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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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gespürt hatte, hatte er sich ausgemalt, sich wieder mit seinen Eltern auf die Wanderschaft zu begeben. Aber dass sein Vater sich ihm
anschließen würde, hatte er sich nicht in seinen kühnsten Träumen vorstellen können.
    »Werde ich dich brauchen, um sie zu singen?«, fragte er schließlich.
    Rowan verharrte. Dann schüttelte er den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
    »Also gut«, sagte Ash, seiner Sache plötzlich sicher. »Ich werde mich mitten in einen Kampf begeben. Es ist besser für dich und Mama, nicht bei mir zu sein, sondern irgendwo, wo ich mir keine Sorgen um euch zu machen brauche.«
    Rowan wirkte wehmütig. »Wo du uns nicht als Schutzwache begleiten musst?«, fragte er. »Nein, sag jetzt nichts. Du hast Recht. Du hast Wichtigeres zu tun, und so sollte es auch sein.«
    Ash war sich nicht sicher, ob er seinen Vater gekränkt hatte oder nicht. Offenbar konnte er es ihm nie recht machen.
    »Deine Mutter wollte, dass du zu Doronit in die Lehre gehst. Sie sagte, auf diese Weise würde etwas aus dir werden. Ich war mir nicht so sicher, aber sie hatte Recht.« Wie immer, dachte Ash. Immer glaubst du, dass sie Recht hat. »Nach dem zu urteilen, was du nicht sagst, ist es wohl unangenehm gewesen«, fügte Rowan hinzu, »aber du bist erwachsen geworden.«
    Und das ist gut so, nicht wahr?, hätte Ash ihn anschreien können. Warum siehst du dann so traurig aus?
    Rowan stand auf und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Dann zog er sich aus und bereitete sich darauf vor, sich den anderen in den Höhlen anzuschließen. Er zögerte, und sein Blick war in dem Lichtschein des Feuers nicht zu deuten. »Hast du jemanden gefunden, den du liebst, nachdem du fortgegangen bist?«, fragte Rowan.
    Ash dachte an Doronit, Martine, Elva, Bramble … »Nein«,
sagte er. »Mich haben andere Dinge ganz in Anspruch genommen.«
    Er hatte es nicht vorwurfsvoll klingen lassen wollen, doch sein Vater versteifte sich.
    »Wenn die Götter die Zügel in der Hand halten, geht man einen steinigen Weg«, sagte Rowan. »Gib auf dich Acht.« Dann verschwand er hinter dem Höhleneingang wie ein Geist.
    Ash blieb noch eine Weile sitzen und starrte auf den schmalen Streifen Himmel über der Lichtung. Warum eigentlich fühlte er sich geliebt und zugleich allein gelassen?

Bramble
    Allmählich näherten sie sich den Bergen, und ihr Weg wurde mühsamer, verlief über Felsgrate und durch tiefe Täler, in Schluchten hinab und auf der anderen Seite wieder hinauf, was ihnen oft nur auf allen vieren gelang. Auf halber Höhe in der Wand einer Klippe, sich nur mit Mühe an einen steilen Fels klammernd, schauten sie einander an und lachten beide vor Freude.
    Dann führte der Jäger sie zu einer Eiche und sagte: »Mach einen Schritt vorwärts.«
    Als sie diesen tat, war es plötzlich Winter, und eine beißende Kälte traf sie an Wangen und Händen.
    »Jetzt bist du in deinem Moment«, sagte der Jäger. »Das, was du suchst, ist dort drüben.«
    Er deutete auf eine Stelle westlich des Südens. Bramble bekam einen trockenen Mund. Sie hatte schon seit Tagen nicht mehr daran gedacht, hatte sich beim Rhythmus von Gehen und Klettern und Jagen entspannt. Der Gedanke an Acton war in den Hintergrund getreten, doch jetzt war es notwendig, eine Entscheidung zu treffen. Ihr Atem beschleunigte sich, und das war ein Fehler, denn sofort zuckte die Hand des Jägers an sein Messer.
    »Hast du Angst?«, fragte er.
    »Hör zu«, sagte Bramble verärgert. »Ich werde vor dir keine Angst haben, in Ordnung? Akzeptier es einfach.«

    Das Wesen lächelte gequält. »Ich werde so lange in deiner Welt sein, bis ich dich töte«, sagte es. »Daran gebunden, deine Zeit mit dir zu teilen. Dein Tod wird mich befreien. Mich wieder zu dem machen, was ich einmal war.«
    »Schön. Später. Ich werde versuchen, später vor dir Angst zu haben, wenn das hier alles vorbei ist, und dann kannst du mich töten.« Das Wesen nickte ernsthaft, als sei es befriedigt, und sie dachte bitter, dass sie dieses Versprechen noch einmal bereuen könnte. »Kannst du mich weiter zurückbringen?«, fragte sie. »Kannst du mich noch fünf Jahre weiter zurückbringen?« Falls sie die Menschen dann vor dem warnte, was geschehen würde, musste sie doch den Lauf der Geschichte verändern können, oder nicht?
    Doch der Jäger schüttelte verneinend den Kopf. »Der Wald hat mir befohlen, dich hierhin zu bringen. Nirgendwohin sonst. In keine andere Zeit.« Er beäugte sie misstrauisch. »Wieso verlangst du mehr Zeit vom

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