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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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kam. Acton. Falls die Zeit tatsächlich so dehnbar war, bedeutete dies dann, dass sie wieder zurückreisen konnte? Den Lauf der Dinge verändern? Red daran hindern, das Messer zu führen? Sie schauderte, und das lag nicht bloß an der kühlen Luft. Was, wenn er lebte? Was, wenn er noch lebte, während sie dort ankam ? Bei dem Gedanken schlug ihr Herz schneller. Sie konnte ihn schützen, ihn warnen. Wenn sie weit genug in die Vergangenheit reiste, konnte sie sogar Hawks Massaker an Swefs Gehöft verhindern, und die Umsiedlung von der anderen Seite der Berge würde friedlich verlaufen. Danach sehnte sie sich, erinnerte sich an die Leichtigkeit und Freude, die sie empfunden hatte, als sie geglaubt hatte, die Invasion würde gar nicht stattfinden.
    Aber wie ein Schatten über der gleißend hellen, schneebedeckten Landschaft stellte sich die Erinnerung an Dottas Warnung wieder ein. Diese hatte gesagt, dass, wenn Acton die Invasion nicht vornahm, es andere tun würden. Nichts könne die Domänen retten …
    »Wie weit zurück kannst du mich bringen?«, fragte sie den Jäger, während sie den Hügel hinab zu dem überfrorenen Fluss stapften.
    »Weit.«
    Sie beließ es dabei, dachte weiter darüber nach und überlegte, welcher wohl der richtige Moment war, zu dem sie zurückkehren müsste. An welchem Zeitpunkt konnte sie am
meisten Gutes bewirken? Diese Überlegungen lenkten sie von der Kälte ab.
    In ihrer jetzigen Zeit gab es das Gehöft, das sie gesehen hatten, nicht; der Wald reichte bis ganz an den Fluss heran. Diesen überquerten sie, über das Eis schlitternd wie Kinder, wobei sie lachten, hinfielen und den Wassergeistern, die unter dem Eis ohnmächtig und hungrig zu ihnen heraufstarrten, Grimassen schnitten. Diese Momente der Heiterkeit tauchten bei dem Jäger immer wieder auf, und sein Lachen war ansteckend.
    Er führte sie durch eine Reihe weiterer Jahreszeiten, wobei sie alle paar Tage weitere Stätten der Erinnerung fanden. Eine war ein undurchdringliches Stechpalmendickicht, das sich genau an derselben Stelle befand wie in der früheren Zeit. Eine andere war eine schattige Lichtung voller Pilze.
    »Sie reichen weiter zurück«, sagte der Jäger und lächelte.
    Obwohl sie ihre Stiefel nur anzog, wenn es bitterkalt war, waren ihre Sohlen fast abgelaufen, als sie zu der Pilzlichtung kamen. Sie waren sehr weit gereist, und das nicht auf dem kürzesten Weg. Der Jäger wich häufig vom Weg ab, um zu jagen, die Gesundheit einer Rotwildherde zu untersuchen und manchmal auch einfach nur, um etwas zu betrachten, das er für wichtig hielt. Allerdings war bei dem, was ihm wichtig war, kein Muster zu erkennen; mal war es ein einzelnes Blatt, dann eine Quelle, schließlich eine kleine Felsformation. Nie führte er sie in die Nähe eines schwarzen Felsaltars, und sie fragte auch nicht, warum er dies nicht tat, aber ihr fiel auf, dass die Götter sie allein ließen. Während der ganzen Reise war von ihrer Gegenwart nichts zu spüren, sie fühlte sich befreit und zugleich im Stich gelassen.

Martine
    Am frühen Nachmittag erreichten sie Foreverfroze. Martine war noch nie hier gewesen, auf keiner ihrer Wanderungen, und nun starrte sie genauso mit offenem Mund wie Zel.
    Die Stadt wurde im Norden von einer Klippe aus hellgrauem Fels geschützt, die bis ins Meer reichte und eine der beiden Landzungen des riesigen Hafens bildete. Im Süden befand sich eine andere, flache und wie ein Angelhaken gekrümmte Landzunge. Die langen, langen Kais, für die Foreverfroze berühmt war, reichten bis an die Spitze der Krümmung, befanden sich jedoch immer noch im Windschatten der Klippe. Im Vergleich zu Turvite und Mitchen, die beide mit hohen Kliffen umgeben waren, wirkte die Stadt entblößt, war jedoch die beste Zuflucht, die der Norden zu bieten hatte. Sie war ebenso aufgeblüht wie die südlichen Städte, denn für geräucherten Weißfi sch gab es immer einen Markt.
    Häuser im herkömmlichen Sinne gab es nicht - die meisten Gebäude lagen unter der Erde, beziehungsweise nur das Dach befand sich über der Erdoberfläche, sodass die Stadt aussah wie eine Ansammlung von Hüten, die Riesen achtlos auf dem Boden liegen gelassen hatten. Einige waren mit Stroh bedeckt worden, andere mit Torf. Sie waren in immer größer werdenden Kreisen angeordnet und von Gärten umgeben, sodass niemand weit entfernt von der Tür seines
Nachbarn war, jeder Haushalt aber über eine Grünfläche verfügte. Die Gärten standen voller Gemüse, aber es gab keine

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