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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Debatte zurückzukommen.
    »Mein Lord, und was, wenn niemand den See beherrscht? Wenn er intelligent ist?«
    Im Zelt herrschte einen kurzen Moment Schweigen. Thegan schien darüber nachzudenken. Schockiert stellte Leof dann jedoch fest, dass er dies nur vorgab.
    »Wenn er tatsächlich eigene Interessen vertritt«, sagte er schließlich, »dann wird es ihn erfreuen, dass wir ihn von Baluchston befreien. Denn wir vernichten diejenigen, die ihn beherrschen. Jeden Einzelnen von ihnen.«
    Leof fühlte sich genötigt, Protest zu erheben. »Und was, wenn es nur einige wenige sind oder bloß ein Zauberer, der auf eigene Rechnung arbeitet?«
    Dies ließ Thegan nun doch innehalten. Dann zuckte er mit den Schultern. »Wir werden ihnen Gelegenheit geben, den Zauberer auszuliefern und uns den Treueeid zu leisten. Tun sie es nicht, brennen wir die Stadt nieder.«
    Aber wenn es keinen Zauberer gibt, wenn der See nun doch eigene Interessen vertritt, dann habt Ihr Euch gerade den perfekten Vorwand ausgedacht, um eine freie Stadt zu zerstören, dachte Leof. Ihn fröstelte mehr als beim Aufwachen an diesem Morgen. Dies lag daran, dass er nicht wusste, ob Thegan tatsächlich glaubte, was er sagte, oder ob er lediglich die Gelegenheit beim Schopf ergriff, um Macht über eine freie Stadt zu erlangen, ohne dass die anderen Kriegsherren dagegen protestieren würden.
    »Komm, du siehst aus, als bräuchtest du etwas zu essen und ein wenig Schlaf«, sagte Thegan zu ihm, nun wieder ganz der um seine Männer besorgte Befehlshaber. »Auch die Männer brauchen eine Pause. Morgen ist noch früh genug, um gen Baluchston zu marschieren.«

Saker
    Vor Carlion wimmelte es um Saker von Karren, Reitern und Fußgängern. Die von Trockensteinmauern gesäumte Straße war so verstopft, dass man zu Fuß am besten vorankam.
    Er trug zwar ähnliche Kleidung wie die Flüchtenden, war jedoch im Gegensatz zu diesen allein unterwegs. Daher blieb er stehen und bot einem älteren Paar mit einem Baby an, auf seinem Karren mitzufahren. Dankbar nahmen sie an. Mithilfe von Saker stieg der alte Mann auf die Ladefläche des Karrens; die Frau kletterte ohne Hilfe auf den Platz neben Saker. Sie trug das Baby in einem Tuch, das sie sich um die Brust gebunden hatte. Es war kein Neugeborenes. Sein lockiges gelbes Haar wurde vom Wind zerzaust, als es den Kopf aus dem Tuch steckte, um sich umzusehen. Saker hasste es. Es war ein Erbe von Actons Brutalität. Mit solchem Haar würde es nie so behandelt werden wie ein Tier. Es würde nie angespuckt oder verflucht oder nicht bedient werden. Er lehnte es aus tiefstem Herzen ab.
    Dann fragte er sich, warum sie noch lebten. Waren sie so schnell davongelaufen, dass die Geister sie nicht erwischt hatten? Er fragte seine Mitreisenden aus.
    »Geister? Keine verdammten Geister, mein Herr, es waren Dämonen aus der kalten Hölle! Was die getan haben, kann kein Geist tun!«, rief der Mann über den Lärm der Räder auf der holprigen Straße hinweg.

    »Sie haben den Mann unserer Tochter getötet, direkt vor unseren Augen«, bestätigte die Frau.
    »Und Eure Tochter?«
    »Oh, sie ist schon vor zehn Monaten gestorben, als sie den Kleinen hier zur Welt gebracht hat«, sagte sie und glättete dem Baby die Locken.
    »Euch haben sie nicht angegriffen?«
    »Es war seltsam, wirklich«, sagte sie und dachte angestrengt nach. »Es war, als wären wir überhaupt nicht da. Als hätten sie bloß ihn gesehen. Als hätte die Todesfee sie eigens dafür geschickt, ihn zu holen.«
    Sie klang so, als könne sie mit dieser Vorstellung leben. Saker schloss daraus, dass der Vater des Babys in Ungnade gestanden hatte. Allerdings beunruhigte es ihn, dass die Geister drei blonde Menschen übersehen hatten. Sie waren doch wohl keine Wanderer, die sich wie er verkleidet hatten? Er dachte an die rothaarige Frau. Er hätte schwören können, dass sie zu Actons Volk gehörte, aber Owl hatte sie beiseitegeschoben und verschont. Dann hatte sie ihr Leben weggeworfen, um ihren Mann zu beschützen. Ein sinnloses Opfer. Aber wenn altes Blut in ihr geflossen war, wenn die Blonden hier neben ihm altes Blut in den Adern hatten, wenn in den Adern so vieler Bewohner dieses Blut floss … Was würde dann aus seinem Kreuzzug?
    Vielleicht konnte er den Zauberspruch neu formulieren. Die Hürde höher setzen, sodass nur diejenigen mit einem hohen Anteil alten Bluts verschont würden. Aber wie hoch musste er sein?
    Den ganzen Tag über spielte er den freundlichen jungen Steinedeuter, der in

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