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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Mutter und einer guten Freundin von mir, und erzählte ihr die Geschichte.
    »Morgen muss ich gehen«, schloss ich. »Oder die Strafe wird Snow treffen.«

    Nun, sie war bekümmert und ein wenig ungläubig, aber ich bin nun mal keine, die Grillen im Kopf hat oder Märchen erzählt, also schenkte sie mir nach der ersten Überraschung Glauben.
    »Meinst du, du kehrst zurück?«, fragte sie, während sie die Augen niederschlug und sich dabei den Rock mit den Fingern in Falten legte, um meinem Blick nicht zu begegnen.
    »Ich bezweifele es.«
    »Das ist ein hoher Preis für eine Trinkschale aus Rinde!«, sagte sie entrüstet. »Wir könnten die Männer hinschicken und alle Bäume fällen lassen! Dann wäre die Sache erledigt.«
    Ich lachte. Es war so typisch für sie, sich zur Verteidigung von jemandem, der ihrer Meinung nach ungerecht behandelt wurde, in die Bresche zu schlagen. Cherry war auf unseren Versammlungen die lauteste Stimme nach Gerechtigkeit, und dafür liebte ich sie. »Eher wären wir dann erledigt. Nein. Ich habe eine Abmachung getroffen, Cherry, und zwar eine gute. Ich konnte meinen Sohn Snow großziehen, nicht wahr?« Dabei schlug meine Stimme ein wenig um, und sie nahm mich in die Arme. Ich erwiderte die Umarmung, froh über den Trost.
    »Ich werde mich um ihn kümmern«, sagte sie.
    »Das weiß ich.« Ich strich meinen Rock glatt, um meine Gedanken zu sammeln. »Ich werde ihm nicht sagen, wohin ich gehe«, sagte ich. »Nur für den Fall, dass ich doch zurückkomme. Es besteht kein Grund, ihn zu beunruhigen. Es ist schwer, so etwas zu erbitten, aber wirst du es ihm sagen, wenn ich in ein, zwei Tagen nicht zurück bin?«
    Sie schnitt eine Grimasse, nickte jedoch. »Er kann zu uns kommen und hierbleiben, solange du weg bist«, sagte sie.
    »Ihr lebt hier sehr beengt«, sagte ich, während ich mich in dem kleinen Haus umschaute und aufstand, um zu gehen.
»Nachdem ich … hinterher, warum nicht die beiden Ältesten bei Snow einziehen lassen? Zum Essen könnten sie dann immer zu euch herüberkommen, aber ihr kämt euch hier nicht mehr so ins Gehege.«
    »Darüber nachzudenken ist später immer noch Zeit«, sagte sie leise. »Die Götter seien mit dir, Apple.«
    Apple war der neue Name, den sie mir gegeben hatten, mein Valuername, den ich bekam, um meine Verbindung mit allem Lebenden und meinen Respekt für die Leute des alten Bluts und ihre Art zu zeigen. Es war ein guter Name. Schlicht und gewöhnlich, aber nützlich und bei Gelegenheit süß. Mir hatte die Vorstellung gefallen, Apple zu sein, und sie gefiel mir immer noch.
    Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange, was wir normalerweise nicht taten, und machte mich auf die Suche nach Snow.
    Es fiel mir schwer, so zu tun, als machte ich mich auf eine Reise zum Markt nach Oakmere, wo ich ihn in Wirklichkeit doch hätte packen und weinen wollen und ihm das Versprechen abnehmen, ein guter Mann zu werden, ein Mann wie sein Vater, und das Versprechen, auf sich aufzupassen, anständig zu essen, seinen Dreck wegzumachen und sich ein nettes, süßes Mädchen zur Frau zu nehmen - oh, und all die anderen Dinge, über die eine Mutter sich Sorgen macht. Doch ich umarmte ihn bloß und küsste ihn auf die Stirn, wie ich es schon so oft getan hatte, wenn ich auf Reisen ging, und ihm fiel nichts auf, denn was fällt einem fünfzehnjährigen Jungen schon an seiner Mutter auf?
    Tröstlich war nur, dass er so … so normal war. So ahnungslos, dass in der Wildnis eine unsichtbare Gefahr lauern konnte. Dass er hier in Sicherheit war.
    Dann ging ich los. Ich nahm gerade genug Essen und Trinken für den Hinweg mit, weil ich nicht davon ausging, zurückzukehren.
Lidis Rucksack nahm ich nicht, sondern einen Kartoffelsack. Ich wollte, dass Snow der Rucksack blieb.
    Ich war überrascht davon, wie sehr ich mich an die Strecke erinnerte, wenn man bedachte, wie verstört ich fünfzehn Jahre zuvor gewesen war. Ich schlief unter dem gleichen Stechpalmengebüsch, unter dem ich damals Zuflucht gefunden hatte, und fand am nächsten Morgen den Pfad mühelos wieder. Aber obwohl ich hart gearbeitet hatte und immer noch stark war, war ich doch nicht mehr so jung wie damals, und der Anstieg war anstrengend. Ich war außer Atem, als ich den Felsgrat erreichte, der das kleine Tal umgab, in dem ich dem Geist begegnet war, und ich legte eine kleine Pause ein. Es war später Vormittag, und die Sonne vergoldete die jungen Blätter, und die Birkenstämme glänzten hell im Sonnenlicht, glühten fast, so

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