Die Hueterin der Geheimnisse
der Schritt brachte sie von Ulmen wieder zurück zu den Kiefern, zu einem blauen Himmel über ihr und zu Cael, der ihre Hand ergriff und sie aus dem Wasser zog.
»Wie lange war ich dort?«, wollte Bramble wissen. Safred und Martine, die auf der anderen Seite des Flusses standen, machten den Mund auf, um Fragen zu stellen, aber Cael bedeutete ihnen mit einer Handbewegung zu schweigen.
»Nur einen Augenblick. Wie lange war es für dich?«, erwiderte er.
Bramble dachte darüber nach. »Ein paar Minuten, vielleicht. Schwer zu sagen. Lange genug, um beinahe getötet zu werden.«
»Was hast du gesehen?«, rief Safred mit forschender Miene.
»Später«, sagte Bramble. »Da kam eine Nachricht vom Wald. Bewegt euch rasch, lautete sie. Die Zeit ist fast reif.«
»Ja«, sagte Cael grimmig. Er rief Martine zu: »Halte die Beine schön oben, wenn du herübergleitest.«
Bramble schüttelte den Kopf. »Nein, es dürfte jetzt keine Probleme mehr geben. Der Wald hat uns freies Geleit zugesagt.«
Sofort sprang Safred in den Fluss und überquerte ihn ohne Zwischenfall in wenigen Schritten. Als sie das andere Ufer erreichte, nahm Cael ihre Hand, um sie an Land zu ziehen. Er grinste sie an.
»Du hättest als Erste gehen sollen, wenn du hättest wissen wollen, was da draußen ist, Mädchen«, sagte er. Verärgert schaute sie ihn von der Seite an.
Der von dem Fluss ausgehende Geruch war verschwunden.
Martine führte die Pferde zum Wasser, und dieses Mal ritten sie bereitwillig im Passgang hindurch und soffen dabei auch noch einige Schlucke.
Safred berührte Cael mit der Hand und schloss die Augen. »Sie heilt ihn«, sagte Martine leise zu Bramble, woraufhin diese nickte. Als Safred den Mund aufmachte, um zu singen, spürte Bramble, wie ein Schrecken sie durchfuhr, als das Lied erklang: Es war krächzend, furchtbar und irgendwie vertraut. Sie wandte sich Martine zu.
»Hat sie so auch mich geheilt?«
Martine nickte. »Mit ein wenig Unterstützung von Ash.«
Da ihr bewusst war, wie schlimm ihre eigene Verletzung gewesen war, ging Bramble davon aus, dass Safred keine Mühe mit Caels Kratzern haben würde. Doch das Lied setzte sich fort, lauter, und Safred machte ein finsteres Gesicht. Cael schaute auf seine Brust hinab, wo sich die lang gezogene Wunde durch den Hauer deutlich sichtbar abhob. Die Wunde begann wieder zu bluten. Erst träge, dann schneller und stärker. Sein Gesicht wurde blass, und er griff nach oben, um Safreds Handgelenk zu packen. Sie hörte auf zu singen, und auch ihr Gesicht war so weiß, dass jede einzelne Sommersprosse deutlich zu sehen war.
»Sie sind nicht da«, sagte sie. »Die Götter sind nicht da.«
In ihrer Stimme lag eine solche Trostlosigkeit, dass Bramble instinktiv auf sie zuging und ihr die Hand auf die Schulter legte.
Safred betrachtete Brambles Hand. Sie war zerkratzt und blutete durch die Kletterpartie auf der Kiefer. Safred berührte sie leicht und schloss die Augen. Die Kratzer verschwanden, verblassten vollständig, genau wie es bei Brambles Schulterverletzung der Fall gewesen war. Safred brauchte noch nicht einmal zu singen.
Erleichtert machte sie die Augen wieder auf, doch als sie
Cael anschaute, geriet sie in Verlegenheit. »Das verstehe ich nicht. Jetzt waren sie da, es war ganz einfach bei Bramble.«
»Aber nicht bei mir«, sagte Cael. Seine Miene war unergründlich.
»Du hast gesagt, dass das, was dich lenkt, im Wald schwach ist«, erinnerte Bramble sie. »Vielleicht übersteigt eine Verletzung, die der Wald beigebracht hat, ihre Macht hier.«
»Du hast diesen Kratzer auch aus dem Wald.«
Bramble schüttelte den Kopf. »Nicht vom Wald. Bloß von einem Baum. Das ist etwas anderes.«
Cael schüttelte den Kopf, als sei dies alles zu hoch für ihn. Er ging zu seinem Pferd, holte ein Kopftuch aus seiner Satteltasche und wischte sich das Blut von der Brust.
»Genug«, sagte er. »Wenn der Wald will, dass ich blute, dann blute ich eben. Brechen wir auf.«
Safred musterte ihn mit besorgter Miene, nickte jedoch schließlich.
Schweigend stiegen sie auf die Pferde und folgten dem Pfad vor ihnen.
»Ich reite dieses Mal vor«, sagte Bramble, und Safred nickte zustimmend.
»Also los, rasch. Es ist nicht mehr weit bis zum See.«
Die Geschichte des Jägers
Ich war der Erste, den die hellhaarigen Eindringlinge hier töteten, aber natürlich bin ich nicht gestorben. Ich glaube, die Hellhaarigen hatten nicht begriffen, was ich war, wo ich war, wann ich war. Ich habe gehört, dass es
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