten über der Stadt herum, ganz wie Jagdhunde, die eine Witterung aufgenommen hatten. Sie kreischten und schrien und lachten so durchdringend, dass alle Hunde anfingen zu jaulen oder sich vor Schreck
verbargen, und alle Pferde, an denen sie vorbeizischten, gerieten in Panik.
    Mit plötzlicher Dringlichkeit wandte sich Thegan Leof zu. »Rasch! Folge ihnen. Wenn sie den Zauberer für uns finden, umso besser!«
    Leof stieg auf Arrow, die nach wie vor zitterte. Er beugte sich dicht über ihren Hals, tätschelte sie und murmelte beruhigende Worte. Bandy hatte die Kontrolle über Clutch wiedererlangt und trottete mit ihr nun die Straße vom Hafen hoch.
    Thegan beobachtete die Windgeister mit strengem Blick. Sie sammelten sich in der Nähe des südlichen Stadttors. Es war schwer, sie zu erkennen, aber es sah aus, als sei dort eine neblige Stelle oder eine tief hängende Wolke. Dann verschwanden sie, und das Kreischen erstarb.
    »Nach Süden«, sagte Thegan. Er versetzte Arrow einen leichten Klaps auf das Hinterteil, woraufhin diese einen Satz nach vorn machte und dann die Anhöhe zum Tor hinauftrabte. »Hinterher, Leof! Finde mir diesen Zauberer!«
    Bandy trottete noch hinter ihnen her, während Arrow bereits Tempo aufnahm. Im leichten Galopp fegten sie durch das Tor, und auf dem ebenerdigen Boden des Felsplateaus trieb Leof sie an.
    Sie reagierte auf die Befehle seiner Hände und Knie und fiel in den Galopp, nicht in ihre höchste Geschwindigkeit, sondern in eine, die sie einige Zeit beibehalten konnte. Er dankte den Göttern dafür, dass er in letzter Zeit Gewicht verloren hatte. Er hatte nur wenig Zeit gehabt, richtige Mahlzeiten einzunehmen, und wenn er doch einmal die Gelegenheit gefunden hatte, aß er nur mit wenig Appetit. Bandy war bereits weit hinter sie zurückgefallen. Leof erlaubte sich einen flüchtigen Gedanken an Sorn und machte es sich dann auf dem Sattel bequem.

    Er hielt den Blick auf den Horizont gerichtet, wo ein Kräuseln am Himmel verriet, wo die Windgeister flogen. Während er sie beobachtete, drehten sie Richtung Inland ab, einer kleineren Straße folgend, die zu dem Ackerland der Central Domain führte. Das war seine Chance, zu ihnen aufzuschließen. Sie folgten dem Weg, den der Zauberer eingeschlagen hatte, und dieser hatte sich offenkundig auf den Straßen fortbewegt. Arrow und er waren jedoch nicht an markierte Straßen gebunden. Sie konnten querfeldein reiten und sich vielleicht sogar vor die Windgeister setzen.
    Leof lenkte Arrow in Richtung einer niedrigen Steinmauer, und sie spitzte voller Vergnügen die Ohren. Wie alle Steepler liebte sie den Sport und hatte ihn in Sendat vermisst. Sie nahm das Hindernis im Flug und landete sicher auf dem Boden. Dieses eine Mal durfte Leof sich nicht daran stören, Ackerland oder Feldfrucht zu ruinieren. Hier stand zu viel auf dem Spiel.
    »Das hier müssen wir gewinnen, Liebste«, sagte er zu Arrow. »Das ist das Rennen aller Rennen.«

Ash
    Nachdem Ash die Wahrheit über die Dämonen der Tiefe erfahren hatte, war er wie versessen darauf gewesen, seine wahre Gestalt kennen zu lernen, sein animalisches Wesen. Nun aber, da ihm diese Erkenntnis in Aussicht gestellt worden war, musste er warten, warten und nochmals warten …
    »Ich habe so einen Hunger!«, beschwerte sich Flax zum x-ten Mal.
    »Nun, du kannst ja aus der Tiefe verschwinden, Cam mitnehmen, nach Gabriston zurückkehren und dort essen«, sagte Ash verdrießlich. Flax wirkte kleinlaut.
    »Ich weiß nicht, worüber du dich beklagst«, fügte Ash hinzu. »Du musst doch bloß bis nach dem Zeremoniell fasten. Bei mir dauert es noch zwei Tage länger.«
    »Hört auf zu reden, Jungs!«, befahl Vine. »Wir wollen schlafen!«
    Ash und Flax wechselten leidvolle Blicke. Sie befanden sich in einer Gruppe mit drei anderen jungen Männern, die im Laufe des Nachmittags in Begleitung ihrer Väter angekommen waren. Jeder von ihnen befand sich in einer unterschiedlichen Phase seiner Reise in die Tiefe,

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