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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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gefragt, ob er sich nur deswegen so verhalten hatte, um ihr zu beweisen, dass er nicht der gedungene Mörder war, für den sie ihn hielt. Um ihr deutlich zu machen, dass ihr Misstrauen gegenüber Leuten des Kriegsherrn unbegründet war. Aber tief in seinem Inneren kam er zu dem Schluss, dass er zu weich dafür war, eine Frau als Gefangene zu nehmen. Vor allem Bramble, die so wild und unbesonnen war. Ihr die Hände zu binden und sie dazu zu zwingen, mit ihm zu kommen und dem Kriegsherrn zu dienen, hätte ihm das Herz zerrissen.
    Nun, wenn er seinem Herrn nicht dadurch dienen konnte, ihm Bramble auszuliefern, dann würde er ihm eben auf andere Weise dienen müssen.
    »Mein Lord.«
    »Wie viele hast du verloren?«
    »Ich glaube, die Hälfte meiner Leute«, erwiderte Leof ernüchtert.
    Thegan schnalzte mit der Zunge und ließ seine Arme los. Er trat zum Tisch zurück und schaute auf die Karte des Sees hinab, die dort ausgebreitet lag.

    »Das ist die schlimmste Nachricht, die wir bislang vernommen haben«, sagte er leise.
    »Der Wind war in unserem Rücken, mein Lord«, erklärte Leof. »Der See musste sichergehen, dass wir ausgeschaltet wurden.«
    Thegan schaute die anderen Männer an, als habe Leof etwas Bedeutendes gesagt.
    »Du glaubst also, es war der See?«
    »Nun, natürlich … Was sonst könnte es gewesen sein?«
    »Die Stadt war nicht davon betroffen.« Thegans Ton war grimmig.
    »Aber mein Lord, ist es denn nicht bekannt, dass die Bewohner von Baluchston mit dem See eine Vereinbarung getroffen haben? Dass er sie in Frieden lässt?«
    »Wir wissen, dass sie, wie alle anderen, die sich hier am See niedergelassen haben, in Sicherheit leben. Der See ist gefährlich, das versichere ich dir. Genau wie das Meer und der Sturm. Aber einen gezielten Angriff zu planen und auszuführen wie den gestern Abend benötigt strategisches Geschick, und ich glaube nicht, dass der See so etwas hat. Nicht mehr, als ein Sturm es hat.«
    »Das mag wohl sein«, sagte Leof zögernd. Zum ersten Mal fragte er sich, warum er eigentlich der Meinung war, dass der See auf eigene Rechnung handelte, ohne dabei von jemandem gelenkt zu werden. War es nur die Stimme, die er gehört hatte, oder waren es all diese Geschichten, die über den See erzählt wurden und die schon seit Jahrhunderten überliefert wurden? Es kursierten Geschichten über Angreifer, die mitten in einer Schlacht so verwirrt wurden, dass sie ihre eigenen Leute angriffen. Oder die spurlos verschwanden, um erst Wochen später wieder aufzutauchen, und dann schworen, sich nicht mehr an die Zeit dazwischen zu erinnern. Derlei Geschichten wurden allen Kindern in den Domänen
erzählt, und das Gleiche galt für die Geschichten über das geheimnisvolle Seevolk, die letzten Ureinwohner, die Actons Truppen erfolgreich Widerstand geleistet hatten. Und nach wie vor leisteten.
    »Warum sollten die Bewohner von Baluchston es geplant haben?«, sagte Leof. »Warum sollte es nicht das Seevolk gewesen sein?«
    »Das Seevolk, das sind bloß Wanderer, die nicht wandern«, sagte Thegan ungeduldig. »Meinst du etwa, wenn sie eine solche Macht besäßen, würden sie sich so ins Schilf verkriechen wie Wasserratten? Meinst du etwa, sie würden es Baluchston überlassen, die Gewinn bringenden Fähren über den See zu betreiben?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, wenn das Seevolk die Herrschaft über den See innehätte, dann hätten sie ihn schon längst von den Baluchstonern befreit. Da sie dies nicht getan haben, muss Baluchston selbst die Herrschaft über ihn innehaben.«
    »Aber was hätten sie davon, uns anzugreifen?«, fragte Leof. Er war nicht davon überzeugt, wusste jedoch, dass nichts Thegan würde umstimmen können.
    »Sie hoffen, ihre Freiheit zu behalten.«
    »Sie haben Freiheit. Es ist eine freie Stadt.«
    Thegan schaute ihn an. Ein Grinsen verzerrte sein Gesicht. »Sie hatten Freiheit. Sie sind klug genug, um zu erkennen, dass ihre Freiheit nur wenig wert ist, wenn ich erst einmal die Central und die Cliff Domain in der Hand und den See in die Knie gezwungen habe.«
    Leof hielt inne. Die anderen Männer waren darauf bedacht, keine Reaktion zu zeigen, als er dies sagte. Jetzt war nicht die Zeit, um über die dauerhafte Freiheit der freien Städte zu streiten. Städte außerhalb des Machtbereichs der Kriegsherren waren Thegan schon immer ein Dorn im Auge gewesen, und dies, obwohl Acton sie selbst gegründet hatte,
um den Handel zwischen den Domänen zu beleben. Es war besser, auf den Kern der

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